Rot-rot-grüne Kriegspolitik

Die SPD, die Grünen und die Linkspartei treiben die Rückkehr des deutschen Militarismus aggressiv voran. Das unterstrich eine Podiumsdiskussion, die am Montag unter dem Titel „Rot-rot-grüne Friedenspolitik“ im taz.café in der Rudi-Dutschke Straße in Berlin stattfand.

Auf Einladung des Forums Demokratische Linke DL21 (einer Gruppierung innerhalb der SPD) diskutierten der Außenpolitiker der Linkspartei Stefan Liebich, der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen Jürgen Trittin und die Vizepräsidentin des deutschen Bundestags Edelgard Bulmahn (SPD) über „die Aussichten einer gemeinsamen Friedenspolitik“. Der Ort hätte nicht besser gewählt sein können. Die grünennahe taz trommelt wie kaum eine andere Publikation in Deutschland für Kriegseinsätze im Namen von „Menschenrechten“, „Frieden“ und „Humanität“.

Wenn Politiker von SPD, Grünen und der Linkspartei über „Friedenspolitik“ diskutieren, sieht man am Horizont immer schon die Panzer rollen. Beschönigende Umschreibungen wie „Krisenprävention“, „Konfliktbearbeitung“ oder „Friedenssicherung“, die von den Diskutanten nahezu inflationär verwendet wurden, stehen in Wirklichkeit für völkerrechtswidrige Kriege, schmutzige Besatzungen und die Errichtung von brutalen Marionettenregimes.

Trittin, der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen und Umweltminister in der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, trat gewissermaßen als Experte für humanitäre Kriegspolitik auf. Er brüstete sich damit, dass die Grünen und die SPD „im Kosovo und in Afghanistan robuste und aggressive Militäreinsätze beschlossen“ hätten, „bei denen durchaus etwas erreicht worden“ sei. Nun müsse eine Antwort auf „moderne Konflikte“ wie den Bürgerkrieg in der Ukraine oder auf „asymmetrische Konflikte“ wie in Syrien, in Libyen oder im Irak gefunden werden.

Trittin lies keinen Zweifel daran, dass eine rot-rot-grüne Außenpolitik die Vorbereitung massiver neuer Kriege bedeutet. Er stellte sich explizit hinter die Rufe nach einer aggressiveren Außenpolitik und mehr deutscher Führung. „Steinmeier hat recht, wenn er sagt, wir sind zu groß, um weiter abseits zu stehen,“ erklärte er, um die Bundesregierung dann von rechts anzugreifen. „Wo ist der Plan diesen Missstand zu beheben? Wie wird das finanziert?“

Hatte sich das ehemalige KB-Mitglied Trittin in den 1970er Jahren noch für die Mao-Bibel begeistert, tut er es heute für nicht enden wollende Militärinterventionen unter deutscher Beteiligung. Es könne nicht länger angehen, dass die Deutschen lediglich die Einsätze zahlen, „die Drecksarbeit aber andere machen“. Es sei „auch nicht so, dass man einfach mal schnell eine Mission beschließt. Man beschließt immer für mindestens zehn Jahre,“ so der Grünen-Politiker. Es gehe immer auch um die Frage: „Was kommt an politischer Ordnung nach der ultima ratio?“

Bulmahn, die wie Trittin Ministerin unter Schröder war, stieß ins gleiche Horn. Sie fragte: „Wollen wir in der deutschen Außenpolitik mehr Verantwortung für internationale Einsätze übernehmen? Wollen wir bei der Kohlschen Politik bleiben und nur zahlen? Ruhen wir uns darauf aus, oder wollen wir auch Personal, das heißt auch Polizei und Soldaten schicken?“ Für Bulmahn heißt die Frage stellen, sie beantworten. „Wir müssen Personal senden. Um diese Auseinandersetzung kommen wir nicht herum“, erklärte sie.

Trittin und Bulmahn betonten immer wieder, dass sich die Linkspartei genauso wie ihre eigenen Parteien bedingungslos hinter Militäreinsätze der Bundeswehr stellen müsse. Nur dann sei die Option einer rot-rot-grünen Koalition auf Bundesebene denkbar.

Trittin ereiferte sich: „Man kann nicht für Abrüstung sein und mehr oder weniger entschuldigend über die Annexion der Krim hinweghuschen. Man kann nicht über ‚Responsibility to Protect‘ reden und dann über die Intervention in Libyen hinweghuschen. Und man kann nicht für das Völkerrecht sein und dann dagegen stimmen, wenn es um die Entsorgung der syrischen Chemiewaffen geht“. Es sei „eine Grundvoraussetzung, sich zu solchen Notwendigkeiten einer gemeinsamen Außenpolitik zu bekennen, bei allen Bauchschmerzen und dem Wissen über die Grenzen und auch dem Wissen, dass das auch schief gehen kann“.

Die Vorhaltungen an die Linkspartei und speziell deren Vertreter Liebich hatten etwas Surreales und Absurdes. Liebich spielt eine Schlüsselrolle bei der Rückkehr des deutschen Militarismus. Als Mitautor des Strategiepapiers „Neue Macht – Neue Verantwortung. Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für eine Welt im Umbruch“ hat er die aggressive außenpolitische Wende der Bundesregierung mit ausgearbeitet.

In der Linkspartei kämpft Liebich seit langem vehement für diesen Kurs. Im vergangenen Herbst gab er einen Sammelband unter dem Titel „Linke Außenpolitik: Reformperspektiven“ heraus, in dem sich führende Politiker der Linkspartei für Militäreinsätze und eine größere internationale Rolle Deutschlands aussprechen. Im April stimmten das erste Mal Abgeordnete der Linkspartei unter seiner Führung zusammen mit den anderen Bundestagsparteien für einen Auslandseinsatz der Bundeswehr.

Liebich nutzte die Diskussion um klarzustellen, dass seine Arbeit in der Linkspartei erfolgreich sei und es keine unüberbrückbaren Differenzen mit der SPD und den Grünen in außenpolitischen Fragen gebe. Mit Blick auf die Ukraine wolle er „dick und fett unterstreichen“, dass „Russland eindeutig völkerrechtswidrig gehandelt“ habe. Das sei die Haltung der Fraktion, in Beschlüssen schwarz auf weiß nachzulesen. Manchmal werde die klare Haltung der Linkspartei zwar „durch einige Lautsprecher überdeckt“, aber diese seien „nicht die Mehrheit“.

In seiner bekannt zynischen Art stellte er klar, dass es in der Linkspartei in der Kriegsfrage keine grundlegenden Differenzen gibt. Er habe „kein Problem damit, in einer Fraktion zu sein, die sich darüber streitet, bevor sie Militäreinsätze beschließt“. Das Problem sei gewesen, dass Russland kurzfristig von der Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ausgeschlossen worden sei. Dies sei „bei aller berechtigten Kritik an Russland ein Fehler“ gewesen. Schließlich „verdienen deutsche Unternehmen Kohle in Russland und umgekehrt“.

Generell seien „Militäreinsätze der Bundeswehr eine Option“. Die Linkspartei schließe „Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht aus“, wenn es zum Beispiel um das Beschützen einer „Waffenstillstandslinie“ gehe oder den „Katastrophenschutz“. Es müsse allerdings „von Fall zu Fall entschieden werden“. Ein solcher Fall sei beispielsweise der Völkermord 1994 in Ruanda gewesen. „Ja, man hätte in Ruanda eingreifen müssen“, erklärte Liebich. Erst vor wenigen Wochen habe es zu diesem Thema eine „sehr berührende Debatte“ im Bundestag gegeben.

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