ThyssenKrupp kündigt weitere Einsparungen an

Obwohl die in den letzten zwei Jahren angekündigten Sparprogramme in Milliardenhöhe noch nicht abgeschlossen sind, kündigte der ThyssenKrupp-Vorstand in der letzten Woche ein neues Sparprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro an. Es soll vor allem den Einkauf treffen. Dort sind weitere Zusammenlegungen und Auslagerungen geplant. Ebenso massiv betroffen sind die sogenannten "Shared Services".

Weitere Einsparungen und Einnahmen sind durch den Verkauf von Unternehmensteilen wie die noch bei ThyssenKrupp verbliebenen Werften und die zurückgenommenen Edelstahlwerke AST im italienischen Terni und VDM in Deutschland geplant. Bei beiden Werken hat ThyssenKrupp mit schmerzhaften Sanierungsprogrammen begonnen.

Mitte Juli hatte der ThyssenKrupp-Vorstand den Abbau von 550 der derzeit noch 2600 Arbeitsplätze bei AST Terni angekündigt. Die Nachricht kam fast zur gleichen Zeit, als bekannt wurde, dass die Vorstandsgehälter bei ThyssenKrupp im vergangenen Jahr mit 67 Prozent im Vergleich zu allen DAX-Konzernen am stärksten angestiegen sind.

Der Überbringer der Nachricht über das neue Sparprogramm war niemand anderes als Personalvorstand bzw. Arbeitsdirektor (wie diese Funktion in Unternehmen der Montanindustrie genannt wird) Oliver Burkard, der direkt von seinem Posten als Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen im Februar 2013 in den Konzernvorstand von ThyssenKrupp wechselte und seit April 2013 die Funktion des Arbeitsdirektors ausübt.

In einem Interview mit der Rheinischen Post vom 23. August rechtfertigte er die neuen Einsparungen auf Kosten der Arbeiter und Angestellten: "Verteilt werden kann nur, was vorher verdient wurde. Deshalb habe ich mich immer (das heißt, auch als er noch IG Metall-Funktionär war!) für betriebsnahe Lösungen eingesetzt und gegen das Pauschal-Diktat von Tarifverträgen."

Dies ist ein Hinweis auf die zahllosen Ergänzungstarife und Sondertarifvereinbarungen, die die IG Metall in den letzten Jahren mit Unternehmen und Konzernen ausgehandelt hat und die mit Verschlechterungen bei Löhnen, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätzen für die Beschäftigten verbunden sind.

Er erläuterte dann, dass ThyssenKrupp nach sieben Quartalen mit Verlusten jetzt in zwei Quartalen hintereinander einen "kleinen Quartalsgewinn" erzielt habe. Aber dies reiche noch nicht. Er bemängelte, dass es im Konzern an Leistungsorientierung und am Willen fehle, besser als die Wettbewerber zu sein.

Zu den neuen Sparmaßnahmen erklärte Burkard in dem Interview: "Wir wollen allein über die Bündelung des Einkaufs eine halbe Milliarde Euro herausholen.“ Eine andere Initiative sei die Zusammenlegung der sogenannten „Shared Services“, der Dienstleistungen im Konzern wie das Erstellen von Gehaltsabrechnungen oder die Verwaltung der Immobilien, auf nur sechs Standorte weltweit mit entsprechendem Arbeitsplatzabbau. Er nannte als künftige Standorte Essen (580 Mitarbeiter), einen neuen Standort in Bochum (bis zu 250 Mitarbeiter), Danzig (bis zu 700), sowie zwei Standorte in Asien und einen in Brasilien.

Wie das Handelsblatt vor kurzem berichtete, hatte ThyssenKrupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger schon angekündigt, dass er einzelne Konzernbereiche weiter miteinander verzahnen wolle, um so über den Einkauf größere Preisvorteile für das Unternehmen auf Kosten seiner Lieferanten herauszuholen.

ThyssenKrupp beschäftigt weltweit etwa 150.000 Arbeiter, davon mehr als 50.000 in Deutschland. Der Stahlbereich ThyssenKrupp-Steel (TKS) macht etwa 30 Prozent des Unternehmens aus und ist der größte deutsche Stahlkonzern. Infolge der Sparprogramme der vergangenen Jahre werden allein im Stahlbereich 2.000 Arbeitsplätze abgebaut. Weitere 3.000 Arbeitsplätze entfallen im Verwaltungsbereich aller Konzerngesellschaften.

Nach drei Jahren mit Milliarden-Verlusten, die durch Probleme mit dem Bau neuer Stahlwerke in Brasilien und den USA sowie durch die Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor allem auf den Stahlbereich in Europa entstanden waren, soll am Ende des Geschäftsjahrs 2013/14 wieder ein ausgeglichenes bzw. positives Ergebnis stehen.

Der operative Gewinn – das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen aus den fortgeführten Geschäften - soll sich in diesem Jahr bereits von 586 Millionen Euro im Vorjahr verdoppeln. Dies ist vor allem auf den Abbau von tausenden Arbeitsplätzen, auf die Lohnsenkungen und gesteigerte Arbeitshetze für die verbliebenen Arbeiter und Angestellten bei ThyssenKrupp erreicht worden. (Siehe auch: ThyssenKrupp: IG Metall spielt Schlüsselrolle bei Lohnsenkung und Stellenabbau)

Aber dies ist dem Konzernvorstand und seinen Aktionären, die zweimal auf eine Dividendenauszahlung verzichten mussten, bei weitem nicht genug. Mittelfristig soll der operative Gewinn noch einmal verdoppelt werden, wie das Handelsblatt am 19. August unter Berufung auf das Konzernumfeld berichtete. Um dies zu erreichen, sollen die Kosten bis Ende des kommenden Geschäftsjahrs 2014/15 dauerhaft um 2,3 Milliarden Euro gesenkt werden.

Die Tatsache, dass Personalvorstand Oliver Burkard als ehemaliger IG Metall-Funktionär das neue Sparprogramm der Presse vorstellt und erläutert, unterstreicht, was die World Socialist Website in zahlreichen Artikeln aufgedeckt und nachgewiesen hat: Die enormen Angriffe auf die Arbeiter sind nur möglich aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften mit den Unternehmensvorständen.

Wie hier im Fall von ThyssenKrupp sind es Gewerkschaftsfunktionäre, die die Sparmaßnahmen nach den Zielvorgaben des Vorstands ausarbeiten. Sie rechtfertigen sie mit den gleichen Argumenten wie das Management mit der Notwendigkeit von "Leistungsorientierung", "Konkurrenzdruck" und "Effizienzsteigerung" und setzen sie schließlich gegen den Widerstand der Arbeiter und Angestellten durch.

Oliver Burkard personifiziert diese Rolle der Gewerkschaften, zunächst als Sozialpartner und Co-Manager und jetzt als Vorstandsmitglied von ThyssenKrupp, der für seine Dienste für das Unternehmen fürstlich entlohnt wird. Sein Jahreseinkommen 2013 belief sich einschließlich Tantiemen und Boni auf 1,6 Millionen Euro.

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