Obama versichert den baltischen Regimes „ewigen Beistand“

Am Vorabend des Nato-Gipfels in Wales sicherte der amerikanische Präsident Barack Obama den baltischen Staaten bei einem Staatsbesuch in Estland am Mittwoch den unbedingten militärischen Beistand gegen Russland zu. Seine Äußerungen kommen einem Freibrief für jede erdenkliche militärische Provokation gegen Russland gleich und erhöhen die Gefahr eines dritten Weltkriegs.

Nach einem Treffen mit dem estnischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves beschwor Obama nicht nur Artikel fünf der Nato, der den militärischen Beistand der Mitgliedsstaaten regelt, sondern ging weit darüber hinaus. Der Beistand gegenüber den baltischen Staaten sei „unzerbrechlich, er ist felsenfest und er ist ewig. Und Estland wird niemals allein dastehen“, sagte der amerikanische Präsident in der estnischen Hauptstadt Tallinn.

Zugleich kündigte Obama die Entsendung weiterer Soldaten und Kampfflugzeuge in die baltischen Staaten an. Diese sollen auf dem estnischen Militärstützpunkt Ämari stationiert werden. Eine genaue Anzahl nannte der amerikanische Präsident nicht. Die Pläne müssen zudem noch vom Kongress bestätigt werden.

„Ewiger“ Beistand, der „niemals“ an Grenzen stößt, bedeutet die unbedingte Unterstützung der baltischen Regimes, die in den letzten Wochen mehr als deutlich gemacht haben, dass sie auf eine direkte militärische Konfrontation mit Russland setzen.

Noch auf der Pressekonferenz mit Obama erklärte Ilves, dass eine unmittelbare militärische Unterstützung der ukrainischen Regierung im Kampf gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes dringend geboten sei.

Seine litauische Amtskollegin Dalia Grybauskaite hatte schon kurz vor dem EU-Gipfel am Samstag erklärt, dass sich Russland längst im Krieg mit Europa befinde und es an der Zeit sei, dass sich die EU militärisch zur Wehr setze. „Wir müssen die Ukraine militärisch unterstützen und ihr militärisches Material schicken“, forderte Grybauskaite. „Denn heute kämpft die Ukraine einen Krieg im Namen von ganz Europa.“

Diesen Politikern hat Obama nun seine bedingungslose militärische Unterstützung zugesagt. Vor zwei Wochen hatte bereits die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in einem Interview mit der Zeit erklärt, dass sich „unsere Partner im Baltikum hundertprozentig“ auf die Nato verlassen könnten. Deutschland sei bereit, gegen Russland in den Krieg zu ziehen.

Die Regierungen der drei kleinen baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland, denen die Nato eine Art Blankovollmacht für einen Krieg gegen Russland ausstellt, sind extrem reaktionär. Meist sind sie von den westlichen Mächten handverlesen und zeichnen sich durch eine scharfe antirussische Haltung sowie ein äußerst brutales Vorgehen gegen die Arbeiter im eigenen Land aus.

Sie stehen für eine Schicht ehemaliger stalinistischer Bürokraten und aus dem Exil zurückgekehrter Antikommunisten, die die Unabhängigkeit von der Sowjetunion und die Restauration des Kapitalismus Anfang der 90er Jahre genutzt haben, um sich am vormaligen Staatseigentum massiv zu bereichern. Seither arbeiten sie eng mit der EU und den USA zusammen und beuten die Arbeiterklasse bis aufs Blut aus. Ilves und Grybauskaite sind beide beispielhaft für dieses Milieu.

Grybauskaite trat 1983 im Alter von 27 Jahren der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) bei und war früh an den Unabhängigkeitsbestrebungen Litauens beteiligt. 1990 ging sie nach Washington, um an der School of Foreign Service ein Spezialprogramm für Regierungsmitglieder zu absolvieren.

Nach ihrer Rückkehr 1991 war sie maßgeblich an der Ausarbeitung der Wirtschaftsreformen, also der Zerschlagung der Sozialsysteme und des staatlichen Eigentums beteiligt. Später war sie Chefunterhändlerin für das Freihandelsabkommen mit der EU, das weitere heftige soziale Angriffe bedeutete. 2001 wurde sie schließlich Finanzministerin. Als Litauen 2004 der EU beitrat, bekam Grybauskaite sofort einen lukrativen Job als Bildungs- und Kulturkommissarin in Brüssel. 2009 wurde sie dann Staatspräsidentin Litauens.

Noch enger sind die Beziehungen Ilves zur EU und den USA. Als Sohn von estnischen Immigranten wuchs er in den Vereinigten Staaten auf, besuchte die Schule in New Jersey und machte ein Diplom an der Universität Pennsylvania. Von 1983 bis 1994 arbeitete Ilves dann beim Radio Free Europe in München.

Der Radiosender wurde maßgeblich vom amerikanischen Geheimdienst CIA finanziert und diente dazu, westliche Propaganda in die Staaten des Warschauer Paktes zu übermitteln. Ilves leitete die estnischsprachige Redaktion.

Nach einer kurzen Zeit als estnischer Botschafter in den USA, Kanada und Mexiko wurde Ilves 1996 estnischer Außenminister. In wechselnden politischen Formationen setzte er sich in den folgenden Jahren ebenfalls aktiv für den EU-Beitritt seines Landes ein und wurde 2004 mit einem Abgeordnetensitz in Straßburg belohnt. Seit 2006 ist er Staatspräsident Estlands.

Wie seine Kollegen in Litauen und Lettland führte Ilves einen aggressiven Feldzug gegen die estnischen Arbeiter. Als die Wirtschaftsleistung des Landes 2009 infolge der Eurokrise zusammenbrach, verfolgte die Regierung in Tallinn einen drastischen Sparkurs im Umfang von acht Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Unter anderem wurden die Gehälter der Staatsbediensteten um rund 30 Prozent gekürzt und soziale Leistungen massiv zusammengestrichen. Auf diese Weise sollte das Land für die Einführung der Euro-Währung vorbereitet werden, die 2011 dann auch erfolgte.

Selbst die geschönten Zahlen von Eurostat geben für Estland eine Arbeitslosigkeit von 7,7 Prozent, für Lettland 11,5 und für Litauen sogar 11,9 Prozent an. Massen an jungen und gut qualifizierten Arbeitern verlassen die baltischen Staaten wegen der Hungerlöhne, um vor allem in Skandinavien und Finnland Arbeit zu finden. Schätzungen zufolge arbeiteten 2012 allein in den nordischen Ländern 100.000 Esten. Die Bevölkerungsentwicklung ist wegen der Auswanderung und der niedrigen Geburtenrate rückläufig. Das öffentliche Gesundheitssystem ist weitgehend kollabiert und steht nur noch solventen Bürgern zur Verfügung.

Die Unabhängigkeit der baltischen Staaten von der Sowjetunion war nicht nur mit sozialen Angriffen verbunden, sondern stützte sich auch von Anfang an auf die reaktionärsten Formen des Nationalismus. Sämtliche baltischen Regimes beziehen sich positiv auf diejenigen Balten, die in den 40er Jahren mit den Nazis kollaborierten und gegen die Rote Armee kämpften.

Unter Ilves Präsidentschaft brachte die estnische Regierung einen Entwurf für ein Gesetz ins Parlament ein, das die estnischen SS-Freiwilligenverbände, die für brutale Kriegsverbrechen verantwortlich sind, als „Freiheitskämpfer“ ehren sollte. Nach russischen Protesten wurde der Entwurf in etwas abgemilderter Form verabschiedet.

In allen baltischen Staaten finden regelmäßig Gedenkmärsche für die SS-Kämpfer statt, an denen immer wieder Regierungsmitglieder teilnehmen. In Lettland gab es von 1998 bis 1999 sogar einen offiziellen „Gedenktag der Legionäre“.

Nach der Wende gründeten sich die baltischen Staaten explizit auf antirussischem Chauvinismus. In Lettland und Estland wurden in den 90er Jahren Gesetze verabschiedet, die es nur den vor 1940 in den Ländern geborenen Menschen und ihren Nachkommen erlauben, die Staatsbürgerschaft anzunehmen. Die zugezogenen Russen, ihre Kinder und Kindeskinder wurden hingegen zu „Nichtbürgern“ erklärt, die kein Wahlrecht besitzen und Berufsverbot für den Staatsdienst haben.

Um in den Rang eines Staatsbürgers zu gelangen, müssen ethnische Russen, die mehr als ein Viertel der Bevölkerung ausmachen, spezielle Sprach- und Geschichtstests absolvieren. In Lettland führte dieses Sprach-Regime dazu, dass auch 20 Jahre nach der Unabhängigkeit noch mehr als ein Drittel der ethnischen Russen keine Staatsbürgerschaft besitzen. Sie werden schlechter bezahlt als ethnische Letten und erhalten schlechtere Jobs.

Aufgrund der Diskriminierung der russischen Minderheit kommt es in den baltischen Staaten immer wieder zu sozialen Protesten. Im Jahr 2007 wurden Demonstrationen blutig niedergeschlagen, die sich gegen die Demontage eines Sowjetdenkmals in Tallinn richteten. Ein Demonstrant kam dabei ums Leben.

Solche Proteste können schnell genutzt werden, um eine russische Invasion zu unterstellen. Der Nato-Oberbefehlshaber für Europa, Philip Breedlove, drohte damit schon Mitte August in der Tageszeitung Welt: „Ich möchte an eines klar erinnern: Wenn die Nato ausländische Kräfte in ihr Hoheitsgebiet einsickern sieht, und wenn wir dieses Vorgehen einer Aggressornation nachweisen können – dann ist das Artikel fünf. Dann tritt der Bündnisfall ein“, sagte der General.

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