Perspektive

Heftige Marktschwankungen und die Notwendigkeit des Sozialismus

Die Unruhe auf den weltweiten Finanzmärkten letzte Woche hat die Behauptungen der internationalen Wirtschafts- und Finanzexperten widerlegt, sie hätten eine Lösung für den Zusammenbruch des kapitalistischen Systems, der mit der Finanzkrise von 2008 begann.

Wie eine Reihe von Kommentatoren bemerkte, deuten die wilden Schwingungen an der Wall Street und den Wertpapiermärkten darauf hin, dass die Krise, die vor sechs Jahren ausgebrochen ist, nicht nur noch nicht gelöst ist, sondern auch dass sie in einer noch explosiveren Form zurückkehren könnte.

Die Erkenntnis, dass nichts getan wurde, um das Finanzsystem zu stabilisieren, geht mit der Erkenntnis einher, dass die Realwirtschaft in eine Periode der Stagnation und der zunehmenden Rezession eintritt.

Anfang des Monats fand das Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) statt, auf dem sich die Finanzminister, Zentralbanker und Top-Ökonomen der Welt trafen. Kurz zuvor wurden Daten veröffentlicht, laut denen die Eurozone zum dritten Mal seit 2008 in eine Rezession eintritt, das Wachstum in China zurückgeht und die Expansion der Wirtschaft in den Schwellenländern stark zurückgeht. Es gab keine Ideen, wie dieser Situation entgegenzuwirken sei.

Wie der Wirtschaftskorrespondent des Guardian, Larry Elliott bemerkte, erinnerte die Konferenz am ehesten an eine Versammlung des Völkerbundes in den 1930ern, bei der alle Teilnehmer wussten, dass ein Krieg bevorstand, sich aber machtlos fühlten, etwas zu tun, um ihn abzuwenden.

Anfang des Jahres war in den Kreisen führender bürgerlicher Ökonomen die vorherrschende Meinung, das Wachstum in den USA werde, obwohl es etwas eingeschnürt sei, schließlich den Rest der Welt hinter sich herziehen und so wieder für eine weltweite Expansion sorgen.

Dieses beruhigende Szenario ist diese Woche zusammengebrochen. Daten aus den USA, darunter Rückgänge der Einzelhandelsverkäufe und ein Rückgang der Produktion im Raum New York und Sorgen um die Auswirkungen des steigenden Dollarpreises auf amerikanische Exporte, deuten darauf hin, dass die Lage eher entgegengesetzt ist: Die amerikanische Wirtschaft wird die Welt nicht zum Aufschwung führen, sondern wird von mächtigen Abschwungbewegungen nach unten gezogen.

Das Wirtschaftsmodell, das die USA als Lokomotive für den Rest der Welt darstellt, ist ein Relikt aus der Vergangenheit. Der Chefökonom der HSBC, Stephen King, erklärte in einem Kommentar in der Financial Times: "Der Anteil der amerikanischen Wirtschaft an der Weltwirtschaft schrumpft, und deshalb hat sie nicht mehr die gleiche Anziehungskraft auf den Rest der Welt. Wirtschaftliche und finanzielle Entwicklungen beeinflussen die amerikanische Wirtschaftsleistung zunehmend in einer Weise, die innenpolitische Entscheidungsträger nicht so einfach ausgleichen können."

Was die Finanzmärkte angeht, so wird immer klarer, dass die Flutwelle von billigem Geld im Umfang von sieben bis zehn Billionen Dollar, mit dem die Zentralbanken und Finanzbehörden das weltweite Finanzsystem in den letzten sechs Jahren überschwemmt haben, hat in Verbindung mit niedrigen Zinsen nur die Bedingungen für einen weiteren Zusammenbruch geschaffen.

Am 14. Oktober wies Guy Debelle, der stellvertretende Gouverneur australischen Zentralbank, der auch den Marktausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich leitet, auf die Wahrscheinlichkeit "gewaltsamer" Ereignisse auf den Finanzmärkten als Reaktion auf diese Politik hin, darunter einen Ansturm auf die Ausgänge, wenn Finanzspekulanten "sichere Häfen" suchen. Er erklärte, es gebe von eine Reihe von "Positionen" auf den Finanzmärkten, die von Finanzierungskosten von null oder fast null Prozent abhängig sind, und wenn die Zinsen beginnen zu steigen, "werden diese Positionen in die Luft gehen." Einen Tag später erlebten die Finanzmärkte Bedingungen, die an 2008 erinnerten.

Es wurden mehrere Erklärungen für die Unruhe vorgebracht, durch die die Zinsen für amerikanische Staatsanleihen letzten Mittwochen binnen weniger Minuten um 35 Basispunkte fielen, da panische Investoren ihre Bestände verkauften, um die sichersten Wertpapiere zu kaufen. Eine der Erklärungen war, dass der Computerhandel die Transaktionen der Investoren beschleunige, um dem Markt voraus zu sein. Allerdings basieren alle derartigen Systeme auf den gleichen Prämissen und produzieren ein herdenartiges Verhalten, bei dem alle Anlagemanager versuchen, gleichzeitig aus ihren Investitionen herauszukommen und so die Krise verschlimmern.

Man fühlt sich an den berühmten Kommentar von Karl Marx im Kommunistischen Manifest erinnert, die Bourgeoisie gleiche "dem Hexenmeister, der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschwor."

Die Unruhe auf den Finanzmärkte und die weitere Zerstörung der sozialen Stellung der Arbeiterklasse in allen Ländern, die von ihnen betroffen sind, lassen einen außerdem an die tiefgreifende Analyse denken, die Rosa Luxemburg vor 100 Jahren angestellt hat. Sie wies darauf hin, dass Wirtschafts- und Finanzkrisen oft mit Begriffen aus der Meteorologie beschrieben werden - es ist von "Stürmen" und "dunklen Wolken am Horizont" die Rede - als wäre für diese Ereignisse irgendeine unsichtbare Macht verantwortlich, oder als wären sie mit den Hungersnöten und Seuchen vergleichbar, die die Welt im Mittelalter verheerten, und gegen die die Menschheit hilflos war.

Allerdings ist das Wirtschafts- und Finanzsystem nicht vom Himmel gefallen, sondern entstammt der Gesellschaft. Dennoch haben seine "schwarzen Gesetze" so verheerende Folgen wie die Hungersnöte und Seuchen früherer Zeiten

Luxemburgs Analyse wies auf die Lösung hin. Die sozioökonomische Organisation der Gesellschaft muss unter die bewusste Kontrolle der Gesellschaft als Ganzes gebracht werden, damit die riesigen Kräfte, die sie geschaffen hat, und die auf den Finanzmärkten einen so verzerrten und bösartigen Ausdruck finden, dem wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritt dienen können.

Dieses Ziel lässt sich nur auf eine Weise erreichen: die internationale Arbeiterklasse muss die politische Macht übernehmen und das System des Privateigentums abschaffen, beginnend mit der Umwandlung der Banken und Finanzhäuser in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle als erstem Schritt zum Aufbau einer sozialistischen Wirtschaft im Weltmaßstab.

In ihrer Reaktion auf die Krise letzte Woche wiesen die Sprecher der Banken und des Finanzkapitals versehentlich darauf hin, wie dringend notwendig der Kampf für diese Perspektive ist. Sie betonten einmütig, die jüngste Krise sei durch die neuen Finanzregulierungen ausgelöst worden, die seit 2008 eingeführt wurden.

Das ist praktisch ein Eingeständnis, dass es nicht möglich ist, das Finanzsystem innerhalb des Rahmens des kapitalistischen Systems durch Reformen krisensicher zu machen und die Bedrohung für die Weltbevölkerung abzuwehren. Dieser Weg verursacht nur neue Unruhen.

Dem haben wir nichts hinzuzufügen. Sie haben selbst für die Enteignung der Finanz- und Wirtschaftselite und die Errichtung einer neuen, höheren Form von sozioökonomischer Organisation argumentiert.

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