Ukraine:

Neue Drohungen der USA und Europas nach Wahl in separatistischen Regionen

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und westliche Staatsoberhäupter haben die Wahlen verurteilt, die am Sonntag in der Volksrepublik Donezk (DPR) und der Volksrepublik Lugansk (LPR) stattfanden. Die prorussischen Führungen der separatistischen Regionen im Südosten der Ukraine waren aus der Wahl als Sieger hervorgegangen. Washington, Deutschland und die Europäische Union erklärten die Wahlen sofort für unrechtmäßig.

Alexander Sachartschenko und Igor Plotnizki, die nach einem Führungswechsel bei den Rebellenkräften im August als selbsternannte Premierminister der DPR, bzw. der LPR agierten, gewannen die Wahl mit 79 bzw. 64 Prozent aller abgegebenen Stimmen. Parlamentsblöcke, die mit diesen Führern verbündet waren, erzielten ebenfalls deutliche Siege. In der Wahl an sich drückte sich der weit verbreitete Hass der Bevölkerung gegenüber dem Kiewer Regime und seinem brutalen Angriff auf die Bevölkerung dieser Regionen aus.

Der ukrainische Präsident erklärte am Sonntag, die Wahlen seien eine "Farce" und berief am Montag ein Treffen der höchsten Sicherheits- und Verteidigungschefs ein, um die Lage im separatistischen Südosten des Landes "neu zu bewerten." Der ukrainische Sicherheitsdienst erklärte, die Wahl sei eine "Machtergreifung."

Kiew signalisiert seine Bereitschaft, die Offensive gegen die Region mit der Begründung zu erneuern, dass die Wahl am 2. November gegen den brüchigen Waffenstillstandsvertrag verstoßen hat, den die Separatisten im September unterzeichnet haben.

In dem Bürgerkrieg wurden schätzungsweise 4.000 Menschen getötet, mehr als eine halbe Million sind geflüchtet. Die Infrastruktur des Donezbeckens wurde durch die Kämpfe schwer beschädigt, und ein Großteil der Bevölkerung hat keinen oder nur stark eingeschränkten Zugang zu Versorgungsleistungen.

Einwohner haben keine Renten von der Zentralregierung erhalten, Lohnrückstände sind weit verbreitet. Die Waffenruhe selbst wurde mehrfach durch Angriffe auf zivile Zentren und kleine Konflikte zwischen ukrainischen Truppen und Rebellen gebrochen.

Laut der russischen Nachrichtenagentur ITAR-TASS kündigte Poroschenko an, er plane, das Gesetz zu annullieren, das dem Donezbecken begrenzte Autonomie gewährt. Zudem fordert er den Internationalen Währungsfonds auf, ihn bei seinen Anstrengungen zu unterstützen, die Kontrolle über die Region zurückzuerlangen und schlägt vor, sie in eine Freihandelszone umzuwandeln.

Die westlichen Mächte unterstützten Poroschenkos Verurteilungen und Drohungen. In den Tagen vor der Wahl am Sonntag betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Wahlen in der DPR und der LPR seien ungültig. Das Bundeskanzleramt hat seither Russlands Entscheidung kritisiert, das Wahlergebnis zu "respektieren" und sie als "unverständlich" bezeichnet. Berlin erklärt mittlerweile, es schließe aus, die antirussischen Sanktionen aufzuheben, die als Reaktion auf Moskaus Unterstützung für die Separatisten verhängt wurden.

Auch die Vereinigten Staaten und die Europäische Union weigern sich, die Wahl anzuerkennen. Die Außenpolitische Repräsentantin der EU, Federica Mogherini bezeichnete sie als "illegal" und "unrechtmäßig".

Am Montag bezeichnete das US-Außenministerium die Wahl in der DPR und der LPR am Sonntag als "Farce". Es machte seine Bereitschaft deutlich, die Wahl auszunutzen, um eine neue Konfrontation mit dem Kreml zu provozieren, und drohte: "Sollte Moskau weiterhin die Verpflichtungen ignorieren, die es eingegangen ist [das Wahlrecht der Ukraine zu respektieren] und sein destabilisierendes und gefährliches Vorgehen fortsetzen, werden die Kosten für Russland weiter steigen."

Den Drohungen gegen Russland gingen Meldungen voraus, dass das Nato-Mitglied Polen in der unmittelbaren Zukunft eine große Neuordnung seines Militärs plane und tausende Soldaten an seine Ostgrenze verschiebe. "Die geopolitische Situation hat sich geändert. Wir haben die größte Sicherheitskrise seit dem Kalten Krieg und wir müssen daraus Schlüsse ziehen“, sagte der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak Ende Oktober der Associated Press.

Die Behauptungen der USA und der EU, die Wahlen in der DPR und der LPR seien unrechtmäßig und illegal, sind völlig scheinheilig. Die westlichen Mächte suchen sich aus, welche Wahlen sie anerkennen und welche sie ablehnen; das einzige Kriterium dafür sind ihre imperialistischen Interessen.

Der rechtsextreme Putsch im Februar, durch den der gewählte Präsident Wiktor Janukowitsch gestürzt wurde und den die USA und Deutschland unterstützten, wurde als Sieg für die Demokratie gefeiert. Die Parlamentswahl in der Ukraine letzten Monat wurde als weiterer Triumph für die Demokratie dargestellt, obwohl sie eine Ansammlung von Nationalisten und Neonazis an die Macht gebracht hat, die angekündigt haben, die zutiefst unpopulären Sparmaßnahmen, die der Westen fordert, mit Gewalt durchzusetzen.

Deutschland und die USA haben auf Grundlage ihrer eigenen strategischen Berechnungen abwechselnd die "Rechtmäßigkeit" einer ganzen Reihe von abtrünnigen Regionen anerkannt, darunter von Kroatien, Slowenien, Bosnien, dem Kosovo und vielen anderen. Dies führte zu blutigen Bürgerkriegen mit zehntausenden Todesopfern.

Die Wahlen, die am Sonntag im Südosten der Ukraine stattfanden, sind nicht weniger legitim als die Parlamentswahl eine Woche zuvor, an der sich nur knapp über 52 Prozent beteiligten, ein Rückgang im Vergleich zu allen früheren Parlamentswahlen. In Teilen des Landes, deren Bevölkerung für ihre erbitterte Feindschaft gegenüber Kiew bekannt ist, lag die Teilnahme bei nur 30 Prozent, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ging an den Block der Opposition.

Die zentrale Wahlkommission der LPR erklärt, die Wahlbeteiligung habe bei etwa 60 Prozent gelegen. Aufgrund langer Schlangen vor den Wahllokalen blieben sie zwei Stunden länger offen. Selbst Berichte in der westlichen Presse mussten zugeben, dass es Anzeichen für eine hohe Wahlbeteiligung der Bevölkerung gab, darunter lange Schlangen vor den Wahllokalen.

Lokale Einwohner, die von der Presse interviewt wurden, äußerten wenig Enthusiasmus für die DPR- und LPR-Rebellenführer, allerdings Empörung über die Gewalt, die Kiew gegen sie entfesselt hat. Der Guardian erwähnte in einem Bericht "eine große Menschenmenge vor Schule Nummer 13, einem der Wahllokale, die in Ilowajsk geöffnet hatten," in denen Einwohner erklärten, sie "stimmten für eine friedliche Zukunft."

"Die 61-jährige Markthändlerin Walentina aus Ilowajsk erklärte, sie habe dreiundzwanzig Tage lang mit mehreren anderen in einem Keller gelebt und sei von ukrainischen Freiwilligenbataillonen bedroht worden, die versuchten, sie und andere als menschliche Schutzschilde zu benutzen und Handys und anderes Eigentum zu stehlen," hieß es in dem Artikel.

Human Rights Watch veröffentlichte vor kurzem eine detaillierte Untersuchung, in der sie dem ukrainischen Militär vorwarf, bei seinen Angriffen im Südosten verbotene Streumunition einzusetzen.

Aus der DPR meldeten offizielle Stellen, dass von drei Millionen Wahlberechtigten über eine Million an der Abstimmung teilgenommen hätten. Ein Prozentsatz ist jedoch aufgrund der Flüchtlingskrise und der Tatsache, dass viele Wahlberechtigte in Gebieten leben, die momentan vom ukrainischen Militär kontrolliert werden, schwer zu ermitteln. Für diese Menschen war die Wahl übers Internet eine Option, allerdings ist noch unklar, wie viele sie genutzt haben. Auch in den nahen russischen Provinzen Rostow, Woronesch und Belgorod wurden Wahllokale aufgebaut, um Flüchtlingen in diesen Gebieten die Teilnahme zu ermöglichen.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die traditionell Wahlen beobachtet, weigerte sich, Vertreter in die Südostukraine zu schicken, um die Wahl zu beobachten. Rechte und pseudolinke Kräfte aus Europa und den USA fungierten als Wahlbeobachter und berichteten über keine größeren Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen. Diese Personen, darunter Mitglieder von Parteien und Regierungen in Griechenland, Frankreich, Serbien und anderen Staaten, wurden von der Presse als "falsche" Wahlbeobachter abqualifiziert, vom Kiewer Regime zu "unerwünschten" Personen erklärt und auf eine "schwarze Liste" gesetzt.

Laut offiziellen Stellen der DPR und LPR gewann in der DPR Alexander Sachartschenko die Wahl zum Premier mit über 765.000 Stimmen, Plotnizki gewann in der LPR 445.000 Stimmen. Ihre Konkurrenten blieben deutlich abgeschlagen. Alexander Kofman, der stellvertretende Vorsitzende des Parlaments von Noworossija, dem politischen Organ, das die DPR und die LPR vereint, gewann als Herausforderer Sachartschenkos nur zehn Prozent der Stimmen. In der LPR ging der zweite Platz an den Vorsitzenden des Gewerkschaftsbundes Oleg Akimow, der 15,5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt.

Auch die politischen Blocks, die mit den aktuellen Rebellenführern verbunden sind, gewannen bei den Parlamentswahlen deutlich. Die Partei Volksrepublik Donezk gewann in der DPR 662.750 Stimmen. Die Partei Frieden für Lugansk konnte sich gegen ihre Rivalen, die Lugansk Wirtschaftsunion und die Volksunion durchsetzen und knapp weniger als 70 Prozent der Stimmen holen.

Laut Medienberichten wurden fünf Parteien aus technischen Gründen von der Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen, darunter auch die Kommunistische Partei. Allerdings wurde an anderer Stelle gemeldet, dass eine neu gegründete Kommunistische Partei in der Region die Wahl Sachartschenkos unterstütze.

Sofern die prorussischen Separatisten, die die DPR und die LPR kontrollieren, die Unterstützung der Bevölkerung genießen, haben sie diese durch Versprechen erworben, die soziale Lage zu verbessern und Sozialprogramme einzuführen. Es handelt sich bei ihnen um eine Mischung aus russischen Nationalisten, Monarchisten und rechten Konservativen mit Beziehungen zu diversen Schichten der herrschenden Elite in Moskau, die versuchen, ihr junges Regime mit Nostalgie an die Zeit der Sowjetunion zu stärken.

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