Gewerkschaften weisen auf dem Gipfel korporatistische Agenda vor

Im Vorfeld des Gipfeltreffens der G-20-Staatschefs am letzten Wochenende versammelten sich letzte Woche in Brisbane achtzig ranghohe und zweifellos hoch bezahlte Gewerkschaftsfunktionäre, um ihr eigenes Gipfeltreffen abzuhalten, den "Labour 20" oder L20-Gipfel. Durch ihr Handeln und ihre Stellungnahmen haben die Gewerkschaften nur gezeigt, dass sie sich schon lange in direkte Werkzeuge des Wirtschaftsestablishments und der kapitalistischen Staaten verwandelt haben.

Die G-20 treffen sich vor dem Hintergrund einer massiven Verschärfung der jahrzehntelangen Offensive gegen die Lebensbedingungen und Rechte der weltweiten Arbeiterklasse. Seit dem Versagen und dem Zusammenbruch des Weltkapitalismus im Jahr 2008 wurden hunderte Millionen Arbeiter ins Elend gestürzt, während eine winzige kapitalistische Oligarchie immer größeren Reichtum in ihren Händen konzentriert. Die reichsten 85 Menschen der Welt verfügen über soviel Reichtum wie die untersten 50 Prozent der Weltbevölkerung. Das oberste Prozent verfügt über 48,2 Prozent des globalen Reichtums. Die weltweite Gesamtzahl der Arbeitslosen liegt bei über 200 Millionen. Etwa 840 Millionen Arbeiter verdienen weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Die Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsysteme werden demontiert. Es finden schockierende Angriffe auf demokratische Rechte statt und die geopolitischen Spannungen, die die imperialistischen Großmächte provoziert haben, drohen, einen dritten Weltkrieg auszulösen.

Die Gewerkschaften reagieren darauf, indem sie eine weitere "Erklärung" an die G-20-Führer richten. Wie schon in den Jahren zuvor fordern sie die Regierungen höflich auf, eine Politik zu betreiben, durch die niedrige und mittlere Einkommen erhöht, die Ungleichheit verringert, die Rechte der Arbeiter gestärkt, die prekäre Beschäftigung verringert, die Berufsaussichten für Frauen und ethnische Minderheiten verbessert, die Verfügbarkeit von allgemeiner Gesundheitsversorgung, Altenpflege und öffentlichen Leistungen gesichert, junge Arbeitslose unterstützt, ein katastrophaler Klimawandel verhindert und Finanzspekulationen und die räuberische Aktivität der Banken eingeschränkt werden.

Im Jahr 2014 fügten die Gewerkschaften außerdem die Forderung an, "die Ausbreitung des Ebolavirus" aufzuhalten - insgesamt handelt es sich dabei um einen zynischen Mischmasch aus Forderungen, von denen diese privilegierten Funktionäre wissen, dass sie nie umgesetzt werden.

Die ehemalige Präsidentin des Australischen Gewerkschaftsbunds ACTU und heutige Generalsekretärin der International Trade Union Confederation (ITUC) Sharan Burrow leistete ihren Beitrag zu der Demagogie. Sie erklärte letzte Woche vor der Presse: "Die Regierungen bevorzugen eine Politik, die die Interessen des Großkapitals unterstützt und sich nicht um die Lohnungleichheit und wachsende Arbeitslosigkeit kümmert." Sie erklärte weiter, die Regierungen müssten "den Mut haben, die Sparpolitik rückgängig zu machen und Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen."

Tatsache ist, wie Arbeiter auf der ganzen Welt wissen, dass die Gewerkschaften trotz der fortgesetzten Angriffe der Regierungen und der Verschärfung des Klassenkampfs von oben weiterhin tun werden, was sie momentan tun: sie unterstützen die herrschende Elite dabei, den Widerstand abzuwürgen und jede politische Bedrohung für das kapitalistische System zu verhindern.

Die Gewerkschaften betätigen sich in allen Ländern als Werkspolizei und nötigen die Arbeiter dazu, im Rahmen der "internationalen Wettbewerbsfähigkeit" die endlose Erosion ihrer Lebensbedingungen hinzunehmen. Hinter der Fassade "internationaler Solidarität," die die L20 angeblich repräsentieren, verbergen die Gewerkschaftsapparate, dass sie nationalistische Verteidiger der Profitinteressen ihrer jeweils "eigenen" Wirtschaftselite sind.

Die Gewerkschaften haben dabei nicht untätig daneben gestanden, sondern sich aktiv an dem verschärften Angriff auf Löhne und Arbeitsplätze seit 2008 beteiligt. In den USA hat die Gewerkschaft United Auto Workers Zweiklassen-Löhne durchgesetzt. Neu eingestellte Arbeiter erhalten bis zu 50 Prozent weniger Lohn. In ganz Europa haben die Gewerkschaften den Widerstand gegen die Austerität auf zwecklose eintägige Streiks und Proteste beschränkt, sodass hunderttausende von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst vernichtet wurden. In Australien haben die Gewerkschaften sogar Alibi-Arbeitskämpfe gegen die Pläne der Autokonzerne zur Stillegung der gesamten Autoindustrie abgelehnt. Sie arbeiten in den Planungskomitees mit, die die "geordnete Schließung“ der Werke bis 2016 und 2017 und die Zerstörung von bis zu 200.000 Arbeitsplätzen organisieren.

Der L20-Gipfel verkörpert den korporatistischen und arbeiterfeindlichen Charakter der Gewerkschaften. Sein erklärtes Ziel ist es, in "inklusiven und konstruktiven Dialog" mit den Vertretern von Unternehmen und Regierungen zu treten, die auf dem G-20-Gipfel zusammenkommen. Er soll es Gewerkschaftsfunktionären ermöglichen, sich mit der wirtschaftlichen und politischen Elite zu treffen und ihre Beziehungen zu stärken. Sie alle werden Verkaufsgespräche führen, in denen sie erklären, warum Großkonzerne Direktinvestitionen in ihrem Nationalstaat tätigen sollten und werden Garantien anbieten, dass Arbeiter in ihrem Land "wettbewerbsfähiger" sind als die in anderen Ländern.

Die Webseite "Working Life," die vom ACTU gesponsert wird, kommentierte: "Der L20- und der [Wirtschaftsgipfel] B20 veröffentlichten letzte Woche eine 'gemeinsame Botschaft' an Premierminister Tony Abbott für den G-20-Gipfel, die zeigt, wie sehr den beiden Vertretern von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an einer Zusammenarbeit auf diesem globalen Forum gelegen ist."

Das einzige Thema, mit dem die G-20 die Gewerkschaften verärgert haben, ist die Tatsache, dass die australische Regierung von Premierminister Tony Abbott den Gewerkschaftsfunktionären nicht in gleichem Maße Zugang zu den politischen Führern ermöglicht hat wie den Vertretern des B20-Gipfels. Sharan Burrow mokierte sich: "Man kann nicht mit einer Gruppe reden, die eine wichtige Rolle in der Realwirtschaft spielt, mit der anderen aber nicht. Ansonsten schafft man unnötigen Widerstand."

Burrow hat viel Erfahrung damit, "unnötigen Widerstand" zu verhindern. In ihrer Zeit als ACTU-Präsidentin von 2000 bis 2010 verhinderten die australischen Gewerkschaften jeden Kampf gegen das massive Anwachsen von prekärer Arbeit, Teilzeit und Zeitarbeit in allen Bereichen der Wirtschaft und gegen die stetige Erosion anderer Arbeitsbedingungen.

Burrow und der ACTU haben eine wichtige Rolle dabei gespielt, den Widerstand der Arbeiterklasse, der sich ab 2005 gegen die drakonischen "WorkChoices"-Arbeitsmarktgesetze der konservativen Regierung bildete, in die Sackgasse der Wiederwahl der Labor Party zu lenken. Im Jahr 2007, auf dem Höhepunkt der "Your Rights at Work"-Kampagne der Gewerkschaften gegen WorkChoices, gingen nur 47.000 Arbeitstage durch Arbeitskämpfe verloren. Das war der niedrigste Stand in der Geschichte des Landes. Die Gewerkschaften verhandelten mit der kommenden Labor-Regierung über den Entwurf der "Fair Work Australia"-Gesetze, die WorkChoices ersetzten, aber alle wichtigen Angriffe auf die Rechte der Arbeiter durchsetzten, die durch WorkChoices eingeführt worden waren.

Burrow konnte 2010 nahtlos von der Führung des ACTU auf den Posten der Generalsekretärin des ITUC übertreten, der 2006 durch einen Zusammenschluss der proimperialistischen und von der CIA finanzierten International Confederation of Free Trade Unions (ICFTU) und der nicht weniger rechten christlichen World Confederation of Labour (WCL) entstanden war.

Heute ist die Organisierung des L20-Gipfels gemeinsam mit dem Gewerkschaftlichen Beratungsausschuss (TUAC) der OECD eine der wichtigsten internationalen Aktivitäten des ITUC. Diese Organisation ist auf der ganzen Welt aktiv, um die privilegierten Schichten des Kleinbürgertums zu stärken, aus denen sich die Gewerkschaftsapparate rekrutieren, die eine wichtige Stütze für die Wirtschaftselite bei der Unterdrückung jeder unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse sind.

Loading