Rumäniens Präsident Johannis in Berlin

Drei Monate nach seinem Wahlsieg hat der neue rumänische Präsident Klaus Johannis vergangene Woche die deutschen Hauptstadt besucht. Nach einem Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck wurde er auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen. Themen waren die Lage in der Ukraine und in der Republik Modawien sowie die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern.

Merkel machte erneut deutlich, dass sie den aggressiven Kurs vieler osteuropäischer Staaten gegen Russland unterstützt. Sie sicherte dem EU- und Nato-Mitglied Rumänien, das direkt an die Ukraine und Moldawien grenzt, Beistand zu. Es sei wichtig, „dass wir unseren Blick hier nicht nur auf das Baltikum und Polen lenken“, erklärte Merkel im Anschluss an das Treffen. Rumänien sei geographisch „in einer herausgehobenen strategischen Lage“.

Johannis unterstützt das Abkommen, das Merkel und die Präsidenten Frankreichs, Russlands und der Ukraine in Minsk ausgehandelt haben. Er erklärte, eine Stabilisierung der Ukraine sei im „Interesse ganz Europas“. Er tritt aber auch für schärfere Sanktionen gegen Moskau ein. In den Medien macht er den russischen Präsidenten Putin für die Lage in der Ukraine verantwortlich.

Johannis forderte in einem ARD-Interview vor dem Treffen mit Merkel eine stärkere NATO-Präsenz in Rumänien und der gesamten Schwarzmeerregion. „Rumänien fühlt sich militärisch nicht bedroht, und wir erwarten nicht, dass der Konflikt auf Rumänien übergreift“, sagte er. „Aber wir wollen auf alle Entwicklungen vorbereitet sein. Das heißt, dass wird die Unterstützung der Nato brauchen.“

Merkel reagierte vorsichtig auf die Forderungen und erklärte, die Nato habe sich auf dem Gipfel von Wales auf wichtige Schritte geeinigt. „Wir sollten uns als erstes darauf konzentrieren, diese Schritte zu implementieren. Dann sollten wir über weitere Forderungen Rumäniens sprechen.“ In Wales hatte die Nato eine Aufstockung der Truppen in Osteuropa festgeschrieben, was aber zahlreichen osteuropäischen Staaten nicht weit genug geht.

Die Forderung des rumänischen Präsidenten fielen mit Äußerungen des NATO-Oberbefehlshabers in Europa, Philip Breedlove, zusammen. Dieser warnte bei einem Auftritt vor dem Verteidigungsausschuss der USA, Moskau könnte versuchen, mit Hilfe im abtrünnigen Gebiet Transnistrien stationierter russischer Truppen Moldawien von einer Annäherung an den Westen abzuhalten. „In Moldawien und an anderen Orten“ betreibe Moskau bereits „eine breite Informationskampagne“, behauptete Breedlove.

Breedlove hatte sich bereits im vergangenen Jahr für ein stärkeres Eingreifen in der Schwarzmeerregion ausgesprochen. Er hatte damals erklärt, Russland werde die Krim „militarisieren” und dadurch seine Kontrolle über nahezu die gesamte Schwarzmeerregion ausdehnen. Die Konflikte in der Region haben sich in den letzten Jahren massiv verschärft. Die USA planen für dieses Jahr den Einsatz einer neuen Raketenbasis in Rumänien, während Russland die Kapazität seiner Schwarzmeerflotte deutlich erhöhen will.

Die rechte rumänische Tageszeitung România Liberă fürchtet, dass Johannis durch eine enge Zusammenarbeit mit Merkel die „Achse Bukarest-London-Washington” schwächt. „Die einzige politische Achse, die Rumänien gegen den russischen Einfluss absichert, ist die Verbindung zu London und Washington. Berlin glaubt im Gegensatz dazu immer noch, es könne sich auf vernünftige Diskussionen mit Putin einlassen“, kommentiert das Blatt.

Ungeachtet dessen sicherte Merkel der Republik Moldau ihre Unterstützung zu. Das Land zwischen Rumänien und der Ukraine werde auf der Grundlage des Assoziierungsabkommens „erhebliche Hilfe bekommen von der Europäischen Union“, sagte sie. Merkel und Johannis erklärten übereinstimmend, sie seien mit Moldawien „politisch eng verbunden” und unterstützten die neue Regierung von Chiril Gaburici.

Das bettelarme Moldawien steckt in einer massiven politschen Krise, die durch den aggressiven Kurs der Westmächte gegen Russland befeuert wird. Das russisch-sprachige Transnistrien hatte sich 1991 in einem kurzen und blutigen Krieg von Moldawien abgespalten. In dem Gebiet sind bis heute russische Truppen stationiert.

Ein weiterer Punkt der Gespräche in Berlin waren die wirtschaftlichen Beziehungen beider Staaten. Merkel und Johannis erklärten, man wolle die wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärken. Die EU und auch Wirtschaftskreise erheben immer wieder die Forderung an Bukarest, Korruption und Vetternwirtschaft zu bekämpfen.

Seit der politischen Wende Anfang der 90er Jahre herrscht in Rumänien ein teils heftiger Kampf zwischen verschiedenen Cliquen, die versuchen, an die Fleischtöpfe der Macht zu gelangen. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob es sich um gewandelte Stalinisten des ehemaligen Ceausescu-Regimes oder um rechte Verfechter des freien Marktes handelt. Gemein ist ihnen die Verachtung für die Arbeiterklasse und die Gier nach Einfluss und Geld.

Nach Recherchen des Internetportals Clean Romania („Sauberes Rumänien“) sind mehr als 30 Minister, die während der vergangenen dreieinhalb Amtszeiten gedient hatten, entweder wegen Korruption angeklagt oder bereits zu Haftstrafen verurteilt worden, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Betroffen sind das Kabinett des sozialistischen Premierministers Adrian Năstase (2000-2004), der selbst eine Haftstrafe verbüßte, des liberalen Premiers Câlin Tăriceanu (2005-2008), von Emil Boc (2009-2012) sowie die gegenwärtige Regierung von Victor Ponta, in der fünf Mitglieder unter Angeklage stehen.

Darüber hinaus sind hunderte Regierungsbeamte, Familienmitglieder und Parteimitglieder der etablierten Parteien tief in Korruptionsfälle verstrickt. Täglich sind im Fernsehen Spitzenpolitiker in Handschellen zu sehen. Dabei wird der Kampf gegen Korruption seit Langem als Mittel benutzt, um politische Gegner auszuschalten. Es ist schon beinahe Tradition, dass sich die politischen Lager gegenseitig mit Korruptionsprozessen überziehen. In diesem Zusammenhang stehen auch die Erwartungen an Johannis.

Der Konservative Johannis siegte beim zweiten Durchgang der Präsidentschaftswahl im November letzten Jahres über den sozialdemokratischen Regierungschef Victor Ponta. Zuvor war er seit 2000 Bürgermeister von Sibiu in Siebenbürgen gewesen. Er hat enge Kontakte zu Konservativen Kreisen in ganz Europa.

Von ihm wird erwartet, dass er den Grabenkämpfen der rumänischen Politik ein Ende setzt, um in Rumänien einen radikalen Sparkurs durchzusetzen. Die Süddeutsche Zeitung fordert aus diesem Grund von ihm, er müsse „Parteien, Politik und Regierung reformieren” und „den Modus Operandi des Staates verändern. Besonders gilt dies für Haushaltsplanung.”

Loading