Die Troika ist zurück in Athen

Am Dienstag kamen Vertreter der Troika zurück nach Athen, um mit der griechischen Regierung über eine dritte Kreditvereinbarung zu verhandeln. Die Gespräche sollen am Donnerstag beginnen und bis zum 20. August abgeschlossen werden.

Die Abschaffung der Prüfung der griechischen Haushaltspolitik durch die Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission gehörte zu den zentralen Wahlkampfversprechen der regierenden Koalition der Radikalen Linken (Syriza). Mit der Zustimmung zu den Verhandlungen über ein drittes Kreditprogramm stimmte Syriza nun auch der Wiederaufnahme der Troika-Visiten zu.

Während die Vertreter der Troika noch nichts zugesichert haben und eine mögliche Kreditvereinbarung jederzeit platzen lassen können, hat die Syriza-Regierung zahlreiche Maßnahmen beschlossen und verwirklicht, die ihre eigene Position in den Verhandlungen schwächen und die soziale Situation im Land weiter verschärfen.

Wie schon in den vergangenen Monaten macht die Regierung auch jetzt die Zahlung fälliger Kredite und Wucherzinsen zur höchsten Priorität. Während das Gesundheitssystem zusammenbricht und in den Straßen Athens der Hunger grassiert, überwies die griechische Regierung am Montag über sechs Milliarden Euro an Institutionen der Troika.

4,2 Milliarden Euro gingen an die EZB (davon entfallen 700 Millionen Euro auf Zinszahlungen), gut zwei Milliarden an den IWF und einige hundert Millionen an die griechische Nationalbank. Die Regierung nutzte hierfür eine Brückenfinanzierung, die durch den EU-Rettungsfonds EFSM bereitgestellt wurde. Der Sonderkredit umfasst gut sieben Milliarden Euro und hat eine maximale Laufzeit von drei Monaten. Unklar ist derzeit, ob die Zahlung bis zu einer Einigung im August ausreichen wird.

In ihrer Vereinbarung mit der Eurogruppe hat sich die griechische Regierung verpflichtet, vor dem Beginn neuer Verhandlungen bestimmte Gesetze durchs Parlament zu bringen. Bevor sich die Troika mit Regierungsvertretern an den Tisch setzt, muss das Parlament am heutigen Mittwoch zwei Reformen verabschieden.

Zum einen muss das Parlament die Abwicklungsrichtlinie BRRD umsetzen. Dabei handelt es sich um nationale Regularien für die Bankenunion, die im Mai letzten Jahres vom Europäischen Parlament und Rat beschlossen worden war.

Außerdem sollen zivilrechtliche Gerichtsverfahren beschleunigt werden. Laut dem ehemaligen griechischen Finanzminister Yannis Varoufakis, der den Deal mit ausgehandelt hat, geht es dabei vor allem um die Vereinfachung von „Zwangsvollstreckung, Zwangsräumung und damit die Zerstörung tausender Haushalte und Geschäfte, die nicht in der Lage sind, ihre Kredite abzuzahlen“.

In der letzten Woche hatte die Regierung schon heftige Sozialkürzungen vom Parlament absegnen lassen, vor allem die massive Erhöhung der Mehrwertsteuer. Galt für verarbeitete und verpackte Lebensmittel sowie den öffentlichen Nahverkehr bisher ein reduzierter Steuersatz von 13 Prozent, müssen jetzt die vollen 23 Prozent gezahlt werden.

Das führt zu einer unmittelbaren Preiserhöhung für Nahrungsmittel, die die Ärmsten der Armen in besonderem Maße trifft. Einzelhändler gehen von einem Anstieg der Preise um durchschnittlich 20 Prozent aus. In einem Land, in dem nur jeder zweite junge Mensch Arbeit hat und bis zu 40 Prozent der Arbeiter nicht mehr krankenversichert sind, bedeutet diese Verteuerung blankes Elend.

Weil die EZB trotz der Rückzahlung der Kredite durch die Regierung die Notkredite für griechische Banken am Donnerstag nur um 900 Millionen Euro erhöhte, blieben die Beschränkungen für Auszahlungen in Kraft. Die Banken öffneten zwar wieder ihre Tore, normale Sparer können aber pro Woche weiterhin nur 420 Euro abheben. Auch die Kapitalverkehrskontrollen bleiben bis auf Weiteres in Kraft.

Innerhalb der Bevölkerung wächst die Opposition gegen die Sparmaßnahmen, die im Referendum von über 60 Prozent abgelehnt worden waren. Für Mittwochabend kündigte der Gewerkschaftsbund für den öffentlichen Dienst Adedy eine Proteskundgebung vor dem Parlament an.

Schon bei der Abstimmung in der letzten Woche war Regierungschef Alexis Tsipras auf Stimmen der Oppositionsparteien angewiesen. Die konservative Nea Dimokratia (ND), die sozialdemokratische Pasok und die wirtschaftsliberale Partei To Potami sicherten dem Sparplan eine komfortable Parlamentsmehrheit. Die Regierungskoalition aus Syriza und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel) verfügte über keine eigene Mehrheit, da 32 der 149 Syriza-Abgeordneten gegen das Gesetz stimmten und sich sechs enthielten.

Am Wochenende hatte Tsipras die Rebellen von ihren Regierungsposten entfernt. Er fürchtet aber trotzdem, dass sich die Zahl der Nein-Stimmen am Mittwoch nochmals erhöhen könnte. Die Syriza-nahe Tageszeitung Avgi spekulierte bereits am Montag, dass Tsipras einen Rücktritt erwäge, wenn die Nein-Stimmen aus der eigenen Fraktion zunähmen. Demnach fürchtet Tsipras, die wichtige Grenze von 120 eigenen Abgeordneten zu unterschreiten, die notwendig sind, um bei minimaler Besetzung des Parlaments eine Vertrauensabstimmung zu gewinnen.

Am Dienstag verkündete die Regierung dann, dass sie in Absprache mit den Gläubigern darauf verzichte, am Mittwoch auch über die Abschaffung der Steuervorteile für Landwirte sowie die Eliminierung der Frühverrentung abstimmen zu lassen, wie es ursprünglich geplant war. Gerade in Bezug auf die Landwirte hatten neben weiteren Syriza-Vertretern auch ND-Abgeordnete ein Nein-Votum angekündigt. Über beide Gesetze soll nun in der ersten Augustwoche abgestimmt werden.

Unter diesen Bedingungen ist es auch denkbar, dass sich die Nein-Stimmen sogar verringern. Der Führer der „linken Plattform“ innerhalb Syrizas, Panagiotis Lafazanis, hatte letzte Woche mit Nein gestimmt und wurde daraufhin von Tsipras als Umwelt- und Energieminister entlassen. Auch nach dieser Demütigung versicherte er, dass er die Regierung weiter unterstützen werde. Er sei nicht enttäuscht, zitiert ihn die Tageszeitung To Vima, und werde sich weiter für die Einheit der Partei einsetzen.

Vertreter der Troika und der EU machten zugleich deutlich, dass noch keine konkreten Vereinbarungen getroffen seien. Selbst die Höhe eines dritten Kreditprogramms ist bislang unklar. Es könnte bis zu 86 Milliarden Euro umfassen, aber auch deutlich geringer ausfallen.

Auch der Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone ist noch nicht vom Tisch. Der Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Arnold Vaatz (CDU), will im Falle neuer Milliardenkredite für Griechenland vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. „Ich sehe nicht, dass die Systemstabilität der Eurozone durch ein Ausscheiden Griechenlands gefährdet würde“, sagte Vaatz der Zeitschrift Super Illu.

Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will ein neues Kreditprogramm an schärfere Maßnahmen gegenüber Flüchtlingen koppeln. „Ein stabiles Asylsystem in Griechenland sollte eine Bedingung für ein Hilfspaket für Griechenland sein“, sagte die konservative Politikerin dem Kurier. So müsse Athen die Flüchtlinge registrieren und ihnen Fingerabdrücke abnehmen. Außerdem solle die griechische Regierung mit der EU-Asylagentur EASA und mit der Grenzschutzagentur Frontex enger zusammenarbeiten.

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