Tsipras wirft Austeritätskritiker aus dem Kabinett

Am vergangenen Freitag gab der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras eine Kabinettsumbildung bekannt. Er verbannte Kritiker des verheerenden neuen Sparpakets der Europäischen Union (EU) aus der Regierung. Gleichzeitig verhandelt er mit der EU über ein drittes Memorandum, um einen Staatsbankrott zu verhindern.

Die Umbildung ist eine Reaktion darauf, dass 32 der 149 Syriza-Abgeordneten am Mittwoch im griechischen Parlament gegen das Sparprogramm der EU stimmten. Die Parlamentarier stammten von der „Linken Plattform“ innerhalb Syrizas. Das neue Kabinett wurde am Samstagmittag vereidigt.

Neun Regierungspositionen wurden umbesetzt. Ein Minister und drei stellvertretende Minister wurden entlassen. Zu ihnen zählt Energieminister Panayiotis Lafazanis, ein führendes Mitglied der Linken Plattform, der stellvertretende Arbeitsminister, Dimitris Stratoulis und der stellvertretende Verteidigungsminister Costas Isichos. Alle drei hatten im Parlament gegen das Sparpaket gestimmt.

Arbeitsminister Panos Skourletis, ein enger Verbündeter von Tsipras, ersetzt Lafazanis als Energieminister. Auf dieser Position wird er die zahlreichen Privatisierungen von Versorgungseinrichtungen und anderem Staatsbesitz organisieren. Stratoulis wurde von Pavlos Chaikalis beerbt, einem Komiker der rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel), dem Koalitionspartner Syrizas.

Der Posten der Ex-Vizefinanzministerin Nadia Valavani, die kurz vor der EU-Abstimmung zurückgetreten war, wurde an Tryfon Alexiadis übergeben, den Chef der Steuerinspektoren Gewerkschaft von Athen und Piräus.

Tsipras wählte Ersatzkandidaten aus den Parteien der regierenden Koalition aus und erteilte damit Spekulationen eine Absage, dass er auch Politiker aus den Pro-Austeritätsparteien Parteien Nea Dimokratia, To Potami (der Fluss) und der sozialdemokratischen Pasok in sein Kabinett holen werde.

Aber unabhängig davon steht Tsipras praktisch schon an der Spitze einer Regierung der nationalen Einheit. Syriza steht Seite an Seite mit Parteien, die die Sparpolitik ausdrücklich begrüßen. Damit stellt er sich in direkten Widerspruch zu dem überwältigenden „Nein“ im Referendum vom 5. Juli. Weil er die Unterstützung der Linken Plattform verloren hat, musste sich Tsipras auf die oppositionellen Pro-Austeritätsparteien stützen, um das neue Sparpaket am Mittwoch durch das Parlament zu bekommen.

Tsipras sendet mit der Kabinettsumbildung ein Signal, dass er keine Kritik an der reaktionären Politik Syrizas dulden wird, die mit der EU und Berlin vereinbart wurde. Am Vortag hatte der Deutsche Bundestag das neue EU-Sparpaket bewilligt, das weitgehend von deutschen Vertretern ausgearbeitet worden war. Es enthält tiefe Einschnitte bei den Renten, den Löhnen im öffentlichen Dienst und den Treibstoffsubventionen. Die Mehrwertsteuer wird stark erhöht und ein umfassendes Privatisierungsprogramm diktiert.

Die Opposition der Linken Plattform gegen die Einigung hatte einen zynischen, symbolischen Charakter. Ihre Mitglieder blieben noch monatelang in der Regierung, obwohl schon längst klar geworden war, dass Syriza ihr Wahlversprechen, mit dem sie im Januar an die Regierung gekommen war, nicht halten werde, nämlich die Kreditvereinbarung mit der EU aufzukündigen. Sie äußerten nur formale Kritik an Syrizas Entscheidung, das EU-Memorandum im Januar zu verlängern, den Universitäten, Kommunen und Sozialversicherungen im Frühjahr Milliarden Euro zu rauben und jetzt, wo die Gelder aufgebraucht sind, weitere verheerende Kürzungen durchzusetzen.

Nach dem monumentalen Verrat Syrizas am „Nein“ des Referendums fürchtete Tsipras aber dennoch, dass selbst eine solch symbolische Opposition, die eigentlich nur als Abdeckung für Syrizas Kapitulation gedacht war, seine Regierung destabilisieren könnte.

Nach Valavanis Rücktritt am Mittwoch schlossen sich 109 der 201 Mitglieder des Zentralkomitees von Syriza einer gemeinsamen Erklärung an, die Tsipras’ Einigung mit der EU als „Putsch“ verurteilte. In der Erklärung hieß es: „Die Vereinbarung mit den Institutionen war das Ergebnis einer Drohung mit sofortiger finanzieller Strangulierung. Sie ist ein neues Memorandum mit unerträglichen, erniedrigenden Bedingungen. Die Folgen für die Bevölkerung und das Land werden katastrophal sein.“

Die Erklärung stellte keine Bedrohung für die Fortführung der Austeritätspolitik dar, weil nur wenige der ZK Mitglieder, die die Erklärung unterzeichneten, Abgeordnete im Parlament sind. Trotzdem versucht Tsipras diese Kräfte auf Linie zu bringen, zumindest solange die Verhandlungen über das neue Memorandum andauern.

Tsipras hat unmittelbare Neuwahlen ausgeschlossen. Erst soll eine Vereinbarung mit der EU stehen. Innenminister Nikos Voutsis hat erklärt, Syriza könne vorgezogene Neuwahlen für September oder Oktober ausrufen.

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