Perspektive

Stellenabbau in der Montanindustrie:

Die zerstörerische Anarchie des kapitalistischen Marktes

Am Freitag letzter Woche gaben zwei große globale Bergbaukonzerne bekannt, dass sie den Abbau von zehntausenden Stellen planen. Diese Ankündigungen zeigen, dass die Weltwirtschaft immer tiefer in der Krise steckt. Der Arbeitsplatzabbau muss vor dem Hintergrund von Stagnation in den Industrienationen, einem Abschwung in China und anderen sogenannten Schwellenmärkten und der wachsenden Instabilität und sogar Zerstörung von Produktionskapazitäten durch die Ausbreitung des Finanzparasitismus gesehen werden

Der britische Bergbaukonzern Anglo American, der fünftgrößte der Welt, kündigte den Abbau von 53.000 Arbeitsplätzen in den nächsten paar Jahren an - das sind 35 Prozent seiner bisherigen Belegschaft. Zuvor hatte er einen Verlust von drei Milliarden Dollar im ersten Halbjahr bekanntgegeben, der hauptsächlich auf die niedrigen Preise für Eisenerz zurückgeht.

Am gleichen Tag gab der Platinproduzent Lonmin, der zahlreiche Bergwerke in Südafrika besitzt, bekannt, er plane die Schließung oder Stilllegung mehrerer Bergwerke. Durch diese Pläne sind die Arbeitsplätze von 6.000 Arbeitern bedroht. Der Preis des Metalls, das in der Industrie zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten hat, ist so tief gesunken, dass Lonmin seine Bergwerke als unrentabel betrachtet.

Der Hauptgrund für Anglo Americans Verluste war eine Abschreibung ihrer Vermögenswerte in Höhe von 3,5 Milliarden Dollar, alleine 2,9 Milliarden davor für ihr Minas-Rio Eisenerzbergwerk in Brasilien. Das 8,8-Milliarden Dollar-Projekt wurde erst letztes Jahr begonnen, um von dem „Superzyklus“ der Rohstoffpreise zu profitieren, der durch Investitionen Chinas in seine Infrastruktur ausgelöst wurde. Der Preis für Eisenerz stieg dadurch auf bis zu 180 Dollar pro Tonne im Jahr 2011.

Mittlerweile liegt der Preis für Eisenerz bei unter 50 Dollar und könnte sogar noch weiter sinken, wenn die Preise für Industriegüter insgesamt weiter zurückgehen. In der ersten Hälfte des Jahres sank der Preis für Eisenerz um 41 Prozent, der für Platin um neunzehn Prozent, der Preis für Kupfer um achtzehn Prozent und der Preis für Kokskohle um fünfzehn Prozent. Und der Rückgang ist noch nicht beendet.

Das Wall Street Journal schrieb am Freitag in einem Artikel: „Die größten Bergbaukonzerne der Welt bauen Stellen ab und verkleinern ihre Anlagen, um mit dem langfristigen Rückgang in China und dem Abschwung der Rohstoffpreise zurecht zu kommen. Von einem baldigen Ende des Abschwungs gehen sie nicht mehr aus.“

Der Artikel wies darauf hin, dass der Rückgang der Rohstoffpreise in den letzten zwei Jahren bereits weltweit zehntausende Stellen im Bergbau und damit zusammenhängenden Branchen gefordert hat - von den Goldbergwerken in Südafrika über die Eisenbergwerke in Kanada bis hin zu den Stahlwerken in den USA. In Amerika liegt die Zahl der Beschäftigten im Bergbau auf dem niedrigsten Stand seit fünf Jahren, in Australien ist sie im letzten Jahr um dreizehn Prozent gesunken.

Der Rückgang der Rohstoffpreise und der umfangreiche Arbeitsplatzabbau als Reaktion darauf zeigen eine Reihe wichtiger Indizien über den Zustand des Weltkapitalismus.

Fast sieben Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers machen diese Entwicklungen deutlich, dass die Finanzkrise, die daraus entstanden ist, nur der Beginn eines Zusammenbruchs der Weltwirtschaft war, der noch immer andauert. Obwohl die Zentralbanken der Welt Billionen Dollar an ultrabilligem Geld bereitgestellt haben, liegen die Investitionen in die Produktion in den wichtigsten Industrienationen - den USA, Europa und Japan - weiterhin auf einem historischen Tiefstand.

Die Überflutung der Finanzmärkte mit billigem Geld stimuliert nur die Spekulation mit Aktien und führt zu einem rasanten Anstieg vonParasitismus. Die Realwirtschaft wird durch destruktive Operationen wie Fusionen, Aufkäufe oder Aktienrückkäufe weiter geschwächt, Arbeitsplätze werden zerstört und Profite durch Finanzmanipulationen erhöht.

Die Vorsitzende der Federal Reserve Janet Yellen hatte Anfang des Monats in einer Rede erklärt, das Produktivwachstum sei „niedrig“, weil Unternehmer und Manager nicht in Produktionsanlagen investierten. Stattdessen würden Unternehmen „große Geldbeträge in ihren Bilanzen halten.“

Der Chefökonom der Bank of England, Andy Haldane, erklärte letzte Woche, der Hauptgrund, warum das weltweite Wachstum bisher unterdurchschnittlich war, sei, dass „bestimmte Unternehmen nicht genug investieren.“ Er nannte Zahlen, die zeigen, dass in den 1970ern nur zehn Prozent der Profite von Unternehmen an Aktionäre verteilt wurden, während diese Zahl heute bei 60 bis 70 Prozent liegt. Er erklärte, die Unternehmen würden sich „praktisch selbst auffressen.“

Mit anderen Worten, die Produktivkräfte und Reichtümer, die Milliarden von Arbeitern auf der ganzen Welt geschaffen haben, werden von der unstillbaren Profitgier der Finanzoligarchie zerstört, welche die Weltwirtschaft dominiert.

Diese Zerstörungswut ist nicht das Ergebnis einer bestimmten Geisteshaltung von Vorstandschefs und Managern. Sie ist das Ergebnis des unablässigen Drucks, den die Geldberge auf den Finanzmärkten ausüben, immer höhere Gewinnraten zu schaffen. Das ist einer der wichtigsten Faktoren hinter der Entscheidung von Anglo American. In einem Bericht von Reuters, der vor der jüngsten Ankündigung von Stellenabbau veröffentlicht wurde, hieß es, „Investoren“ seien besorgt, dass die Sanierungsversuche des Unternehmens - d.h. der Verkauf produktiver Vermögenswerte - „an Fahrt verliert“ und „einige Aktionäre langsam die Geduld verlieren.“ Das Ergebnis der Ungeduld der Finanzoligarchen war die Ankündigung vom Freitag.

Der Zusammenbruch der Rohstoffpreise hat den Mythos zerstört, China und andere Schwellenmärkte könnten eine neue Plattform für globales Wirtschaftswachstum schaffen, wie es nach der Finanzkrise eifrig behauptet wurde. Wie zur Bestätigung des Bankrotts dieser Vorstellung hatte China nur einen Tag vor der Ankündigung von Anglo American Zahlen veröffentlicht, die zeigen, dass die Industrieproduktion dort so niedrig ist wie zuletzt vor einem Jahr.

Einer der zentralen ideologischen Leitsätze der Verteidiger des Profitsystems ist, dass es nur durch die „Magie des Marktes“ möglich sei, den rationellen Einsatz der internationalen Produktivkräfte zu organisieren.

Die Entscheidung von Anglo American widerlegt diese Behauptung endgültig und enthüllt, dass der Markt in Wirklichkeit als globale Abrissbirne fungiert.

Auf dem Höhepunkt des Rohstoffbooms, der von der Entscheidung der chinesischen Regierung ausgelöst wurde, ein Konjunkturpaket in Höhe von 500 Milliarden Dollar aufzulegen und ihre Kredite auf ein Maß auszuweiten, das dem gesamten amerikanischen Finanzsystem entspricht, hatte Anglo American beschlossen, massiv in seine brasilianische Niederlassung zu investieren, in der Annahme, die Rohstoffpreise würden immer weiter steigen. Jetzt ist diese Spekulationsblase geplatzt und die weltweite Montanindustrie ist in eine Überproduktionskrise gerutscht, weil sich der Boom fast über Nacht in eine Rezession verwandelt hat.

Statt die Produktion rational zu organisieren, wird die Industrie auseinandergerissen und zehntausende von Arbeitsplätzen zerstört. Im Kampf jeder gegen jeden steigern große Produzenten wie BHP Billiton und Rio Tinto ihre Produktion, um Produzenten mit höheren Kosten, wie Anglo American, vom Markt zu vertreiben.

Die National Union of Mineworkers in Südafrika veröffentlichte eine Stellungnahme, die die Situation der Arbeiterklasse zusammenfasste. Darin hieß es, Lonmins Entscheidung zum Arbeitsplatzabbau sei ein „Blutbad“.

Dieser Begriff ist nicht nur ein metaphorischer. Im August 2012 beteiligte sich die gleiche Gewerkschaft direkt an dem brutalen Vorgehen der Polizei, das von dem Unternehmen und dem herrschenden Afrikanischen Nationalkongress organisiert wurde. Während eines Streiks für höhere Löhne wurden mindestens 34 Bergarbeiter erschossen. In Südafrika und dem Rest der Welt werden weitere, ähnlich brutale Maßnahmen angewandt werden, um den Abbau von Arbeitsplätzen durchzusetzen, und die Gewerkschaftsbürokratie wird sie uneingeschränkt unterstützen.

Allerdings ist die Krise der Montanindustrie nur ein Synonym dafür, womit die Arbeiterklasse in allen Branchen weltweit konfrontiert ist, weil die Finanz- und Industrieeliten in ihrem unablässigen Profitstreben Sozialabbau durchsetzen.

Diese zerstörerische Anarchie kann und wird sich nicht durch irgendwelche „Reformen“ verringern. Sie muss beendet werden durch den gemeinsamen globalen Kampf der Arbeiterklasse für ein internationales sozialistisches Programm auf der Grundlage der Enteignung der Großindustrie und der Finanzkonzerne als Vorbedingung für die Einführung einer Planwirtschaft auf der Grundlage menschlicher Bedürfnisse.

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