Perspektive

Der politische Bankrott von Syrizas Linker Plattform

Am Donnerstag erhielt der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras vom Zentralkomitee seiner Partei Syriza (Koalition der Radikalen Linken) grünes Licht, um mit der Europäischen Union über weitere Sparmaßnahmen zu verhandeln. Das ZK vertagte die Diskussion über ein Rettungspaket der Eurozone für Griechenland in Höhe von 86 Milliarden Euro auf einen Parteikongress im September, nachdem die Verhandlungen über das Rettungspaket schon abgeschlossen sein müssen.

Die Entscheidung des Zentralkomitees entlarvt den Bankrott von Kräften wie der Linken Plattform von Syriza, die versuchen, die Bevölkerung trotz ihrer tiefen Unzufriedenheit in der politischen Zwangsjacke einer Unterstützung für Syriza gefangen zu halten. Am 13. Juli erklärte sich Tsipras bereit, weitere Kürzungen in Milliardenhöhe durchzusetzen und setzte sich damit über das eindeutige „Nein“ bei dem Referendum über den Sparkurs am 5. Juli hinweg. Eine Mehrheit der Syriza-Abgeordneten stimmte für die Kürzungen. Trotzdem hält die Linke Plattform weiter an der Illusion fest, die Politik Syrizas ändern zu können.

Diese Gruppierung von Zynikern und Doppelzünglern hat es auf sich genommen, Syrizas diverse politische Manöver als Beweis darzustellen, dass die Partei den Sparkurs ablehnt. Eines dieser Manöver war ein Brief vom 15. Juli, der von 109 der 201 Mitglieder des Zentralkomitees von Syriza unterzeichnet wurde. Darin wurde Tsipras' Austeritätsabkommen mit der EU als „Putsch“ gegen Griechenland bezeichnet.

Das Zentralkomitee stimmte nicht einmal über den Vorschlag ab, die Diskussion über das Rettungspaket der EU zu verschieben, geschweige denn über das Rettungspaket selbst. Es entschied sich für den feigen Ausweg, jede Abstimmung zu vermeiden, die das Zentralkomitee und die Linke Plattform dazu gezwungen hätte, formell Stellung für oder gegen den Sparkurs der Regierung zu beziehen. Die Linke Plattform war angeblich federführend dafür verantwortlich, eine namentliche Abstimmung zu verhindern.

Das Treffen des Zentralkomitees hat wieder einmal gezeigt, wie tief die Klassenkluft zwischen der breiten Masse der arbeitenden Bevölkerung in Griechenland und den angeblich linken bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kräften in der Linken Plattform ist. Das „Nein“ am 5. Juli war ein unmissverständliches Signal, dass die griechische Arbeiterklasse bereit war, gegen den Sparkurs zu kämpfen.

Das wichtigste Hindernis für die Arbeiterklasse in Griechenland und weltweit ist die Krise der politischen Führung. Selbst nachdem Tsipras das Ergebnis des Referendums ignoriert und einem von Berlin diktierten Sparkurs zugestimmt hatte, der noch drakonischer ist als diejenigen, die von früheren Regierungen angenommen wurden, versuchte keine Partei, die Arbeiterklasse gegen die Syriza-Regierung, die EU und die Banken zu mobilisieren.

Die Linke Plattform tat alles, den Widerstand der Bevölkerung zu demobilisieren und Arbeiter und Jugendliche daran zu hindern, Lehren aus dem Verrat von Syriza zu ziehen. Sie wollte die Entstehung einer politisch unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse verhindern.

Ein Interview im Jacobin-Magazin vom 14. Juli mit dem führenden Mitglied der Linken Plattform Stathis Kouvelakis unter dem Titel „Griechenland: Der Kampf geht weiter“ verdeutlicht die betrügerische Rolle der angeblichen „Linken“ in Syriza.

Kouvelakis leugnete, dass Tsipras' seine Versprechen an die griechische Bevölkerung gebrochen habe, keine neuen Sparmaßnahmen durchzusetzen. Er erklärte: „Ich glaube, das Wort 'Verrat' ist unpassend, wenn wir verstehen wollen, was passiert ist. Der Begriff Verrat bedeutet, dass man sich irgendwann bewusst entscheidet, seine eigenen Versprechungen zu brechen.“

Das ist eine absurde Verfälschung. Tsipras hatte im Vorfeld der Wahl im Januar vor Menschenmassen versprochen, das Austeritätsmemorandum der EU aufzukündigen. Doch alles, was er in seiner Amtszeit getan hat, von dem Beschluss am 20. Februar, das Memorandum zu verlängern, bis zu seiner Zustimmung zu neuen Verhandlungen über ein Rettungspaket der EU als Gegenleistung für neue, noch tiefere Sozialkürzungen, ist eine Aneinanderreihung von gebrochenen Versprechen gegenüber der griechischen Bevölkerung.

Einen Tag nach Kouvelakis' Interview stimmte Syriza im griechischen Parlament für das Sparabkommen, das Tsipras mit der EU ausgehandelt hatte. Seine Äußerungen signalisierten, dass die Linke Plattform nur mit „Nein“ stimmen werde, wenn dies seine Annahme im Parlament und das Überleben der Regierung Tsipras nicht gefährden werde.

Kouvelakis erklärte, die Linke Plattform bereite derzeit eine „differenzierte Abstimmung vor, das heißt, einige müssten dabei statt mit ‚Nein' mit ,anwesend' stimmen.“ Wenn die ganze Linke Plattform mit „Nein“ stimmt, könnte Tsipras seine Mehrheit in der Koalition verlieren und seine Regierung scheitern. Kouvelakis betonte, die Linke Plattform wolle „zeigen, dass es nicht ihre Absicht ist, die Regierung zu stürzen.“

Obwohl Kouvelakis deutlich machte, dass die Linke Plattform die Regierung Tsipras weiterhin unterstützen werde, behauptete er, innerhalb von Syriza wachse der Widerstand gegen den Sparkurs. Er erklärte: „In der letzten Juniwoche war es klar, dass das Abkommen, das mehr oder weniger Gestalt annahm, die interne Prüfung von Syriza und die der öffentlichen Meinung nicht überstehen werde.“ Weiter erklärte er: „Die Führung und Tsipras selbst bekamen von der Partei, und nicht nur von der Linken Plattform, die Botschaft, dass dies nicht akzeptabel sei.“

Kouvelakis' Prognose erwies sich als völlig falsch. Nicht nur, dass die Linke Plattform die Mehrheit von Syriza nicht zum Widerstand gegen den Sparkurs mobilisieren konnte - sie machte sich auch selbst zum Verteidiger von Tsipras' Verhandlungen mit der EU.

Kouvelakis beendete sein Interview mit einem kaum verhohlenen Angriff auf die World Socialist Web Site, die von Anfang an gegen Syriza gekämpft hatte. Sie hatte auf der Grundlage einer marxistischen Analyse gewarnt, dass Syriza eine pro-kapitalistische Partei sei und die EU unterstütze. Deswegen werde sie unweigerlich die Arbeiterklasse angreifen.

Er lehnte die Vorstellung ab, dass „etwas wahr ist, weil es sich bestätigt hat.“ Er fügte hinzu: „Es ist die übliche ,Ich hab es ja gleich gesagt'-Strategie. Aber wenn man dieser Position nicht konkreten untermauern kann, ist man politisch besiegt. Denn wenn man machtlos ist und nicht in der Lage war, seine Position in eine Massenpraxis umzusetzen, wurde man politisch nicht bestätigt.“

Dieses Geschwätz ist mit Sicherheit eines der absurdesten Beispiele für Doppelzüngigkeit. Warnungen, dass Syriza seine Wahlversprechen brechen und sich dem Sparprogramm der EU unterwerfen werde, haben sich angeblich nicht bestätigt, obwohl Syriza genau das getan hat. Warum nicht? Weil die Linke Plattform gemeinsam mit der Syriza-Führung, den anderen bürgerlichen Parteien und den Gewerkschaften die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die EU und die griechische herrschende Klasse verhindert haben, für die die sozialistischen Gegner Syrizas gekämpft haben!

Die Warnungen der WSWS vor Syriza wurden nicht nur eindeutig bestätigt. Der Kurs der WSWS während der Krise in Griechenland ist auch ein Zeugnis für die Stärke des Marxismus und für die Dringlichkeit des revolutionären sozialistischen und internationalistischen Programms, das nur vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale vertreten wird. Die fortschrittlichen Arbeiter und Jugendlichen in Griechenland und ganz Europa werden aus der Erfahrung in Griechenland wichtige Lehren ziehen, die auf den prinzipienfesten und schonungslosen Enthüllungen der pro-kapitalistischen Politik von Syriza und ähnlicher pseudolinken Organisationen durch die WSWS basieren. Diese Lehren werden eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer revolutionären Bewegung der griechischen und europäischen Arbeiterklasse spielen.

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