Perspektive

Chinesische Abwertung verstärkt globale Instabilität

Der überraschende Schritt der chinesischen Regierung am Dienstag, ihre Währung, den Renminbi (auch als Yuan bekannt), um zwei Prozent abzuwerten, hat die globalen Finanzmärkte erschüttert. Das hat weniger mit den unmittelbaren Auswirkungen der Entscheidung zu tun, als damit, was sie über den Zustand der chinesischen Wirtschaft und die Stabilität des Weltkapitalismus insgesamt aussagt.

Der Schritt war die größte Wertveränderung der chinesischen Währung an einem Tag, seit China die enge Bindung seiner Währung an den Dollar vor zehn Jahren aufgehoben hat und zu einem kontrollierten Floaten übergegangen war. Vor diesem Dienstag war die stärkste Schwankung in diesem Jahr eine Anpassung um 0,16 Prozent gewesen.

Die Abwertung war eine Reaktion auf Wirtschaftsdaten, in denen die zunehmenden Probleme der chinesischen Wirtschaft deutlich wurden. Die Exporte, die schon das ganze Jahr über zurückgegangen waren, fielen auch im Juli wieder, und zwar um 8,3 Prozent. Auch die Importe gingen im Juli gegenüber dem Vorjahr um 8,1 Prozent, im Juni um 6,1 Prozent zurück. Das weist auf eine verringerte Nachfrage der chinesischen Industrie nach Rohstoffen hin.

Das offizielle Wirtschaftswachstum von 7,0 Prozent entsprach zwar in etwa der Zielvorstellung der Regierung, aber die meisten Analysten gehen davon aus, dass das reale Wachstum eher bei vier Prozent liegt. Die offiziell behaupteten sieben Prozent sind selbst ein Sechs-Jahres-Tief.

Die Entscheidung vom Dienstag ist deshalb so bedeutend, weil die chinesischen Behörden weder in der Asienkrise von 1997-1998, noch im Finanzkollaps vom September 2008, nach dem Bankrott von Lehman Brothers, die Währung abgewertet hatten.

Vor sieben Jahren reagierte Peking mit einem riesigen Konjunkturprogramm und der Ausweitung von Kreditmöglichkeiten, um die chinesische Wirtschaft in Gang zu halten. Der geschätzte Umfang dieses Kreditprogramms reichte beinahe an das gesamte amerikanische Finanzsystem heran. Damit war die Hoffnung verbunden, dass die Volkswirtschaften der großen kapitalistischen Länder, Chinas wichtigste Exportmärkte, nach einem scharfen Abschwung wieder auf den Pfad eines starken Wachstums zurückkehren würden.

Aber die Krise von 2008 war nicht einfach ein konjunktureller Abschwung, sondern der Beginn eines systemischen Zusammenbruchs. Er warf die Perspektive der chinesischen Regierung aus der Bahn. Die Produktion in Europa hat auch heute noch das Niveau von 2007 nicht wieder erreicht, während die Wachstumsraten Japans und der Vereinigten Staaten in einem historischen Tief verharren. Im April schrieb der Internationale Währungsfond, dass Wachstumsraten wie vor 2008 nicht mehr zu erwarten seien.

China ist hart getroffen. Seine Exporte nach Europa liegen im Vorjahresvergleich um zwölf Prozent niedriger, und Richtung Japan sind es zehn Prozent weniger.

In der offiziellen Erklärung der chinesischen Volksbank wurde Wert auf den Hinweis gelegt, dass sie nicht an einem globalen Währungskrieg interessiert sei, obwohl schon mehrere Länder ihre Währungen abgewertet haben, um ihre Exportchancen zu verbessern. Die Volksbank Chinas erklärte, die Maßnahme sei eine einmalige Entscheidung, um den Wechselkurs an die „Marktlage“ anzupassen, nachdem die Währung im vergangenen Jahr um zehn Prozent an Wert zugelegt habe.

Die Reaktion in den Vereinigten Staaten ist recht verhalten. Der Grund mag die Sorge darüber sein, was die chinesische Initiative über den Zustand der globalen Wirtschaft insgesamt aussagt.

Der führende Demokratische Senator Charles Schumer aus New York wütete zwar gegen den chinesischen Schritt und erklärte, sie zeige einmal mehr, warum eine Entscheidung, den Renminbi zur globalen Reservewährung zu machen, gleichbedeutend damit wäre, „den Fuchs zum Chef im Hühnerstall zu machen“. Das US-Finanzministerium jedoch äußerte sich wesentlich vorsichtiger.

In seiner offiziellen Erklärung stellte das Ministerium fest: „China hat deutlich gemacht, dass die heute bekannt gegebenen Veränderungen ein weiterer Schritt in Richtung eines marktgerechten Wechselkurses sind.“ Das entspreche der amerikanischen Politik. Danach heißt es, das US-Ministerium werde „die Umsetzung dieser Veränderungen genau beobachten“, worauf die Warnung folgt: „Eine Umkehr von Reformschritten wäre eine beunruhigende Entwicklung.“

An den Börsen und Rohstoffmärkten war die Befürchtung spürbar, die chinesische Maßnahme könnte ein Anzeichen für eine Abwärtsspirale der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sein. In den USA sackte der Dow Jones Index um 212 Punkte ab, nachdem zuvor schon in Europa und Asien eine scharfe Abwärtsbewegung zu beobachten war. Industrielle Rohstoffe erlitten weitere Preisabschläge.

Kupfer, das als Indikator für globale Wirtschaftsaktivität gilt, fiel um vier Prozent auf ein neues Sechs-Jahres-Tief, und der Preis der maßgeblichen Rohölsorte Brent rutschte unter fünfzig Dollar pro Fass. Die Aktien das Eisenerzförderers BHP Billiton fielen um fünf Prozent. Die Aktien des Rohstoffkonglomerats Glencore stürzten um 7,3 Prozent auf ein Rekordtief ab.

Die Marktreaktionen widerspiegeln die Befürchtung, dass Chinas Währungsschritt auf eine verstärkte Tendenzen zur Rezession in der globalen Wirtschaft hinweist.

Unmittelbar nach der globalen Finanzkrise von 2008 wurde die Theorie verbreitet, China könne die neue Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft werden. Diese Illusion platzte schon vor geraumer Zeit. An ihre Stelle sind wachsende Befürchtungen getreten, dass ein Ende des chinesischen Investitions- und Immobilienbooms globale Konsequenzen haben könnte, besonders für die aufstrebenden Märkte, die stark von der chinesischen Wirtschaft abhängig sind.

Die chinesische Regierung und die Finanzbehörden haben sich in Zusammenarbeit mit der Weltbank verzweifelt bemüht, durch die Öffnung des Finanzsystems für Marktmechanismen ein neues Wirtschaftswachstum zu begründen.

Das stand hinter der Entscheidung vom vergangenen Jahr, Teile der Mittelschichten zu ermutigen, dass sie stark in Aktien investieren sollten. Aber dieser Kurs führte direkt in die Beinahe-Katastrophe. Als die Finanzbehörden im Juni versuchten, die von der Regierung verursachte Aktienblase unter Kontrolle zu bringen, provozierte sie einen Marktkollaps, der eine große Intervention mit dem Einsatz von Hunderten Milliarden Dollar und des Aussetzen des Handels mit hunderten Aktientiteln erforderte.

Das chinesische Oligarchenregime der Superreichen, repräsentiert von der Kommunistischen Partei, lebt in ständiger Furcht, dass eine Wirtschaftskrise zu sozialen Massenerhebungen und großen Klassenkämpfen führen könnte, die ihre Legitimität in Frage stellen und ihre Macht bedrohen würde.

Die Abwertung weist auf grundlegende Widersprüche hin, die über das chinesische Regime hinausgehen. Die herrschenden Wirtschafts- und Finanzeliten sind nicht in der Lage, eine Politik zu entwickeln, die Wirtschaftsstabilität, geschweige denn dauerhaftes Wachstum wiederherstellt. Die Financial Times schrieb über die Währungsaktion, es sei unwahrscheinlich, dass China „ein Interesse daran hat, Scharmützel mit seinen Handelspartnern zu einem umfassenden Wirtschaftskrieg auswachsen zu lassen“. Allerdings fuhr das Blatt fort: „Absichten sind eine Sache, die Folgen eine andere.“

Die internationale Wirtschaft ist enger verflochten denn je, was eine bewusste globale Lenkung und Kontrolle erfordert. Aber die kapitalistischen herrschenden Klassen sind im Nationalstaat verankert. Bei wachsenden Konflikten untereinander versuchen sie ihre jeweils eigenen Interessen zu vertreten – umso härter, je größer die wirtschaftliche Stagnation und der Zusammenbruch ausfallen.

In der Entscheidung der chinesischen Führung, ihre Währung abzuwerten, drücken sich Krisen und Widersprüche der globalen Wirtschaft aus. Sie können nur durch eine gesellschaftliche Kraft gelöst werden, die ihrer Natur nach international ist und über das veraltete Nationalstaatensystem hinausweist. Diese Kraft ist die Weltarbeiterklasse, die für den Sturz des Kapitalismus und die Errichtung des Sozialismus kämpft.

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