Australien: Studentenvertretung an der Universität Melbourne untersagt erneut die Gründung einer IYSSE-Gruppe

Das Clubs and Societies Committee (C&SC) der Studentenvertretung an der Universität Melbourne hat am 18. August zum dritten Mal den Antrag der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), der Jugendbewegung der Socialist Equality Party (SEP) abgelehnt, eine Studentengruppe (Club) an der Universität zu gründen. Die Begründung des C&SC ist sehr entlarvend.

Weil die IYSSE in einen offenem Brief im April die Ablehnung ihres Antrags unter den Studenten bekanntmachte, sei jede Möglichkeit einer „guten Zusammenarbeit“ mit dem C&SC-Komitee zerstört und deshalb müsse ihr Antrag erneut abgelehnt werden, behaupten die Studentenvertreter.

Die Mitglieder des C&SC sind empört, dass die IYSSE das Betätigungsverbot nicht stillschweigend hinnahm, sondern vom Komitee verlangte, dass es den Studenten, die es nominell vertritt, darüber Rechenschaft ablegt.

Das C&S-Komitee besteht aus zwei Amtsträgern, Stephen Smith und Claire Pollock, die Ende 2014 gewählt wurden, sowie aus sieben Studenten, die Vertreter von an der Universität anerkannten Clubs sind.

Mit ihrer Strafaktion gegen die IYSSE schafft das C&SC einen Präzedenzfall von weitreichender Bedeutung. Die Botschaft ist eindeutig: Studenten, die die Entscheidungen des Komitees öffentlich in Frage stellen oder gar zum Gegenstand einer öffentlichen Diskussion machen, werden zur Zielscheibe von Angriffen und dürfen an der Universität keine eigenen Clubs gründen.

Das C&SC hat vor allem den 56 Studenten, die die Gründung der IYSSE mit ihrer Unterschrift unterstützt haben, indirekt gedroht, dass die Ablehnung des Antrags der IYSSE zeitlich unbegrenzt Bestand haben werde, falls sie nicht Ruhe gäben.

Mit seinem antidemokratischen Verhalten setzt das Komitee seine politisch motivierten Bestrebungen der letzten 18 Monate fort, die Gründung eines IYSSE-Clubs zu verhindern.

Zum ersten Mal lehnte das C&SC den Antrag der IYSSE im April 2014 mit der lächerlichen Begründung ab, der Name würde die Ziele der Gruppe „nicht erkennen lassen“, die sich mit denen des Studentenclubs der pseudolinken Organisation Socialist Alternative „überlappen“ würden.

Die IYSSE widersprach beiden Behauptungen in einer am 28. April veröffentlichten Erklärung. Zur ersten Behauptung schrieb sie: „Der Kampf für den Internationalismus und für soziale Gleichheit, beides im Namen IYSSE enthalten, steht seit über 160 Jahren im Zentrum der sozialistischen Bewegung. Und zur zweiten Behauptung: „Die Ziele der IYSSE überlappen sich nicht mit denen von Socialist Alternative, die offen gegen das Programm und die Prinzipien des Trotzkismus auftritt, für den das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) kämpft.“ Die Erklärung zeigte auf, dass die Socialist Altenative den Krieg des amerikanischen und australischen Imperialismus gegen Syrien, den faschistischen Putsch in der Ukraine und die Kriegsvorbereitungen gegen China unterstützt. Sie griff die Socialist Alternative an, weil sie die Gewerkschaften verteidigt, die in erster Linie die Rolle einer Betriebspolizei spielen, um im Interesse von Kapital und Regierung jeden unabhängigen Kampf von Arbeitern und Jugendlichen zur Verteidigung von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen zu unterdrücken.

Im März 2015 lehnte das Komitee den Antrag der IYSSE mit derselben unglaubwürdigen Begründung „überlappender Ziele“ ab. Die IYSSE macht daraufhin in einem Offenen Brief die eklatante politische Zensur durch das Komitee bekannt und organisierte Widerstand dagegen.

In dem Brief heißt es: „Die Auffassung, dass das C&SC-Komitee, oder irgendein anderes Gremium, darüber bestimmen kann, welche Studentenclubs gegründet oder nicht gegründet werden dürfen, richtet sich gegen das grundlegende Recht von Studenten, sich zu organisieren und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrzunehmen. Allen Studenten muss es erlaubt sein, Clubs ihrer Wahl entsprechend ihren Interessen kultureller, geistiger, politischer, sportlicher oder wissenschaftlicher Natur zu gründen.

Der Brief betonte, dass das erklärte Ziel der IYSSE „die Ausbildung von Studenten in der Geschichte und den Prinzipien der trotzkistischen Bewegung, des Internationalen Komitees der Vierten Internationale“ sei, während Socialist Alternative „nicht dem IKVI angehört und keine trotzkistische Organisation ist. Ihre Ursprünge gehen auf eine kleinbürgerliche politische Tendenz zurück, die als ‚staatskapitalistisch‘ bekannt ist und 1951 mit der Vierten Internationale brach, weil sie ihre Prinzipien ausdrücklich zurückwies.

Der Brief ging noch erneut auf die grundlegenden politischen Differenzen zwischen der IYSSE und Socialist Alternative ein und deckte auf, dass die Behauptungen, mit denen das Komitee die Ablehnung des Antrags begründet hatte, falsch und gengstandslos waren. In einem wirklich entlarvenden Kommentar kurz vor der Bekanntgabe der Entscheidung des C&SC sagte Stephen Smith, die IYSSE hätte die frühere Entscheidung des Komitees nicht als „undemokratisch“ bezeichnen sollen, da die „Mitglieder des Komitees gewählt werden“, und jede Kritik an ihrem Verhalten oder dessen öffentliche Bekanntmachung „das System studentischer Vertretung untergraben“ würde.

Das Komitee maßt sich damit, dass es sich für nicht rechenschaftspflichtig erklärt, das Recht an, seine Entscheidungen völlig ohne Rücksichtnahme auf die demokratischen Rechte der Studenten zu treffen, die es angeblich repräsentiert.

Der große Einfluss solcher Auffassungen in der wichtigsten studentischen Körperschaft an der Universität Melbourne – die zweitälteste und eine der angesehensten Universitäten im Land – muss als Ausdruck grundlegenderer ökonomischer und politischer Prozesse auf nationaler wie internationaler Ebene verstanden werden.

Wie sonst sollte man erklären, dass Universitätsgremien, führende Vertreter studentischer Fachschaften und Stadträte im ganzen Land systematisch unsere Aktivitäten behindert haben, z. B an der Griffith University in Brisbane, der University of Newcastle, der University of Western Sydney und der University of Sydney?

Im Lauf der letzten eineinhalb Jahrzehnte hat die herrschende Elite Australiens und ihr politisches Establishment, auch die Labour Party, die Grünen und die pseudolinken Organisationen, immer deutlicher jedes Engagement für demokratische Grundsätze und Rechte aufgegeben. In den letzten beiden Jahren hat sich dieser Prozess dramatisch beschleunigt.

Seit 2001 haben von Labor oder den Liberalen geführte Regierungen im Zeichen des allumfassenden „Kriegs gegen den Terror“ den rechtlichen Rahmen eines Polizeistaats geschaffen und die Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten massiv gestärkt, während sie gleichzeitig demokratische Grundrechte abgeschafft haben. Australische Geheimdienste und Militärbasen wie Pine Gap wurden vollständig in das weltweite Spionagenetz der NSA integriert, das der Whistleblower und frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden aufgedeckt hat.

Insbesondere seit 2013 haben die Abbott-Regierung und die oppositionelle Labor Party unter Bill Shorten eine ganze Reihe von Gesetzen verabschiedet. Sie haben die Macht der Nachrichtendienste gestärkt, und gleichzeitig durch reißerische Berichterstattung über polizeiliche „Anti-Terror“-Razzien und die Verteufelung von Asylsuchenden eine Atmosphäre der Bedrohung und antimuslimischer Fremdenfeindlichkeit geschürt. Diese Rechtsentwicklung zeigt sich deutlich im Vorgehen der Regierung gegen Flüchtlinge; dabei werden auch Asylsuchende systematisch und gesetzeswidrig erfasst, und nach Nauru, Papua Neuguinea und Kambodscha deportiert und dort interniert.

Diese Angriffe finden vor dem Hintergrund des weltweiten Ausbruchs von Militarismus statt, angeführt von den USA und unterstützt von Australien. Washington hat in den vergangenen vier Jahren, getrieben von der Wirtschaftskrise des amerikanischen und Weltkapitalismus, Kriege gegen Libyen, Jemen und den Irak vom Zaun gebrochen, seine auf Regimewechsel ausgerichteten Operationen gegen den von Russland unterstützten syrischen Präsidenten Bashar al-Assad ausgedehnt, dem Iran mit Krieg gedroht, die militärischen Spannungen mit Russland eskaliert und, als Bestandteil seiner „Konzentration auf Asien“, die Kriegsvorbereitungen gegen China vorangetrieben. Australien gehört bei allen Operationen Washingtons im Nahen Osten und bei den Kriegsvorbereitungen gegen China zu Washingtons wichtigsten Bündnispartnern.

Das Schüren von Nationalismus und Militarismus im Innern bildet die Begleitmusik zu diesem Kriegskurs. Die Verherrlichung von Krieg mittels der offiziellen Feiern zum Ersten Weltkrieg, die die tiefsitzenden Antikriegsstimmungen in der australischen Arbeiterklasse und Jugend überwinden sollen, ist Bestandteil davon. Deshalb ist die Unterdrückung von kritischen, gegen den Krieg gerichteten Stimmen für die herrschende Elite von entscheidender Bedeutung.

Die Angriffe auf die IYSSE sollen die einzige studentische Organisation zum Schweigen bringen, die gegen die Kriegsvorbereitungen gegen China und die amerikanischen militärischen Machenschaften international Stellung bezieht und versucht, Studenten für den Kampf für die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die damit einhergehenden Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne, Bildung, Gesundheitswesen, Sozialleistungen und andere soziale Rechte zu gewinnen. Krieg nach außen und Sparpolitik nach innen lassen sich letztlich nicht mit demokratischen Rechten vereinbaren.

Auch die massiven Versuche des C&S-Komitees der Universität Melbourne werden die IYSSE nicht einschüchtern und zum Schweigen bringen. Wir werden unsere Kampagne zur Verteidigung unserer demokratischen Rechte und der aller Studenten fortsetzen. Wir stehen ein für Meinungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit an der Universität. Dazu gehört das Recht aller Studenten, Clubs ihrer Wahl zu gründen und Räume der Universität für ihre Treffen und Aktivitäten zu nutzen.

Wir appellieren an alle Studenten, die anhaltenden Angriffe auf die demokratischen Rechte der IYSSE zurückzuweisen und die sofortige Einstellung aller Willkürmaßnahmen gegen ihre Anerkennung als Studentenclub zu fordern. Wir rufen alle Studenten und Vertreter anderer Studentengruppen an der Universität auf, Protestbriefe an Student Union der University of Melbourne zu richten, die die Aufhebung des Verbots gegen die IYSSE fordern. Studenten sollten im Sinne des grundlegenden demokratischen Prinzips auf völliger Meinungsfreiheit an der Universität bestehen, ohne Repressalien vonseiten der Universität oder Gremien der Studentenvertretung befürchten zu müssen.

Vor allem appellieren wir an die Studenten, die gegen Krieg, soziale Ungleichheit und die ununterborchenen Angriffe auf demokratische Rechte kämpfen wollen, sich der IYSSE anzuschließen.

Richtet Protestbriefe an Stephen Smith und Claire Pollock, UMSU Clubs & Societies Committee officers unter clubs@union.unimelb.edu.au, und an Hana Dalton, General Secretary of UMSU, unter secretary@union.unimelb.edu.au

Bitte schickt eine Kopie an die IYSSE unter iysseaus@gmail.com. Die World Socialist Web Site wird eine Auswahl der Briefe veröffentlichen.

Loading