Perspektive

Der Weg vorwärts im Kampf gegen die Sparmaßnahmen in Griechenland

Die Teilnahme von Hunderttausenden am gestrigen eintägigen Generalstreik gegen die Austeritätspolitik in Griechenland ist ein Signal, dass die Arbeiterklasse gegen die Europäische Union (EU) und die Syriza-Regierung kämpfen will.

Nach dem Verrat Syrizas an ihren Wahlversprechen vom Januar und der Missachtung des überwältigenden „Nein“ beim Referendum gegen Austerität am 5. Juli nimmt die Opposition zu. Seeleute, Hafenarbeiter, Eisenbahn- und U-Bahnfahrer, Beschäftigte der Krankenhäuser und Lehrer folgten dem Streikaufruf. Schüler und Studenten veranstalteten ebenfalls in vielen Städten große Demonstrationen gegen Syrizas geplante Sozialkürzungen.

Syriza stellte sich absurderweise als Unterstützer des Streiks gegen ihre eigene Politik hin. Sie ist seit langer Zeit eng mit den Gewerkschaften verbunden, die zu dem Streik aufgerufen haben.

„Die Forderungen der Arbeiter und die Mobilisierung der Arbeiterklasse im Allgemeinen werden besonders wichtig. Sie sollten sich gegen die neoliberale Politik und die Erpressung vonseiten der wirtschaftlichen und politischen Zentren innerhalb und außerhalb Griechenlands richten“, erklärte Syrizas Arbeitsministerium. „Der Kampf gegen die extrem neoliberale Politik, die sich gegen unsere Bevölkerung richtet, wird umso intensiver fortgesetzt.“ Das Ministerium versprach, für „Wohnungen, für gute Löhne und Renten, Gesundheitsversorgung und Bildung für alle“ zu kämpfen.

Welch ein Betrug! Syriza und die EU greifen gemeinsam die grundlegenden sozialen Rechte der Arbeiterklasse an, die im 20. Jahrhundert erkämpft wurden. Eine allgemeine Krankenversorgung existiert in Griechenland nicht mehr, und Syriza droht mit der Massenräumung von Wohnungen, wenn die Hypothekenraten nicht mehr gezahlt werden können. Die Renten sollen auf erbärmliche 392 Euro im Moment gekürzt und neue Sparmaßnahmen in der Bildung durchgesetzt werden.

Jeder Tag bringt neue Beweise, dass Syriza ein gnadenloser Feind der Arbeiterklasse ist. Sie hatte erklärt, als eine Partei der „radikalen Linken“ werde sie nie die Polizei gegen die Bevölkerung einsetzen. Am Mittwoch aber schickte sie die Polizei gegen Arbeiter, die bei dem Recycling-Unternehmen Spider General in Giannena gegen Entlassungen und Lohnkürzungen streikten, und ließ sie festnehmen. Am Donnerstag befahl sie der Polizei, die Plätze in Athen von Demonstranten zu räumen, die auf Transparenten „Nein zu alten und neuen Austeritätsmemoranden“ forderten.

Der Aufschwung sozialer Kämpfe gegen Syriza stellt mit umso größerer Dringlichkeit die Frage einer umfassenden politischen und strategischen Neuorientierung der Arbeiterklasse. Die Bilanz der Syriza-Regierung ist eine deutliche Warnung, dass Formen der gesellschaftlichen Mobilisierung wie der eintägige Generalstreik am Donnerstag gescheitert sind.

Seit dem Beginn der Austeritäts-Offensive der EU vor fünf Jahren haben die griechischen Arbeiter nicht weniger als 41 nationale eintägige Streiks durchgeführt, um die Regierungen unter Druck zu setzen, eine arbeiterfreundliche Politik zu machen. Diese Streiks hatten keinen Einfluss auf die Austeritätspolitik der Regierungen aus Pasok, Nea Dimokratia und Syriza. Alle zusammen haben die größten Angriffe auf den Lebensstandard der griechischen Arbeiter seit der Nazi-Besatzung im Zweiten Weltkrieg durchgesetzt.

Nach der Erfahrung mit der Syriza-Regierung ist immer mehr Menschen klar geworden, dass die Parteien, die die Gewerkschaften kontrollieren, die Austeritätspolitik unterstützen – sowohl die sozialdemokratische Pasok, als auch die selbsterklärt „radikale“ Partei Syriza. Sie fesseln die Arbeiterklasse an den todgeweihten griechischen Kapitalismus, der unter seiner Schuldenlast ächzt. Er ist völlig unfähig, neue Arbeitsplätze für Millionen Arbeitslose zu schaffen und ist an seine Verpflichtungen gegenüber dem Euro, der EU und der NATO gebunden.

In der nächsten Woche wird das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) eine detaillierte Erklärung mit dem Titel „Die Politischen Lehren aus dem Verrat von Syriza in Griechenland“ veröffentlichen. Sie soll der Arbeiterklasse, der Jugend und sozialistisch orientierten Intellektuellen einen Weg vorwärts zeigen, um gegen das reaktionäre politische Establishment zu kämpfen.

Die Erklärung untersucht die griechische Schuldenkrise und weist Syrizas Argumente zur Verteidigung ihrer Politik zurück. Sie erklärt die historische und politische Bedeutung der Enthüllung Syrizas als einer reaktionären, arbeiterfeindlichen Partei. Die Arbeiterklasse kann sich nicht gegen die beispiellose kapitalistische Krise und die brutalen Angriffe der gesamten herrschenden Klasse verteidigen, indem sie „linke“ kapitalistische Regierungen wählt.

Die Erklärung erinnert die Arbeiterklasse daran, warum die russischen Arbeiter im Oktober 1917 gezwungen waren, den Kapitalismus mit einer Revolution zu stürzen, die von der bolschewistischen Partei Lenins und Trotzkis geführt wurde. Es gibt keinen Weg vorwärts außer einer Revolution. Diese erfordert einen Angriff auf die Kapitalistenklasse, die Beschlagnahmung ihres Reichtums, die Enteignung der Banken und der großen Industrie durch die Arbeiterklasse sowie die Schaffung von Arbeiterstaaten, die in ganz Europa und weltweit sozialistische Politik durchführen.

Das Dokument erklärt auch die politische und historische Grundlage, auf der in Griechenland und international Parteien aufgebaut werden müssen, die die revolutionären Kämpfe der Arbeiterklasse führen können. Es analysiert den Klassengraben, der die trotzkistische Kritik des IKVI an Syriza von den Rechtfertigungen der gesamten internationalen Bruderschaft kleinbürgerlicher Parteien und anti-marxistischer Akademiker trennt, die mit Syriza sympathisieren.

Diese politischen Kräfte bejubelten Syriza. Sie sagten zunächst völlig falsch voraus, dass Syrizas Wahl ein großer Schritt im Kampf gegen Austerität sein werde und reagierten dann völlig gleichgültig auf ihre Angriffe auf die Arbeiterklasse. Ihre Perspektive wurzelt in ihren privilegierten Klasseninteressen und fand ihren bösartigsten Ausdruck in den irrationalen, „post-marxistischen“ Verkündigungen des verstorbenen Professors Ernesto Laclau. Dessen Theorie, dass die Arbeiterklasse als politische Kraft erledigt sei, übte innerhalb Syrizas enormen Einfluss aus. Heute sind diese Kräfte als politische Reaktionäre entlarvt, als Komplizen Syrizas bei den Angriffen auf die griechische Bevölkerung.

Nur das IKVI wandte sich gegen Syriza und warnte, dass sie die Arbeiterklasse angreifen werde. Dabei stützte es sich auf die Verteidigung der Prinzipien und der historischen Kontinuität des Trotzkismus. Die Erklärung fasst die Analyse des IKVI über die Entwicklung der verschiedenen stalinistischen und kleinbürgerlich-radikalen Fraktionen Syrizas zu pro-kapitalistischen Parteien zusammen. Diese Analysen ermöglichten dem IKVI, in einzigartiger und weitsichtiger Weise vor dem Charakter und der Politik Syrizas zu warnen. Sie sind eine historische Bestätigung des Jahrzehnte langen Kampfes, die revolutionäre Perspektive des Marxismus zu verteidigen.

Auf der Grundlage dieses Erbes kämpft das IKVI dafür, in Griechenland und weltweit neue Parteien aufzubauen. Wir fordern die Leser der World Socialist Web Site in Griechenland und weltweit dazu auf, die Erklärung zu lesen und zu diskutieren, Lehren aus der Erfahrung mit Syriza zu ziehen und das IKVI als revolutionäre Führung der internationalen Arbeiterklasse aufzubauen.

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