Bundesregierung bereitet militärisches Eingreifen in Syrien vor

Nach den Terroranschlägen in Paris treiben die deutschen Eliten mit atemberaubendem Tempo die außenpolitische Wende weiter voran, die Bundespräsident Gauck und die Bundesregierung vor zwei Jahren verkündet hatten. Am Dienstag gab Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei einem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel bekannt, dass die Bundeswehr einen Kampfeinsatz im westafrikanischen Mali vorbereite. Nun steht auch ein mögliches militärisches Eingreifen Deutschlands in Syrien auf der Tagesordnung.

Laut einem Bericht im aktuellen Spiegel ist „erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Einsatz der Bundeswehr in einem umkämpften Gebiet des Nahen Ostens nicht mehr ausgeschlossen“. Das Kanzleramt gehe davon aus, dass „Deutschland sich beteiligen müsse, wenn der UNO-Sicherheitsrat eine Resolution beschließt“. Auch im Verteidigungsministerium wolle man einen Einsatz der deutschen Armee „nicht mehr ausschließen“ und prüfe, „was sinnvoll ist.“

Während das Nachrichtenmagazin behauptet, es seien „voraussichtlich keine Kampfeinsätze am Boden [und] auch nicht von der Luftwaffe“ geplant, deuten die Aussagen führender Sicherheitspolitiker und Militärs sowie Kommentare in den großen Tageszeitungen darauf hin, dass exakt dies hinter dem Rücken der Bevölkerung diskutiert und vorbereitet wird.

So forderte der CDU-Verteidigungsexperte und Präsident des Reservistenverbandes, Roderich Kiesewetter, die deutsche Luftwaffe zur Aufklärung von IS-Stellungen in Syrien einzusetzen. „Deutschland kann den internationalen Schutztruppen mit dem Einsatz von Aufklärungs-Tornados entscheidend helfen“, erklärte er der Bild-Zeitung und fügte hinzu: „Wir liefern Zieldaten, sie schicken Bomber.“

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung unterstrich der Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, dass die Bundeswehr grundsätzlich zu einem Einsatz gegen den Islamischen Staat (IS) in der Lage sei. „Sollten wir gefragt werden, könnten wir einige Fähigkeiten anbieten“, zitierte ihn das Blatt. „Das fängt mit der Unterstützung anderer an, wie zum Beispiel Lufttransport. Es geht weiter mit Aufklärungskapazitäten in Form von Aufklärungs-Tornados bis hin zu Fähigkeiten zur Bekämpfung von Bodenzielen.“

Der General kann es offenbar kaum erwarten, dass die deutsche Luftwaffe zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder Länder bombardiert, die Deutschland nie angegriffen haben.

„Der in nahezu allen Belangen modernisierte Tornado“ sei „derzeit das Flugzeug der Luftwaffe, das für Luftangriffe eingesetzt werden“ könne. Es stünden „ausreichend Präzisionsbewaffnung zur Verfügung, und die Besatzungen sind entsprechend ausgebildet“. Auch der Eurofighter werde „wahrscheinlich Mitte des nächsten Jahres in der Lage sein, Ziele am Boden zu bekämpfen“. Der „entscheidende Schritt, der hier noch fehlt“ sei „die Zertifizierung einer Software-Modifikation“. Das sei „gerade im Entstehen“. Dann müsse „noch die Bewaffnung kommen“, so Müller, aber die habe das „Parlament bereits gebilligt“.

In den deutschen Medien, die seit den Anschlägen in Paris täglich für Krieg und Staatsaufrüstung trommeln, finden sich mittlerweile Kommentare, deren Aggressivität und Wortwahl an die militaristische Hetzpropaganda der Nazis erinnert.

Rainer Hermann rief am Donnerstag in der Frankfurter Allgemeine Zeitung „zur militärischen Auslöschung des IS“ auf. Dazu könne es „keine Alternative geben, zumal sie [die Auslöschung!] mit konventionellen militärischen Mitteln erfolgen kann – mit Luftstreitkräften und Bodentruppen“.

Der sogenannte „Nahostexperte“ verschwendet nicht einmal einen Gedanken an die fürchterlichen Folgen eines umfassenden Luft- und Bodenkriegs der Westmächte in Syrien und im Irak. Ein solcher Krieg würde mit großer Sicherheit für Hunderttausende weitere Einwohner der Region den sicheren Tod bedeuten und könnte sich zu einer militärischen Konfrontation mit dem Iran und der Atommacht Russland ausweiten, die im syrischen Bürgerkrieg das Assad-Regime unterstützen.

Hermann lamentiert lediglich, der Westen sei (noch) nicht bereit, den von ihm geforderten Vernichtungskrieg zu führen. Obwohl die Stellvertretertruppen „am Boden“ und „auch die Bekämpfung des IS mit westlicher Militärtechnologie aus der Luft“ nicht ausreichten, sei „kein westliches Land [...] bereit, eigene Truppen zu stellen“.

Ein Kommentar im Berliner Tagesspiegel geht noch weiter. Unter dem Titel „Mit aller Macht gegen den Terror“ ruft ein gewisser Frank Jansen ernsthaft zum totalen Krieg gegen den IS und zur dauerhaften militärischen Besatzung des Nahen und Mittleren Ostens auf.

Jansen erklärt, es sei „unausweichlich, dass der Westen auch über die härtestmögliche Maßnahme redet: eine Ausweitung des weitgehend auf Luftschläge beschränkten militärischen Engagements von Amerikanern, Briten, Franzosen und weiteren Verbündeten im Irak und in Syrien – bis hin zum Einsatz von Bodentruppen“. Der Westen müsse „auch mit Infanteristen, Panzern und Artillerie einen ‚kompletten‘ Krieg gegen einer seiner grausamsten Feinde führen“. Dabei könne es „20 Jahre und länger dauern, die Spanne einer ganzen Generation, bis der Schutz westlicher Militärpräsenz abgebaut werden kann, weil sich eine einheimische, halbwegs robuste politische Infrastruktur etabliert hat“.

Das aggressive Kriegsgeschrei aus deutschen Redaktionsstuben muss als Warnung verstanden werden. Die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik führt in eine Katastrophe, wenn die Arbeiterklasse nicht ins politische Geschehen eingreift. Die herrschende Klasse Deutschlands, die vor acht Jahrzehnten Hitler an die Macht brachte, den Zweiten Weltkrieg entfesselte und Millionen ermordete, bereitet sich auf neue Verbrechen vor, um ihre globalen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen zu verteidigen.

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