Verteidigungsministerium gibt Milliarden für Auslandseinsätze aus und bereitet neue Kriege vor

Eine neue Aufstellung des Verteidigungsministeriums, die Spiegel Online vorliegt, listet die Kosten für die Auslandseinsätze der Bundeswehr in den vergangenen 25 Jahren. Ihr zufolge wurden für 55 Einsätze seit dem Jahr 1992 mindestens 17,2 Milliarden Euro ausgegeben.

Mit Abstand am höchsten waren dabei die Ausgaben für die ISAF-Mission in Afghanistan, die von 2001 bis 2014 nahezu neun Milliarden Euro verschlang. Es folgen die Kampfeinsätze in Jugoslawien, wo sich die Bundeswehr zum ersten Mal an einem völkerrechtswidrigen Krieg beteiligt hatte. Die Auflistung nennt für die seit 1999 andauernde KFOR-Mission im Kosovo 3,4 und die Missionen SFOR I und II in Bosnien-Herzegowina und in Kroatien (1996-1998) 1,2 Milliarden Euro.

Die Missionen Enduring Freedom in Kuwait und am Horn von Afrika (2001-2010) und Atalanta (andauernd) werden mit 1,1 bzw. 0,45 Milliarden Euro veranschlagt.

Bereits die offiziell genannte Zahl von 17 Milliarden Euro ist enorm. Zum Vergleich: Das ist mehr Geld als den Bundesministerien für Bildung und Forschung (16,4 Milliarden) oder Gesundheit (14, 5 Milliarden) in einem Jahr zur Verfügung stehen.

In Wirklichkeit ist dies allerdings nur ein Bruchteil der tatsächlichen Summe, die für die Militäreinsätze aufgewendet wurde. Laut Verteidigungsministerium seien die Ausgaben für sieben Missionen „nicht mehr ermittelbar“ gewesen. Bei zwei Einsätzen im ehemaligen Jugoslawien habe sich „zudem nicht einmal die Zahl der eingesetzten Soldaten rekonstruieren“ lassen. „Lücken“ gäbe es auch bei Großeinsätze wie etwa der Mission „Allied Harbour“, bei der 1999 im Kosovo und Mazedonien bis zu 1000 Soldaten im Einsatz waren oder einer OSZE-Mission in Georgien zwischen 2008 und 2009.

Die Zahlen, die das Verteidigungsministerium auf Anforderung der Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Gesine Lötzsch (Linkspartei), veröffentlichte, könnten „aus verschiedensten Gründen nicht immer eindeutig ermittelt werden“, behauptete ein Sprecher des Ministeriums gegenüber Spiegel Online. So sei es angeblich „nicht als erforderlich angesehen worden, die jeweiligen Ausgaben überhaupt gesondert zu erfassen“. Außerdem seien die damals genutzten elektronischen Haushaltsverfahren „heute nahezu vollständig aus der Nutzung genommen“ und ältere Daten oft nicht mehr verfügbar.

Wen will das Verteidigungsministerium für dumm verkaufen? Es ist völlig unglaubwürdig, dass ausgerechnet das Ministerium, das seit Monaten jede Schraube auflistet, die angeblich bei der Ausstattung der Truppe fehlt, keinen genauen Überblick über die horrenden Ausgaben hat, die für die militärischen Abenteuer der Bundeswehr weltweit ausgegeben werden. Vielmehr ist naheliegend, dass das Ministerium die tatsächlichen Ausgaben verheimlicht, da es den Widerstand in der Bevölkerung gegen den unpopulären Kriegs- und Sparkurs der Bundesregierung fürchtet.

In einer aktuellen Veröffentlichung des ehemaligen Befehlshabers des Streitkräfteunterstützungskommandos, Generalleutnant a.D. Ulf von Krause, heißt es bezeichnenderweise zum wachsenden Einsatz des „Militär[s] als Mittel der Außenpolitik“: „Und hier endet die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung, den politischen Eliten zu folgen, die bisher dazu neigten, Einsätze als 'humanitär' zu verbrämen, um dem Vorwurf einer Militarisierung der Außenpolitik auszuweichen.“

Wie wahr! Als die rot-grüne Koalitionsregierung von Gerhard Schröder und Joschka Fischer vor nunmehr 18 Jahren den ersten Kampfeinsatz deutscher Soldaten seit dem Zweiten Weltkrieg auf den Weg brachte und dann im Jahr 2003 mit der Agenda 2010 die tiefsten Sozialeinschnitte in der Geschichte der Bundesrepublik durchsetzte, versuchten das Politik und Medien als Kampf für Menschenrechte und Demokratie und die Sicherung der Zukunft Deutschlands zu verkaufen.

In seiner berüchtigten Regierungserklärung vom 14. März 2003 begründete Schröder die „Härten“ der Agenda-Politik zynisch damit, dass „den Menschen neue Chancen eingeräumt werden, Chancen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und Höchstleistungen zu erbringen.“ In Bezug auf den Irak-Krieg betonte er, „dass wir auf der Logik des Friedens beharrt haben, anstatt in eine Logik des Krieges einzusteigen“.

Von diesen Propagandalügen, die bereits damals die Wut von Arbeitern und Jugendlichen anstachelte und große Protestdemonstrationen auslöste, ist nichts mehr übrig. Wäre Schröder ehrlich gewesen, hätte er damals erklärt: „Wir kürzen euch die Sozialleistungen, Löhne und Renten und Sparen bei Bildung und Gesundheit vor allem deshalb, damit wir die deutsche Armee aufrüsten können und die deutsche Bevölkerung endlich wieder die Möglichkeit bekommt, in 'eine Logik des Krieges einzusteigen' und in weltweiten Kriegseinsätzen 'ihre Fähigkeiten zu entwickeln und Höchstleistungen zu erbringen'“.

Das ist genau das, was in den folgenden Jahren schrittweise passiert ist und jetzt weitergeführt werden soll.

13 Jahre nach Schröders Agenda-Rede und zwei Jahre nachdem Bundespräsident Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 das Ende der militärischen Zurückhaltung Deutschlands verkündet haben, stehen deutsche Soldaten nicht nur im Irak (110 Soldaten), sondern auch in Syrien (445), Mali (310), Somalia (9), Afghanistan (855), Westsahara (4), Liberia (3), Darfur (8), Südsudan (16), Kosovo (648), in der Ägäis (175), im Mittelmeer vor der libyschen Küste (280) und vor der Küste Somalias (109). Das geht aus dem „aktuellen Lagebericht aus den Einsatzgebieten der Bundeswehr“ vom 17. Februar hervor.

Bereits im Januar hatte das Verteidigungsministerium verkündet die Ausgaben für die Ausrüstung der Streitkräfte … in den kommenden 15 Jahren um insgesamt rund 130 Milliarden Euro“ zu erhöhen, „um eine flexible Funktionserfüllung gewährleisten zu können“. Vom Standpunkt der Eliten ist bereits klar, wer die Kosten dafür tragen soll: die arbeitende Bevölkerung. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht – als Kanonenfutter im Krieg, durch eine neue Runde an Sozialkürzungen und durch die Zerschlagung ihrer demokratischen Rechte.

Die obig zitierte Studie gibt einen Eindruck davon, was unter Generälen und Verteidigungspolitikern hinter verschlossenen Türen mehr als 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder diskutiert wird. Krause fordert ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, die „politischen Eliten“ müssten „auf die Gesellschaft einwirken, damit diese eine 'Kultur der Kriegsfähigkeit' entwickelt.“ Wenn diese sich als „mentale Grundhaltung“ durchsetzen würde, „dann müsste die Gesellschaft auch die nötigen Ressourcen bereitstellen, um ihre Armee als eines unter mehreren Instrumenten der Außenpolitik zu befähigen.“

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