Perspektive

Die Verwüstung Haitis durch Hurrikan Matthew: eine Folge kapitalistischer Unterdrückung

Eine Woche, nachdem Hurrikan Matthew die Südküste Haitis erreicht hatte, wird jetzt das volle Ausmaß der Zerstörung sichtbar, das die Menschen des verarmten Karibikstaats getroffen hat.

Die inoffizielle Zahl der Todesopfer liegt bei über 1.000. Zehntausende Verletzte erhalten keine medizinische Versorgung. Die Krankenhäuser sind stark beschädigt, und es fehlt ihnen an grundlegenden Medikamenten wie Schmerzmitteln und Antibiotika, ganz zu schweigen von Strom und sauberem Wasser. Die Vereinten Nationen schätzen, dass 2,1 Millionen Haitianer, mehr als 20 Prozent der Einwohner, von den Sturmschäden betroffen sind und 1,4 Millionen dringend humanitäre Hilfe benötigen.

Dabei steht das Schlimmste noch bevor. Die Ernte an Haitis Südküste ist vernichtet, und man befürchtet eine Hungersnot. Vermehrt werden Fälle von Cholera bekannt. Die Krankheit hatte in Haiti bereits 10.000 Todesopfer gefordert, nachdem sie von UN-„Friedens“-Truppen eingeschleppt worden war.

Vor knapp sieben Jahren, Anfang 2010, forderte ein Erdbeben 230.000 Todesopfer und 300.000 Verletzte. 1,5 Millionen Menschen wurden obdachlos. Wie wir damals schrieben, waren die Menschen auf Haiti „nicht einfach Opfer einer Naturkatastrophe. Die fehlende Infrastruktur, die schlechte Qualität der Gebäude in Port-au-Prince und die Macht- und Hilflosigkeit der Regierung Haitis gegenüber dem Schicksalsschlag sind ebenfalls ausschlaggebende Faktoren dieser Tragödie.

Diese sozialen Verhältnisse sind das Ergebnis der langen Beziehung zwischen Haiti und den Vereinigten Staaten, die das Land seit seiner ersten fast 20-jährigen Besetzung durch US-Marines im Jahre 1915 de facto als koloniales Protektorat behandeln.“

Auch heute ist das Erbe imperialistischer Unterdrückung der Hauptgrund dafür, dass Naturkatastrophen wie der Hurrikan Matthew so fürchterliche Folgen haben.

Nach dem Erdbeben von 2010 sagten internationale Geldgeber Haiti insgesamt 10,4 Milliarden Dollar zu. 3,9 Milliarden sollten aus den USA kommen. Als Hauptkoordinator dieser Hilfsmaßnahmen war Bill Clinton vorgesehen. Er hatte dem Volk von Haiti zuvor ein Handelsabkommen „beschert“, mit dem die Einfuhrzölle auf staatlich subventionierten Reis aus den USA abgeschafft wurden. Die Reisbauern Haitis waren ruiniert und das Land konnte sich nicht mehr selbst ernähren.

Nach dem Erdbeben erkannte der Ex-Präsident der Demokraten in den Todesopfern und der Zerstörung eine hervorragende Chance auf weitere Profite und versprach, dass Haiti mit den Hilfsgeldern „zum Besseren wiederaufgebaut“ werden könne. Fast sieben Jahre später fragen sich die Haitianer unisono: „Wo ist das Geld geblieben?“

Haiti ist heute wie 2010 weiterhin das ärmste Land mit der größten sozialen Ungleichheit in der westlichen Hemisphäre. Während die Massen Haitis in tiefster Armut leben, ist der Reichtum des ehemaligen US-Präsidenten und seiner Frau Hillary, der demokratischen Präsidentschaftskandidatin von 2016, sprunghaft angestiegen. Man schätzt, dass sie 230 Millionen Dollar eingestrichen haben, seit Bill Clinton das Weiße Haus verlassen hat.

Aus seinem Leben „im Dienst der Öffentlichkeit“ schlug das Paar so viel Kapital, dass es mit einem Einkommen im Bereich der oberen 0,1 Prozent in die obere Stratosphäre des Wohlstands entschwebte. Die politische Maschinerie, die ihm zu diesem Reichtum verhalf, könnte man „Clinton AG“ nennen. Das Geschäftsmodell besteht im Wesentlichen darin, dass das Großkapital als Gegenleistung für zwielichtige Geldwäschedienste die politischen Ambitionen der Clintons befriedigt und ihr persönliches Vermögen mehrt. Hauptinstrument dieser Operation sind großzügig bezahlte Reden vor Zuhörern von der Wall Street und Fortune-500, Wahlkampfspenden der Unternehmer und Spenden für die angeblich wohltätige Clinton-Stiftung.

Diese Stiftung spielte in Haiti nach dem Erdbeben von 2010 eine wichtige Rolle. Ihr augenfälligstes Vermächtnis ist eine Kleiderfabrik mit Niedriglöhnen, die von einer südkoreanischen Firma betrieben wird. Sie ist bekannt dafür, ihre Beschäftigten mit Gewalt und Einschüchterung zu unterdrücken. Dazu kommen noch ein paar Luxushotels für Geschäftsleute, die nach Möglichkeiten Ausschau halten, Profit aus der Unterdrückung der extrem ausgebeuteten Arbeiterklasse Haitis zu schlagen.

In einer Untersuchung über die Aktivitäten der Stiftung in Haiti schrieb ABC News, dass die Kleiderfabrik „weniger Arbeitsplätze geschaffen hat als versprochen“. Weiter heißt es: „Die haitianischen Arbeiterinnen beschuldigten die Manager, sie zu mobben und sexuell zu belästigen. Und ... nachdem die koreanische Firma ihre Fabrik in einem Industriepark Haitis eröffnet hatte, der mit 400 Millionen Dollar internationaler Hilfsgelder gebaut worden war, spendete die Firma für die Clinton-Stiftung, und ihr Besitzer investierte in ein Startup-Unternehmen des ehemaligen Stabschefs von Hillary Clinton.“

Wie aus dem Bericht hervorgeht, hat die Hilfsaktion den „Freunden von Bill“ mehr gebracht als den Massen Haitis. Und Spender für die Clinton-Stiftung wurden mit der Möglichkeit belohnt, gewinnbringende Unternehmen in Haiti aufzubauen.

Außer Clintons ehemaligem Stabschef im Außenministerium hat sich auch der jüngere Bruder der demokratischen Präsidentschaftskandidatin, Tony Rodham, mithilfe der Geschäftsbeziehungen der Clintons in Haiti bereichert. So sitzt er beispielsweise im Beirat einer US-Firma, die 2012 zum ersten Mal seit 50 Jahren wieder eine Lizenz für den Goldabbau in diesem Land erhalten hatte. Später hat der Senat von Haiti die umstrittene Genehmigung ausgesetzt.

Die Clinton-Stiftung ist ein typisches Beispiel für die Rolle des imperialistischen „Humanismus“. In Haiti dient er als Instrument, um Washingtons semikoloniale Herrschaft abzusichern, während überall sonst in dieser Hemisphäre der zunehmende Handel und die Investitionen Chinas die Vorherrschaft des US-Imperialismus gefährden. In Syrien liefert er den Vorwand für einen Stellvertreterkrieg, der Hunderttausende Menschen das Leben gekostet hat.

Noch deutlicher wurde die wirkliche Beziehung der Clintons zu Haiti, als der Minister für Heimatschutz beschloss, die Abschiebung von Flüchtlingen aus Haiti wieder aufzunehmen. Sie war wegen des Hurrikans vorübergehend ausgesetzt worden. In der Zwischenzeit werden die Flüchtlinge in Internierungslagern gefangen gehalten.

Die Regierung Obama rechtfertigt dies damit, dass sich die Lage in Haiti gebessert habe. In Wirklichkeit ist die Abschiebepraxis durch das genaue Gegenteil motiviert: An der Grenze zwischen Mexiko und den USA trafen Tausende von haitianischen Flüchtlingen ein, und die Regierung befürchtet, dass ihre Aufnahme Hillary Clintons Chancen auf den Wahlsieg verschlechtern könnte.

Die Verhältnisse in Haiti rufen immer größere Empörung hervor. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte am Montag: „Die Spannungen nehmen bereits zu, weil die Menschen bangend auf Hilfe warten.“ Die UNO verlängerte zunächst das Mandat ihrer Stabilisierungsmission (MINUSTAH), die bewaffnete „Friedenstruppen“ in Haiti stationiert hat, um sechs Monate. Außerdem wurden US-Marinesoldaten in Haiti stationiert und gehen Berichten zufolge gemeinsam mit der nationalen Polizei Haitis gegen „Plünderer“ vor.

Die Folgen der imperialistischen Unterdrückung Haitis können nur überwunden werden, wenn die haitianischen Arbeiter und Unterdrückten einen revolutionären Kampf führen und sich dabei mit den Arbeitern in den USA und weltweit zusammenschließen, um den Kapitalismus abzuschaffen.

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