Lufthansa-Piloten streiken weiter

Die Piloten der Lufthansa streiken auch am heutigen Dienstag und am Mittwoch. Ein Versuch der Fluggesellschaft, die Fortsetzung des Pilotenstreiks per Gericht verbieten zu lassen, ist am Montagmittag gescheitert.

Das Arbeitsgericht München lehnte den Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Streik ab. Die Fluggesellschaft hatte behauptet, die Lohnforderung der Piloten sei in Teilen illegal. Lufthansa ging gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts in Berufung, zog aber ihre Beschwerde nach gut einstündiger Verhandlung vor der Berufungsinstanz zurück.

Bereits am Dienstag voriger Woche war die Airline vor zwei Frankfurter Gerichten mit dem gleichen Ansinnen gescheitert. Die Konzernanwälte hatten argumentiert, die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) fordere insbesondere für ältere Piloten massiv höhere Gehälter und benachteilige damit junge Flugzeugführer. Der Frankfurter Arbeitsrichter Martin Becker wies die Klage ab. Es sei nicht Aufgabe der Justiz, über die Löhne von Piloten zu befinden.

Auch die anschließende Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen war Anfang letzter Woche erfolglos. „Der vorgebrachte Sachverhalt lässt sich im Rahmen eines Eilverfahrens vor dem LAG nicht klären“, sagte der Vorsitzende Richter Peter Gegenwart. Insofern lasse sich hier auch nicht feststellen, ob der Arbeitskampf der Piloten unrechtmäßig sei.

Der anschließende Streik von Mittwoch bis Samstag hatte große Auswirkungen. Der Konzern musste nach eigenen Angaben 2800 Flüge streichen. Fast 350.000 Passagiere waren von den Flugausfällen betroffen. Die Lufthansa-Aktie brach deutlich ein.

Daraufhin kündigte der Vorstand ein neues Angebot an. Es sah eine um 4,4 Prozent erhöhte Vergütung über einen Zeitraum von sechs Jahren, eine Einmalzahlung von 1,8 Monatsgehältern sowie Neueinstellungen vor. Als Gegenleistung forderte der Vorstand die Neuregelung der betrieblichen Altersvorsorge.

Die bisherige Möglichkeit, ab 55 Jahren in den Ruhestand zu gehen und ein Übergangsgehalt bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter zu beziehen, soll schrittweise beseitigt werden. Diese Übergangsversorgung soll für 55- bis 60-Jährige abgeschafft und nur noch ab dem sechzigsten Altersjahr gewährt werden. Darüber hinaus sollen die festen Betriebsrenten in Zuschüsse zur Rente umgewandelt werden. Damit sollen die Beschäftigten ihre Rente über ein eigenes Konto am Kapitalmarkt finanzieren und das damit verbundene Risiko selbst tragen.

Die Pilotengewerkschaft lehnte das Angebot noch am Freitagabend ab. In einer Presseerklärung der Vereinigung Cockpit hieß es: „Das am 25.11.2016 veröffentlichte Maßnahmenpaket der Lufthansa zu einer Gesamtlösung entspricht vollumfänglich einem bereits vor über zwei Monaten in einem offenen Brief an die Mitarbeiter bekannt gemachtem Vorschlag.“ Es handle sich um „alten Wein in neuen Schläuchen“.

Die Vereinigung Cockpit wehrt sich auch dagegen, dass die Lohnverhandlungen im Rahmen des Vergütungstarifvertrags mit dem Übergangsversorgungs-Tarifvertrag und damit der Frühverrentungsregelung vermischt werden. Die Verschlechterungen in der Übergangsvergütung sind weitaus höher, als die geringen Zugeständnisse im Einkommensstreit.

Wie dreist der Lufthansa-Vorstand dabei vorgeht, zeigt sich daran, dass er vor gut einem Jahr die Gewerkschaft vor Gericht mit dem Argument verklagt hatte, sie mische in die Verhandlungen über den Vergütungstarifvertrag andere Themen und Vereinbarungen. Das sei nicht Rechtens. In einem Eilverfahren hatte damals das Landesarbeitsgericht Hessen diese Argumentation unterstützt und den Streik verboten.

Deshalb betonte die Vereinigung Cockpit in ihrer Presseerklärung vom Freitagabend: „Dieser Vorschlag, andere Themen als den Vergütungstarifvertrag zum Gegenstand der aktuellen Verhandlungen zu machen, ist kein gangbarer Weg mehr. Lufthansa selbst ist mit dem Argument der Vermischung von Themen gegen die VC gerichtlich vorgegangen.“

Am Wochenende hatte Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens die Gewerkschaft über die Bild am Sonntag erneut zu Gesprächen aufgerufen. „Ich wünsche mir sehr, dass die Vereinigung Cockpit von ihrer unnachgiebigen Haltung endlich abrückt“, sagte Volkens dem Boulevard-Blatt. Man müsse einen Kompromiss finden, mit dem beide Partner leben könnten. „Das kann nicht durch Streik erzwungen werden.“ Ein daraufhin kurzfristig vereinbartes Spitzengespräch zwischen der VC und dem Unternehmen am Sonntag brachte aber ebenfalls kein Ergebnis.

Als die Pilotengewerkschaft daraufhin die Fortsetzung des Streiks ankündigte, reagierte Lufthansa mit dem erneuten Versuch, den Streik gerichtlich verbieten zu lassen.

In dem Streik geht es um grundlegende Fragen, die alle Arbeiter betreffen. Die Piloten wehren sich mit ihrem nun 14. Streik seit 2014 gegen einen Generalangriff auf ihre Löhne, sozialen Errungenschaften und Arbeitsbedingungen.

Hinter dem Gehaltskonflikt liegt ein grundlegenderes Problem. Im globalen Luftverkehr herrscht ein scharfer Wettbewerb, und Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr ist entschlossen, die Profite gegen die wachsende Konkurrenz speziell von Billig-Airlines wie Ryanair zu verteidigen. Deshalb greift der Konzern seit Jahren Entgelte, Renten und Übergangsbedingungen der 5.400 Piloten an, um sie drastisch nach unten zu drücken und jahrzehntelange Errungenschaften abzuschaffen. Die eigene Billigtochter Eurowings, in der die Piloten rund 40 Prozent weniger verdienen, unter bedeutend schlechteren Bedingungen arbeiten und eine schlechtere Altersversorgung haben, wird systematisch ausgebaut.

Die Lufthansa zeigt sich gegenüber den Lufthansa-Piloten brutal und unnachgiebig. Lufthansa-Chef Spohr hatte bereits letzte Woche auf einer Veranstaltung in Berlin erklärt, er habe nicht die Absicht, gegenüber den Piloten nachzugeben. Hinter dieser Unnachgiebigkeit stehen nicht nur die Lufthansa-Aktionäre, sondern die Bundesregierung, die Wirtschaftsverbände und ein Großteil der Medien.

Der Streik der Lufthansa-Piloten muss deshalb unterstützt werden. Es geht nicht um den Erhalt von „Privilegien“, sondern um die Verteidigung von Rechten und Errungenschaften, die sich Generationen von Arbeitern in den vergangenen Jahrzehnten erkämpft haben.

Wir wiederholen daher unseren Aufruf zur Unterstützung des Streiks. Um ihn erfolgreich zu führen, muss er ausgeweitet werden. Die Piloten, Flugbegleiter und Bodenarbeiter müssen sich – unabhängig von Cockpit, Verdi, Ufo oder IGL – mit den Beschäftigten an andern Flughäfen und darüber hinaus zusammenschließen.

Gleichzeitig ist es notwendig, Verbindung zu Arbeitern von VW und anderen Betrieben aufzunehmen, die auch von massivem Arbeitsplatzabbau und Sozialangriffen bedroht sind. Das erfordert eine sozialistische Perspektive und internationale Strategie, die die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten höher stellt, als die Bereicherung der Kapitaleigner und des Vorstands.

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