Lafontaine fordert konsequente Abschiebungspolitik

In einem Interview mit der konservativen Tageszeitung die Welt hat sich der Mitbegründer der Linkspartei, Oskar Lafontaine, für eine konsequente Abschiebepolitik ausgesprochen.

„Viele Bundesländer setzen richtigerweise auf die freiwillige Rückkehr und bieten Hilfe an. Letztendlich muss aber der Staat darüber entscheiden können, wen er aufnimmt. Das ist nun mal die Grundlage staatlicher Ordnung“, erklärte Lafontaine, der Ende März als Spitzenkandidat der Linken zur Landtagswahl im Saarland antritt. „Wer illegal über die Grenze gekommen ist, der sollte ein Angebot bekommen, freiwillig zurückzugehen. Wenn er dieses Angebot nicht annimmt, bleibt nur die Abschiebung. Das sehen auch die Landesregierungen so, an denen die Linke beteiligt ist.“

Bei seiner Attacke auf Flüchtlinge, die in ihrer großen Mehrzahl aus den Kriegsgebieten Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Osten nach Europa fliehen, bemüht Lafontaine wie einige Vertreter der extremen Rechten die soziale Frage. Er schürt Nationalismus, greift die Globalisierung von rechts an und versucht, die ärmsten Teile der Bevölkerung gegen Migranten auszuspielen.

„Wir dürfen es nicht rechten Parteien überlassen, die Probleme der Lohn- und Mietkonkurrenz anzusprechen“, sagte der Linksparteipolitiker. Unternehmer unterstützten offene Grenzen, um in den Entwicklungsländern Arbeitskräfte abzuwerben und „durch verstärkte Zuwanderung die Lohnkonkurrenz zu verschärfen“. Die Einwanderungsfrage sei „vor allem eine soziale Frage – für die, die kommen und für die, die schon hier leben“. Der Soziologe Colin Crouch habe „darauf hingewiesen, dass der Ruf nach offenen Grenzen eine zentrale Forderung des Neoliberalimus“ sei.

Lafontaines Argumentation ist reaktionär und zynisch. Zum einen hat die Linkspartei das von Lafontaine angesprochene soziale Elend, das viele Arbeiter vor allem in den ostdeutschen Bundesländern in die Verzweiflung treibt, als Regierungspartei selbst verursacht. Gegenwärtig sitzt sie in Brandenburg, Thüringen und Berlin in der Landesregierung. Zum anderen verstärkt der Umstand, dass sie unter dem Etikett einer „linken“ Partei auftritt, in Wirklichkeit aber eine rechte, arbeiterfeindliche Politik verfolgt, die politische Frustration, die die AfD und andere rechte Kräfte ausschlachten.

Wir haben bereits in einem früheren Artikel aufgezeigt, dass Lafontaines rechte Parolen nicht überraschend sind. Sie ergeben sich direkt aus der Orientierung seiner Partei, die den Kapitalismus und den deutschen Imperialismus verteidigt. Kaum ein Zweiter verkörpert dies so stark, wie der frühere Vorsitzende der SPD und ehemalige Bundesfinanzminister. Schon ein kurzer Rückblick zeigt, dass Lafontaine in den letzten 25 Jahren zu den Pionieren einer flüchtlingsfeindlichen Politik gehörte.

Anfang der 1990er Jahre erließ er als Ministerpräsident des Saarlands im Rahmen einer landesweiten Kampagne gegen Flüchtlinge „Sofortmaßnahmen“, darunter die Einführung von Sammellagern, Gemeinschaftsverpflegung und Sachleistungen. Gleichzeitig warb er für eine neue Rechtsverordnung der Bundesregierung, die Flüchtlinge von der Asylgarantie ausschloss, in deren Heimat „nach allgemeiner Überzeugung keine politische Verfolgung stattfindet“.

Innerhalb der SPD galt Lafontaine damals als Hardliner in der Flüchtlingspolitik, der es als seine Aufgabe betrachtete, seinen Kurs in der gesamten Partei durchzusetzen. Als sich im August 1990 der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und spätere Bundespräsident Johannes Rau (SPD) öffentlich hinter Lafontaine stellte, schrieb der Spiegel: „Nordrhein-Westfalens SPD-Regierung will das Asylrecht verschärfen – ganz im Sinne des Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine.“

Im August 1992 setzte Lafontaine dann zusammen mit dem damaligen SPD-Vorsitzenden Björn Engholm die sogenannte „Petersburger Wende“ durch – die Neupositionierung der SPD in der Asyl- und Außenpolitik, die u.a. zur faktischen Abschaffung des Asylrechts im sogenannten Asylkompromiss führte. Ein zentrales Element war dabei die sogenannte „Drittstaatenregelung“. Diese legte den Grundstein für die heutigen Massenabschiebungen: Asylbewerber aus „sicheren Drittstaaten“ konnten ohne weitere Prüfung abgelehnt werden. Lafontaine bezeichnete das als „einen wirklichen Schritt nach vorne“.

Nach seinem Rücktritt vom SPD-Vorsitz und Austritt aus der SPD blieb Lafontaine seiner Linie treu. 2004 gehörte er zu den Wenigen, die die umstrittenen Pläne von Innenminister Otto Schily (SPD) unterstützten, Auffanglager für Flüchtlinge in Afrika einzurichten. Für die Bild-Zeitung formulierte Lafontaine bereits damals, was heute eines der beliebtesten Argumente der Rechten ist. Unter „den 15 Prozent“, die Afrika als Flüchtlinge verließen, seien „nicht die Schwachen, die Alten, die Kranken und die elternlosen Kinder. Es sind in der Regel die Gesunden, die Leistungsfähigen, die nach Europa wollen, um besser zu leben“, schrieb Lafontaine.

2005 schürte Lafontaine dann gezielt Stimmung gegen „Fremdarbeiter“. Der Staat sei verpflichtet, „zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen“, erklärte er in einer mittlerweile berüchtigten Rede in Chemnitz.

In den letzten beiden Jahren haben Lafontaine und seine Frau, die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Sahra Wagenknecht, die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel (CDU) wiederholt von rechts angegriffen. Bereits im November 2015 plädierte Lafontaine für eine strikte Obergrenze für Flüchtlinge. In einem Statement forderte er, „die Zahl der Flüchtlinge, denen man in Deutschland Schutz gewährt, durch feste Kontingente in Europa zu begrenzen“.

Anfang dieses Jahres sprach dann Wagenknecht Merkel eine „Mitverantwortung“ für den Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz zu. „Es gibt eine Mitverantwortung, aber sie ist vielschichtiger“, so Wagenknecht. „Neben der unkontrollierten Grenzöffnung ist da die kaputtgesparte Polizei, die weder personell noch technisch so ausgestattet ist, wie es der Gefahrenlage angemessen ist.“

Die Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und die Forderung nach mehr Polizei gehen mit dem Bemühen einher, sich an der Bundesregierung zu beteiligen. In der Welt betonte Lafontaine: „SPD, Grüne und Linke haben die Mehrheit im Bundestag.“ Und Wagenknecht mahnte im Neuen Deutschland zu einer selbstbewussteren deutschen Machtpolitik: „Unabhängig davon, was Trump macht: Wir müssen den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, sich aus der Unterordnung unter die US-Politik zu lösen.“

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