Perspektive

Die F.A.Z. wirbt für deutsche Atomwaffen

„Die deutschen Eliten wollen wieder Krieg – Wir nicht!“ – lautet eine der Losungen, die die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) im Bundestagswahlkampf vertritt. Wie dringlich die Warnung vor Konflikten und Kriegen ist, die von deutschem Boden ausgehen, zeigen zwei Artikel, die in den vergangenen Tagen in der Frankfurter Allgemeine Zeitung erschienen sind. Der eine verlangt Atomwaffen für Deutschland, um es für einen Krieg gegen die Nuklearmächte China und Russland zu wappnen. Der andere wendet sich gegen das Verbot von Atomwaffen.

Unter der Überschrift „Atom-U-Boote für die Ostsee“ fordert Maximilian Terhalle, Deutschland müsse „im Verbund mit Polen und Balten … das Israel seit langem zur Verfügung gestellte Know-how für atomar aufrüstbare U-Boote nun auch zum Eigenschutz nutzen. Solche nuklear bestückten Boote sollten zur Abschreckung in der Ostsee operieren.“

Mit Frankreich und Großbritannien müsse überdies „der nukleare Schutz Europas neu konzeptualisiert werden. Deutschlands Beitrag muss dabei auf eigene Fähigkeiten gerichtet sein“ – d.h. auf den Aufbau eines eigenen Atomarsenals.

Terhalle bettet seine Forderung nach Atomwaffen in eine lang Litanei über das Fehlen einer wirklichen außenpolitischen Strategie ein. Das „Mantra“, Deutschland solle „mehr sicherheitspolitische Verantwortung übernehmen“, werde zwar seit Jahren gefordert, „vorzugsweise auf der Münchener Sicherheitskonferenz“. Doch wer danach frage, wie das konkret aussehen solle, stoße „häufig nur auf Wortblasen“.

Die Auslandseinsätze der Bundeswehr seien nicht nach strategischen Kriterien entschieden worden, klagt Terhalle. Daher hätten sie „zu einer kaum verantwortbaren Aushöhlung der strategischen Ausrichtung und Kapazitäten Deutschlands in den vergangenen 20 Jahren geführt“. Oder anders formuliert: Deutschland habe seine Außenpolitik immer nur an akuten Konflikten orientiert, nicht aber an seinen eigenen weltpolitischen Interessen.

Die „vitalen sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Grundlagen unserer Existenz“ sieht Terhalle vor allem durch China und Russland bedroht. Dem islamistischen Terror fehle es dazu am nötigen Gewicht. Einen Krieg zwischen den Atommächten China und den USA, „der nur im besten Fall eng umgrenzt bleiben wird“, hält er wegen „fehlender Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten“ für unausweichlich.

Daran soll sich Deutschland, geht es nach Terhalle, „im Verein mit anderen“ beteiligen. Da es vor Ort enorme wirtschaftliche Interessen verfolge – fast ein Drittel des deutschen Handels laufe im Austausch mit dem Fernen Osten ab – wäre es unmittelbar davon betroffen. Was Deutschland aber fehle, sei eine „militärisch untermauerte Strategie“, um Chinas vermeintliche Expansionspolitik einzuhegen.

Noch wichtiger ist Terhalle die atomare Aufrüstung gegen Russland. Hier hat Deutschland seiner Ansicht nach eine große Chance verpasst. Nach den baltischen Staaten hätte zu Beginn dieses Jahres sogar Polen ein stärkeres deutsches Engagement in Osteuropa gefordert und sich „mit der Idee eines europäischen Nuklearwaffenarsenals unter deutscher Führung sichtlich unerschrocken anfreunden“ können. Doch in Deutschland sei der Vorschlag von Politik und Medien „in Bausch und Bogen verworfen“ worden.

Zwei Tage später legte die F.A.Z. nach. In einem Gastbeitrag mit dem Titel „Ein Atomwaffenverbot wäre schädlich“ argumentiert Karl-Heinz Kamp, es gebe „gute Gründe, die gegen eine Welt frei von nuklearen Waffen“ sprächen. Die Ächtung von Atomwaffen, wie sie von ihren Gegnern gefordert werde, untergrabe „die Idee der nuklearen Abschreckung zur Kriegsverhinderung, auf die die Nato fast sieben Jahrzehnte erfolgreich gesetzt hat“. Ein Verbot von Kernwaffen beruhige „das eigene Gewissen in einer unsicheren Welt…, zu mehr Sicherheit und Stabilität trägt es nicht bei“.

Die Vorstellung, ein nuklearer Wettlauf in Europa und die atomare Bewaffnung Deutschlands würden zu „mehr Sicherheit und Stabilität“ beitragen, ist heller Wahnsinn.

Ein Artikel, der in der Juli/August-Ausgabe der Zeitschrift Internationale Politik erschien, entwirft dazu das folgende Szenario: „Würde Deutschland ernsthaft ein eigenes militärisches Nuklearpotenzial aufbauen, würden damit die Konfliktrisiken in Europa wesentlich verschärft. Russland würde wohl einiges unternehmen, um eine deutsche Aufrüstung zu verhindern. Es könnte versuchen, deutsche Wissenschaftler ermorden zu lassen, mit Cyberattacken Industrieanlagen lahmzulegen oder sie vielleicht sogar mit Luftschlägen zu zerstören.“

Käme es tatsächlich zum Atomkrieg – in Europa oder in China –, würde das hunderten Millionen das Leben kosten und vermutlich das Ende der Menschheit bedeuten.

Doch Terhalle und Kamp sind keine Wahnsinnigen, zumindest nicht im klinischen Sinn, sondern gut vernetzte Stützen des herrschenden Klasse. Terhalle ist Politikwissenschaftler und Major der Reserve. Er lehrt zur Zeit an der University of Winchester in England.

Kamp hat jahrelang für die Konrad-Adenauer-Stiftung und für die Nato gearbeitet. Inzwischen ist er seit Oktober 2015 Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in Berlin. Die BAKS fungiert sowohl als Think Tank als auch als Weiterbildungseinrichtung für staatliche und politische Führungskräfte aus den Bereichen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Sie ist, wie man ihrer Website entnehmen kann, „als zentrale Weiterbildungseinrichtung direkt der Bundesregierung zugeordnet“. Ihr leitendes Gremium, das Kuratorium, ist zugleich der Bundessicherheitsrat, der wiederum aus einer Reihe von Bundesministern besteht und dessen Vorsitz die Bundeskanzlerin innehat.

Dass ein führendes Mitglied des Sicherheitsapparats wie Kamp einen solchen Beitrag in der F.A.Z. veröffentlicht, zeigt, wie weit die Diskussion über die Aufrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen hinter verschlossenen Türen bereits fortgeschritten ist.

Dass diese Beiträge in der F.A.Z. erschienen, ist kein Zufall. Die Zeitung spielt eine führende Rolle bei der ideologischen Kriegsvorbereitung. So hat sie die Professoren Herfried Münkler und Jörg Baberowski in hysterischen Hetzartikeln gegen Studierende verteidigt, die ihre militaristischen und ultrarechten Standpunkte anprangerten – insbesondere gegen die SGP und ihre Jugendorganisation, die IYSSE.

Münkler hatte schon vor zwei Jahren in seinem Buch „Macht in der Mitte“ erklärt, Deutschland müsse vom „Zahlmeister“ zum „Zuchtmeister Europas“ werden. Bezeichnenderweise sitzt er selbst im Beirat der BAKS und ist in die außenpolitischen Diskussionen auf höchster Ebene eingebunden. Baberowski verharmlost die Verbrechen der Nazis, hetzt gegen Flüchtlinge und behauptet, man könne Gewalt nur mit Gegengewalt beantworten und müsse für den Kampf gegen Terroristen deren eigene Methoden anwenden.

Der Ruf nach deutschen Nuklearwaffen in einer der auflagenstärksten deutschen Tageszeitungen zwei Monate vor den Bundestagswahlen ist eine Warnung. Die herrschende Klasse wird bei ihren Plänen, ihre imperialistischen Interessen ein drittes Mal auf Weltebene durchzusetzen, vor nichts zurückschrecken. Umso dringlicher stellt sich deshalb der Aufbau der SGP als neuer sozialistischer Massenpartei. Die SGP ist die einzige Partei, die den Kampf gegen Militarismus und Krieg ins Zentrum ihres Wahlkampfs stellt und ihn mit dem Kampf gegen ihre Ursache, den Kapitalismus, verbindet. Wir rufen alle Leser auf, uns noch heute zu kontaktieren und den Wahlkampf der SGP finanziell und tatkräftig zu unterstützen.

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