Tamilische Nationalisten unterstützen Staatsaufrüstung in Sri Lanka

In den vergangenen drei Wochen haben Polizei und Spezialeinsatzkräfte in Jaffna mehr als 100 Personen festgenommen. Die srilankische Halbinsel Jaffna ist überwiegend von Tamilen bewohnt.

Schon im vergangenen Monat hat das srilankische Militär einen Ölarbeiterstreik unterdrückt. Seither haben Sicherheitskräfte auf der gesamten Halbinsel Straßensperren und Kontrollpunkte wie zur Zeit des Bürgerkriegs errichtet, um die Bewohner zu terrorisieren.

Seit dem Regimewechsel 2015, bei dem die Vereinigten Staaten im Hintergrund die Fäden zogen, stützt sich die Regierung massiv auf Polizei und Militär, um die wachsende soziale Wut zu unterdrücken. Damals wurde Maithripala Sirisena als Präsident eingesetzt. Der gegenwärtige Polizeiterror in Jaffna weist auf ein neues Stadium verschärfter Angriffe auf Arbeiter, Studenten und verarmte Schichten im ganzen Land hin.

Als Vorwand für die verstärkte Repression dient ein angeblicher Mordversuch an Manickavasagar Ilancheliyan, Richter am Obersten Gericht von Jaffna. Am 22. Juli kam es zu einem Handgemenge auf der Straße, in dessen Verlauf ein Angreifer die Waffe eines Beamten der Polizeieskorte des Richters ergreifen konnte. Er schoss auf den Polizisten und tötete ihn, während Ilancheliyans Auto im Verkehr feststeckte. Wenige Stunden später erklärte die Polizei, der Angriff habe nicht dem Richter gegolten.

Ilancheliyan ist wegen seiner Law-and-order-Haltung berüchtigt und hat schon mehreren Angeklagten ihre gesetzlichen Rechte verweigert. Der Richter fordert jetzt eine staatliche Untersuchung und hat erklärt: „Ich verhandle die gefährlichsten Fälle von Jaffna. Ich rufe die Behörden auf, für die Sicherheit der Justiz zu sorgen.“

Die Regierung und die Vereinigte Opposition unter dem früheren Präsidenten Mahinda Rajapakse behaupten, die Organisation LTTE (Befreiungstiger von Tamil Eelam) stecke dahinter. Sie lebe wieder auf und greife erneut zu „Terrorismus“. Während eines Treffens mit religiösen Vertretern und Bürgerorganisationen drohte Polizeigeneralinspekteur Pujith Jayasundera, Armee-, Marine- und Luftwaffeneinheiten auf die Halbinsel Jaffna zu verlegen. Er sagte: „Der Terrorismus ist nie ganz aus dem Land verschwunden, und die Versuche der LTTE, ein Comeback zu organisieren, müssen um jeden Preis verhindert werden.“

Die nationalistischen Tamilenverbände begrüßen den Vorschlag der Regierung, Polizei und Militär einzusetzen. Der Führer der TNA (Tamilische Nationalallianz), Sampanthan, enthielt sich zwar eines Kommentars zu Jayasunderas Erklärung und auch zum Polizeiterror, aber der TNA-Abgeordnete M.A. Sumanthiran verteidigte die Polizei und erklärte, in diesem Gebiet operierten kriminelle Banden. Er behauptete, Rajapakse und die Vereinigte Opposition bedienten sich dieser Banden, um Sirisenas „gute Regierungsführung“ zu diskreditieren.

Regierungschef der Nordprovinz, C.V. Wigneswaran, der der TNA angehört, verteidigte Jayasunderas Erklärung und sagte, möglicherweise seien „an Waffen geübte Personen“ an kriminellen Aktivitäten beteiligt. Er deutete seine Sympathie für eine Truppenverlegung an und bemerkte: „Nach wie vor verlange ich den Rückzug des Militärs aus dem Norden. Doch als Minister, der für Recht und Ordnung verantwortlich ist, ist es meine Pflicht, kriminelle Aktivitäten zu verhüten.“

Er machte seine Position noch deutlicher, indem er hinzufügte, dass jeder, der sich der Verlegung des Militärs zur Verhinderung krimineller Übergriffe widersetze, faktisch Kriminelle unterstütze. Tamilische Nationalisten stellen Wigneswaran üblicherweise als Gegenspieler der TNA-Abgeordneten dar, welche die Regierung von der Oppositionsbank aus unterstützen. Die Ereignisse belegen jedoch, dass die formale Kritik, die Wigneswarans gelegentlich an der TNA äußert, nur den Zweck verfolgt, den Widerstand tamilischer Arbeiter gegen die TNA in die Sackgasse des tamilischen Nationalismus zu lenken.

Die Tatsache, dass die tamilischen Nationalisten die verschärfte Repression befürworten, ist Ausdruck einer tiefen politischen Krise. Die Sirisena-Regierung ist bei den Massen verhasst und sieht sich dem Widerstand der Arbeiterklasse ausgesetzt, wie der jüngste Ölarbeiterstreik gezeigt hat. Zudem beklagen sich Fraktionen der Bourgeoisie, Sirisena habe seine Wirtschaftsziele nicht erreicht: Es sei ihm nicht gelungen, Direktinvestitionen von ausländischem Kapital anzulocken und einen neuen Wirtschaftsboom anzufachen. Sie fordern eine aggressivere Konfrontation mit der Arbeiterklasse und diktatorischen Polizeiterror gegen die Bevölkerung.

Vor kurzem brachte der Daily Mirror einen Artikel mit folgendem Titel: „Proteste und Streiks: Was würde MR [Mahinda Rajapakse] tun, wenn er die Macht hätte?“ In dem Zeitungsartikel wird die Klage erhoben, anders als unter Rajapakse, der den „Willen zu entschlossenem Handeln“ gehabt habe, fehle es der Sirisina-Regierung „an jedem politischen Willen zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichem und politischem Vision“.

Der Mirror behauptet, Rajapakse habe noch „den politischen Willen“ gehabt, Militär zu verlegen, um Demonstranten zu vertreiben, und er habe von Zeit zu Zeit rücksichtlos die weißen Kleinbusse eingesetzt, um Leute verschwinden zu lassen. Diese werden bis heute vermisst. Wäre Rajapakse noch im Amt, dann „würden die Ärzte es nicht wagen, zu streiken. Universitätsstudenten würden vielleicht protestieren, aber nicht so häufig wie heute.“

Der Mirror begrüßt mörderische Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse und schreibt: „Gandhi und seine Selbstversorgung haben wenig dazu beigetragen, die miserablen Lebensbedingungen der Millionen Armen in Indien zu beheben. Aber Narendra Modi hat das getan. Ebenso Augusto Pinochet und Deng Xiaoping. Keiner der drei letztgenannten wäre der ideale Führer einer idealen Regierung. Doch die Welt ist keine Utopie, und die Führer müssen schwierige Entscheidungen fällen, wenn sie den langfristigen Interessen ihrer Völker dienen wollen.“

Diese Aussage stellt ein außergewöhnliches Statement gegen die antikolonialistischen Stimmungen dar. Der Daily Mirror könnte nicht deutlicher machen, dass er auf einer Linie mit dem Weltimperialismus steht. Der chilenische Diktator Pinochet, der chinesische Stalinist Deng und Modi, der aktuelle indische Premierminister, sind für Massenmorde und Terror gegen die Arbeiterklasse verantwortlich. Deng hat die Restauration des Kapitalismus eingeleitet, und Modi stand 2002, während der muslimfeindlichen Massaker, an der Spitze des indischen Bundesstaats Gujarat. Alle drei haben ihre Länder in Pools für billige Arbeitskräfte für das imperialistische Finanzkapital verwandelt.

Die Unterstützung der tamilischen Nationalisten für Polizeistaatsmethoden im Norden verstärkt das hysterische Geschrei nach rücksichtsloser Unterdrückung und Ausbeutung der Arbeiterklasse, das die srilankische Bourgeoisie heute hören lässt.

Während der Präsidentschaftswahlen im Januar 2015 forderten die TNA und tamilische Nationalisten die tamilischen Wähler auf, für den Kandidaten Sirisena zu stimmen, der die Unterstützung der Vereinigten Staaten genoss. Dies komme einer Stimmabgabe für eine „gute Regierungsführung“ gleich, welche die Demokratie wiederherstellen und Rajapakses polizeilich-militärische Grausamkeiten beenden werde. Zudem versprachen sie, die neue Regierung werde in kriegsgeschüttelten Gebieten im Norden Sri Lankas, wie auf der Halbinsel Jaffna, schnelle Abhilfe von der Armut schaffen.

Die TNA versprach, die neue Regierung werde politische Häftlinge freilassen und eine unabhängige internationale Untersuchung über die Kriegsverbrechen einleiten, die im srilankischen Bürgerkrieg verübt worden sind. Vertriebene dürften dann zurückkehren, das Schicksal Tausender verschwundener Menschen würde aufgeklärt, Kriegswitwen würden finanzielle Entschädigungen erhalten und das Militär werde sich aus dem öffentlichen Land zurückziehen.

Weit davon entfernt, irgendeins dieser Versprechen zu erfüllen, geht die TNA mit einer Regierung aus Kriegsverbrechern konform, die sich dem US-Imperialismus andient und dessen Kriegsvorbereitungen im Indischen Ozean unterstützt. Nach fast drei Jahren „guter Regierungsführung“ unter der Sirisena-Regierung hilft ihr die TNA, die Sparmaßnahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) durchzusetzen und den Lebensstandard aller srilankischen Arbeiter anzugreifen, egal welcher ethnischen Gruppe sie angehören.

Früher haben sich die tamilischen Nationalisten immer als Verteidiger der tamilischen Minderheit präsentiert und es vermieden, politische Entwicklungen und Arbeitskämpfe im Süden öffentlich zu kommentieren. Aber heute verurteilt die TNA die Streiks offen und fordert den Einsatz des Militärs gegen Arbeiter im Süden.

Nach der Auflösung des Ölarbeiterstreiks im vergangenen Monat beschuldigte Sampanthan in einer Parlamentsdebatte die Arbeiter, Partei für Rajapakse gegen die Regierung zu ergreifen. Er sagte: „Niemand hat das Recht, durch Verschwörungen und die Verweigerung elementarer Dienstleistungen die Regierung zu stürzen.“ Obwohl er offiziell zur Opposition gehört, forderte er, die Regierung müsse diktatorische Vollmachten erhalten und gewaltsam gegen die Arbeiter vorgehen: „Die Regierung muss entschiedene Maßnahmen gegen solche Bewegungen ergreifen, und außerdem sollte die Regierung die Vollmacht besitzen, solche Entscheidungen durchzusetzen.“

Sumanthiran brandmarkte den Streik des Verbands der Amtsärzte (GMOU) gegen Privatisierung und Studiengebühren und bezeichnete die streikenden Ärzte als Kriminelle. Er sagte im Parlament: „Wer notwendige medizinische Versorgung verweigert, der macht sich der kriminellen Unterlassung schuldig. Und wer das tut, um selbstsüchtige Ziele zu erreichen, dem würde ich sagen, das ist noch schlimmer als kriminell.“

Diese Ereignisse bestätigen die Analyse der World Socialist Web Site, dass die TNA und die tamilischen Nationalisten als Stütze der Sirisena-Regierung fungieren. Sie sind Komplizen im Angriff auf Arbeiter, Arme und Studenten. Sie verteidigen das Regime selbst dann noch, wenn es auf jeder Ebenen eine Konfrontation mit der Arbeiterklasse einleitet.

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