Offener Brief an den Studierendenrat der Universität Leipzig

Den folgenden Brief sandte die Hochschulgruppe der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) an der Universität Leipzig an die Abgeordneten des dortigen Studierendenrats (StuRa).

Liebe StuRa-Abgeordnete,

der StuRa hat auf seiner ersten Sitzung im neuen Semester entschieden, der Hochschulgruppe der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) den Status einer Arbeitsgemeinschaft zu verweigern. Das ist ein Angriff auf das Grundrecht der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit. Der StuRa maßt sich die Entscheidung darüber an, welche politischen Standpunkte auf dem Campus zugelassen und welche zensiert werden. Während rechte Hochschulgruppen wie der RCDS den AG-Status erhalten, Räume bekommen und auf dem Campus arbeiten können, sollen linke und sozialistische Gruppen verbannt werden.

Auf dem StuRa-Plenum war dem RCDS und rechten Gruppen aus dem „antideutschen“ Milieu keine Lüge zu dreist, um die Zensurmaßnahme gegen die IYSSE zu rechtfertigen. Die IYSSE arbeite gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, weil sie die Enteignung der Banken und Konzerne fordere, hieß es. Die sozialistische Kritik am Kapitalismus sei „verschwörungstheoretisch“ und „antisemitisch“.

All das ist absurd und dient dazu, die rechte Agenda der genannten Gruppen abzudecken. Tatsächlich sind die IYSSE eine marxistische Studierendengruppe, die sich wie keine andere gegen jede Form von Nationalismus, Militarismus und Rassismus wendet. Als Jugend- und Studierendenorganisation der Vierten Internationale ist sie weltweit tätig und verfügt über Hochschulgruppen an Universitäten in zahlreichen Ländern der Welt.

In Deutschland stellen die IYSSE an der Humboldt-Universität in Berlin eine der größten Fraktionen im Studierendenparlament. Weil sie den rechtsextremen Professor Jörg Baberowski für seine Verharmlosung der Nazi-Verbrechen öffentlich kritisierten, brach in rechten Medien – von der F.A.Z. über Cicero bis zur Jungen Freiheit – ein Sturm der Entrüstung los.

Ihr mutiges Auftreten gegen rechte und militaristische Ideologien hat die IYSSE in ganz Deutschland bekannt gemacht. Die Asten der Technischen Universität Berlin, der Ruhr Universität Bochum und der Universität Bremen organisierten Versammlungen mit der IYSSE zu dem Thema und etliche weitere Asten erklärten sich solidarisch.

Der Kampf gegen rechts und für eine sozialistische Perspektive ist heute dringender denn je. Mit Trumps Drohungen gegen Nordkorea steht die Welt so nah vor einem nuklearen Weltkrieg wie noch nie zuvor. All die ungelösten Probleme des Kapitalismus brechen wieder auf und drohen die Menschheit erneut in eine Katastrophe zu stürzen.

Die deutschen Eliten reagieren auf den wachsenden Nationalismus ihrerseits mit massiver Aufrüstung. Sie wollen Europa dominieren, um weltpolitisch eine Rolle zu spielen und ihre Wirtschaftsinteressen international durchzusetzen. Das ist der Hintergrund des Rechtsrucks, der zum Aufstieg der AfD geführt hat. Jetzt reagieren sämtliche Parteien auf den Wahlerfolg der Rechtsextremen, indem sie deren Parolen übernehmen und die Politik von Abschiebungen, sozialen Angriffen und Militarismus intensivieren.

Eure Entscheidung, den IYSSE in Leipzig den AG-Status zu verweigern, schafft einen gefährlichen Präzedenzfall. Angesichts der Offensive der Rechten, der Relativierung von Nazi-Verbrechen an deutschen Universitäten und der Rückkehr des deutschen Militarismus blockiert Ihr die Arbeit einer linken, marxistischen Hochschulgruppe, die sich scharf gegen diese Entwicklungen wendet. Denn ohne AG-Status dürfen Hochschulgruppen keine Räume der Universität nutzen und auf dem Campus nicht politisch arbeiten.

Während der RCDS, der in Bremen den rechtsradikalen Professor Baberowski an die Universität eingeladen hat, in Leipzig kostenlos Räume erhält, zensiert Ihr Kritiker dieser Politik. Ihr schafft so einen Campus, auf dem sich die Rechten ausbreiten können und marxistische Politik verboten wird. Das erinnert an die Selbstgleichschaltung der Universitäten im Nationalsozialismus.

Gerade hier in Sachsen, wo die AfD bei den Bundestagswahlen stärkste Kraft wurde, und hier in Leipzig, wo ein Professor wie Thomas Rauscher auf Twitter rechtsextreme Propaganda verbreitet, haben wir nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, diesem Treiben entgegenzutreten.

Wir beantragen deshalb hiermit noch einmal nachdrücklich den AG Status.

IYSSE Leipzig

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