Massenentlassungen bei Ledvance

Der Auftritt des Vorsitzenden der Ledvance-Geschäftsführung, Jes Munk Hansen, auf der Betriebsversammlung des Lampenherstellers am Montag in Augsburg dauerte nur wenige Minuten. Er kündete die Massenentlassung von 1300 der insgesamt 2400 im Unternehmen beschäftigten Arbeiter bis Ende 2018 an. Die Betriebe in Augsburg mit 650 Arbeitsplätzen und Berlin mit 220 Stellen werden geschlossen. Weitere 100 Arbeitsstellen werden in der Verwaltung in München gestrichen, sowie 250 Stellen in Eichstätt und 50 im nordrhein-westfälischen Wipperfürth.

Den Fragen der Belegschaft wollte sich der Ledvance-Chef nicht stellen. Er verließ die Versammlung unter lauten Buh-Rufen, wie die Augsburger Allgemeine berichtete.

Obwohl die Krise der gesamte Branche durch die Technologieumstellung von herkömmlichen Glüh-, Halogen- und Energiesparlampen sowie Leuchtstoffröhren auf LED-Lampen seit Jahren bekannt ist und sich der Abbau von Arbeitsplätzen schon seit Jahren vollzieht, schockierte die kalt und geschäftsmäßig vorgetragene Entscheidung die Belegschaft zutiefst.

„Ich bin seit 30 Jahren im Unternehmen, habe immer wieder gezittert, wie es wohl weitergeht. Jetzt ist klar, dass es aus ist. Das kann man kaum glauben“, sagte einer der Betroffenen beim Verlassen der Betriebsversammlung. Ein anderer berichtete der Süddeutschen Zeitung, er habe 30 Jahre lang für diese Firma, damals noch Osram, gearbeitet und glaube nicht, dass er im Raum Augsburg noch einmal einen festen Job bekomme. Man müsse wohl 50 bis 60 Kilometer oder mehr fahren, um künftig überhaupt noch Arbeit zu finden – „und das nur noch als Leiharbeiter“.

„Sie sagten uns, dass sie keine Schweinereien mit uns vorhätten“, erinnert sich Dietmar Vetter, seit 23 Jahren Betriebselektriker bei Ledvance. „Jetzt haben wir die Schweinereien, und ich werde arbeitslos“, so der Vater von zwei kleinen Kindern weiter. „Alles, was du geleistet hast, ist nichts mehr wert.“

Ledvance-Arbeiter auf dem Weg zur Betriebsversammlung in Berlin

In Berlin, wo Osram und Ledvance an der Nonnendammallee zwar räumlich getrennt, aber noch in der gleichen Produktionshalle arbeiten, sprach die WSWS mit Arbeitern beim Schichtwechsel.

Ein Facharbeiter von Osram, der im Schmelzbereich Lampen für die Automobilindustrie herstellt, kommentierte die Entlassungen bei Ledvance: „Das haben wir alle schon seit mehreren Jahren vermutet, dass es bergab geht. Die Arbeiter von Ledvance sind alles alte Osram-Kollegen. Aber man will es nicht wahr haben, weil es schwer ist, eine Alternative zu finden.“

Eine Arbeiterin schimpfte über das Vorgehen des Managements: „Die Schließung von Ledvance ist eine Frechheit. Aber das war schon klar, als sie damals Ledvance aus Osram ausgegliedert haben.“

Nach dem Ende der Betriebsversammlung in Berlin ging die Spätschicht der Ledvance-Belegschaft vor das Betriebstor, um eine kurze Protestdemonstration abzuhalten. Doch weder IG Metall noch Betriebsräte hatten eine Perspektive anzubieten.

Als Siemens, bzw. die Tochtergesellschaft Osram, vor gut zwei Jahren das Geschäft mit herkömmlichen Glüh- und Energiesparlampen, die in Privathaushalten eingesetzt und hauptsächlich über Baumärkte und Einzelhandel vertrieben werden, in eine eigenständige Gesellschaft ausgliederte, plante das Management bereits den Verkauf an ausländische Investoren. Es wusste, dass der Markt für diese Produkte durch die Umstellung auf langlebigere und kostengünstigere LED-Lampen weltweit einbrechen würde. Experten schätzen den Rückgang der Nachfrage bis 2025 auf 90 Prozent.

Seit Jahren ist Siemens dabei, den Konzern von Aktivitäten zu „befreien“, die nicht zum Kerngeschäft gehören und nicht die angestrebten Margen bringen. Für viele Bereiche des Konzerns hat der Vorstand erst neulich massive Entlassungen angekündigt.

Im Juli 2016 wurde Ledvance unter der Leitung von Jes Munk Hansen als eigenständiges Unternehmen ausgegliedert. Danach begannen Verhandlungen mit einem chinesischen Investor, die mit dem Verkauf des Unternehmens zum Betrag von mehr als 400 Millionen Euro abgeschlossen wurden. Seit dem 1. März 2017 befindet sich Ledvance im Eigentum des chinesischen Herstellers MLS Co., Ltd., der seinen Hauptsitz in der Stadt Zhongshan, Provinz Guangdong, unterhält.

MLS produziert und verkauft mit weltweit etwa 9000 Beschäftigten LED-Beleuchtungsprodukte unter dem Markennamen Forest Lighting in China und international. Finanziert wurde die Übernahme durch den chinesischen Finanzinvestor Yiwu State-owned Assets Operation Co Ltd und IDG Capital Partners, einem in den USA basierten Investmentfond, der im Technologiebereich aktiv ist.

Der Verkauf an MLS wurde von Osram im Juli 2016 in höchsten Tönen gelobt. „Osram findet besten Eigentümer für Lampengeschäft“, lautete die Schlagzeile auf der Osram-Webseite.

Doch Olaf Berlien, Vorsitzender des Vorstands der OSRAM Licht AG, sah schon damals den Hauptgewinn für das eigene Unternehmen, das sich auf diese Weise der veralteten Technologie entledigen konnte: „Ein Meilenstein für Osram in seiner Aufstellung hin zum High-Tech-Unternehmen.“ Osram hatte schon vorher Tausende Stellen abgebaut und die Zahl seiner weltweiten Ledvance-Fabriken von 43 auf 17 Standorte verringert.

Für MLS diente der Kauf in erster Linie dem Zugang zum europäischen Markt und dem Gewinn von Fertigungs-Knowhow und Patenten. Nach der Schließung der Werke in Augsburg und Berlin werden die Produkte von den Produktionsstätten in Guangdong/ China geliefert. Die Zukunft der beiden verbliebenen Betriebe in Eichstätt und Wipperfürth ist ungewiss.

Die IG Metall spielt wie immer ein schäbiges Spiel. Als die Verhandlungen von Ledvance mit den Investoren im Juli 2016 vor dem Abschluss standen, pries Michael Knuth, der Gewerkschaftssekretär der IG Metall Bayern und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei Osram, den bevorstehenden Verkauf: „Der Zusammenschluss ist eine gute Nachricht für die Mitarbeiter von Ledvance“, so steht es noch heute auf der Osram-Website.

Diese Aussage zeigt klar und eindeutig, für welche Interessen die IG Metall heute einsteht: die Gewerkschaft steht felsenfest auf Seiten der Unternehmer. Durch zahlreiche Aufsichtsratspöstchen und die feste Vernetzung in Kreisen der Regierungsparteien blicken ihre Funktionäre auf die Arbeiter vom Blickwinkel der Chefetagen herab.

Angela Steinecker, die Unternehmensbeauftragte der IG Metall für die Ledvance GmbH, die gestern die angekündigten Werksschließungen als „eine Riesensauerei“ bezeichnete, sitzt als SPD-Abgeordnete im Stadtrat von Augsburg und in den Aufsichtsräten von „Kongress am Park“ sowie der drei Unternehmen der Stadtwerke Augsburg für Wasser, Netze und Energie.

Klaus Abel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin, beklagte, dass MLS seine Versprechungen, von Deutschland aus den Weltmarkt zu beliefern, nicht einhalte. Osram habe seit Jahren Managementfehler begangen und auch heute „keinerlei Alternativkonzepte zum Kahlschlags-Szenario“ vorgelegt.

Doch all diese Klagen und Ankündigungen seitens der Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter, dass man die Schließung der Standorte „auf keinen Fall akzeptieren“ werde, dass man „betriebsbedingte Kündigungen verhindern“ wolle, gehören zum Repertoire eines jeden Gewerkschaftsfunktionärs, um die eigene Verantwortung von sich zu weisen.

Tatsächlich wird die Schließung der Werke bereits akzeptiert. Der Bürgermeister von Augsburg, Kurt Gribl, wirbt bereits für die Einrichtung eines „runden Tischs“, bei dem Arbeitsagentur, Wirtschaftskammer und IG Metall sich in einer „Allianz der Arbeit“ zusammenschließen, um die Entlassungen möglichst ohne soziale Proteste abzuwickeln. Darin hat man in Augsburg bereits Erfahrung. Die Insolvenz von Manroland im Jahr 2011 und die Entlassungen bei Weltbild wurden ähnlich abgehandelt.

Die marktfreundliche Politik der Gewerkschaft, die fest auf dem Boden der kapitalistischen Wirtschaftsordnung steht und Lokalpatriotismus und Nationalismus schürt, führt in einer globalisierten Weltwirtschaft zum Ausverkauf der Arbeiter.

Die Arbeitsplätze können nur auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive verteidigt werden, die darauf zielt, die Arbeiter international zusammenzuschließen, die großen Konzerne und Banken zu enteignen und die Produktion nach den gesellschaftlichen Bedürfnissen statt nach den Profitinteressen des Kapitals zu organisieren.

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