Simbabwe: Grafit-Minenarbeiter im Streik

Über 200 Arbeiter einer Grafit-Mine nahe Karoi im Norden Simbabwes befinden sich seit Freitag letzter Woche im Streik. Sie protestieren dagegen, dass sie seit über einem Jahr ihre Löhne nicht ausbezahlt bekommen haben.

Die Lynx Mine in Karoi war bis September 2017 ein Gemeinschaftsunternehmen der staatlichen Zimbabwe Mining Development Corporation (ZMDC) und der deutschen Graphit Kropfmühl GmbH. Die Lynx Mine existiert seit 1965 und beschäftigt insgesamt 260 Arbeiter. Die Graphit Kropfmühl hat vor vier Monaten nach über 50 Jahren Produktion in Simbabwe ihren Anteil von 50 Prozent zum symbolischen Preis von einem US-Dollar an ZMDC abgetreten. Hintergründe seien die korrupten Verhältnisse und die Misswirtschaft im Land. Eine „gedeihliche Zusammenarbeit ist nicht mehr möglich“, begründete damals der Kropfmühler Geschäftsführer Thomas Junker diesen Schritt gegenüber der Passauer Neuen Presse

Nun berichtete ein Arbeiter, der ungenannt bleiben wollte, der in Simbabwe erscheinenden Tageszeitung News Day: „Wir haben seit 13 Monaten keine Löhne erhalten. Wir leben im Dunkeln, weil es in der Mine keinen Strom gibt. Der wurde abgestellt, weil die Firma Schulden in Höhe von mehreren Hunderttausend [Dollar] bei der Zesa nicht begleicht.“

Die Zesa (Zimbabwe Electricity Supply Authority) ist der staatliche Stromanbieter. Der Arbeiter berichtete, dass er und seine Kollegen aufgrund der Stromsperrung nun auch gezwungen seien, unaufbereitetes Wasser aus dem Minenstaubecken zu trinken.

Die aufgebrachten Arbeiter schworen, ihren Streik fortzusetzen. Am Wochenende blockierten sie sechs LKW, die Grafit aus der Mine abtransportieren wollten. Die Arbeiter fordern ihre Löhne und eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen.

„Einige Zulieferer waren gekommen und haben sich Eigentum der Mine geschnappt, weil deren Schulden nicht bezahlt wurden“, fuhr der Arbeiter fort. „Im Dezember wurden überraschend 14 Container mit Grafit verladen, aber für uns sollen keine Löhne da sein.“

Das vorhandene Geld werde genutzt, um die Leute zu bezahlen, „die die Mine auf Kosten der leidenden Bergarbeiter managen“, vermutete er. „Wir wissen nicht, für was sie die Erträge nutzen, da sie behaupten, die Firma sei in den roten Zahlen.“

Ein nicht namentlich genannter Vertreter der Lynx Mine, der keine offizielle Genehmigung hatte, zu den Medien zu sprechen, sagte, schuld an der derzeitigen Situation seien die fallenden Weltmarktpreisen für Grafit. „Früher hatten wir 600 Dollar pro Tonne erhalten, aber aktuell sind es nur noch 340 Dollar.“

Die Produktion war aufgrund von Kapitalmangel im September eingestellt worden. Am 1. Oktober berichtete die in Simbabwe erscheinende Sunday Mail, die Lynx Mine verhandle mit Investoren über ein Investment von 5 Millionen Dollar, um die Produktion langfristig zu sichern. Der Lynx-Mine-Vorstandsvorsitzende Cris Chitambira erklärte damals der Zeitung, damit könne die Mine wieder monatlich 500 Tonnen produzieren.

Grafit wird vor allem für die Herstellung von Batterien, Brennstoffzellen und Kunststoffen, aber auch in weiteren Produkten der chemischen Industrie benötigt. Gemeinsam mit Lithium zählt Grafit vor allem wegen der Umstellung auf die Elektromobilität in der Autoindustrie zu den kommenden „strategischen Mineralien“ der Weltwirtschaft. Der weltweite Grafitmarkt wird aktuell auf ein jährliches Volumen von einer Million Tonnen geschätzt. Die Lynx Mine in Karoi verfügt über Vorkommen für die nächsten 12 bis 18 Jahre.

Die Graphit Kropfmühl GmbH, die bis vor kurzem an der Lynx Mine beteiligte war und zu der auch die Schwestergesellschaft RW Silizium gehört, ist ein ehemaliges bayerisches Traditionsunternehmen mit über 140-jähriger Geschichte.

Seit 2008 ist die Graphit Kropfmühl Teil der weltweit tätigen AMG-Gruppe. Diese hat ihren Hauptsitz in den Niederlanden, wohl aus steuerlichen Gründen, wird aber aus den USA heraus geführt. Die Gruppe beschäftigt im Geschäft mit Edelmetallen und seltenen Erden weltweit rund 3000 Menschen. In einer Image-Broschüre aus dem Jahr 2015 werden neben Verkaufsniederlassungen in Russland und Japan Standorte in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, den USA, Tschechien, China, Mexiko, Brasilien, Sri Lanka, Kongo, Mosambik und eben Simbabwe angeführt.

Während den Arbeitern in Simbabwe, die unter unmenschlichen Bedingungen schuften, die Löhne vorenthalten werden, hat die Graphit Kropfmühl GmbH laut Regionalpresse vor vier Wochen „einen neuen Rekordumsatz, ein umfangreiches Zukunftskonzept und sichere Arbeitsplätze“ gefeiert. Der Geschäftsführer der Graphitgruppe im AMG-Konzern, Thomas Junker, wird mit den Worten zitiert: „Das Jahr 2017 schreibt die Erfolgsgeschichte des Unternehmens fort.“

„Eine festliche Barbarafeier der großen Kropfmühler Graphitfamilie“ sei wie jedes Jahr auch „ein Zeichen der engen Verbindungen zwischen Belegschaft und Unternehmensleitung“ gewesen, berichtete die Passauer Neue Presse. Die afrikanischen Arbeiter zählen offenbar nicht dazu. Sie sind auf sich allein gestellt.

Der Generalsekretär der Gewerkschaft der Diamanten-Arbeiter (Simbabwe Diamond Workers‘ Union) Justice Chinhema hat das Management der Lynx Mine lediglich aufgefordert, die Beschwerden der Arbeiter schnell zu lösen. „Wir hoffen, dass das Management die von den Arbeitern aufgeworfenen Fragen wie die Auszahlung der Löhne und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen angehen wird“, bat er höflichst. Er selbst habe schon mehrmals mit den verantwortlichen Ministern und der ZMDC diese Fragen angesprochen, aber ohne Erfolg.

Als vor gut einem Monat der Präsident Simbabwes Robert Mugabe gestürzt und durch Emmerson Mnangagwa ersetzt worden war, hatte die Masse der simbabwischen Bevölkerung mit Freudenfeiern reagiert. Viele hofften, dass der soziale Niedergang und die Unterdrückung demokratischer Rechte nun ein Ende habe.

Die World Socialist Website warnte vor grausamen Enttäuschungen. „Das Militär und die Fraktion der Regierungspartei ZANU-PF, die Mnangagwa vertritt, haben Mugabes 37-jährige Amtszeit benutzt, um die ganze soziale Unzufriedenheit gegen ihn, seine Frau Grace und die neureiche Clique zu richten.“ Am sozialen Elend der Arbeiter werde sich nichts ändern.

Die Arbeiterklasse müsse daher ihre politische Unabhängigkeit von allen Vertretern der nationalen Bourgeoisie und der imperialistischen Mächte bewahren. Dies gelte für alle Parteien und die sie unterstützenden Gewerkschaftsverbände. Die aktuelle Situation der Lynx-Minenarbeiter bestätigt dies. Ihre Verbündeten sind die Arbeiter Afrikas, Asiens, Australiens, Europas und Amerikas.

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