Perspektive

Die Bedeutung von Trumps Handelskriegsmaßnahmen

Am 1. März kündigte US-Präsident Donald Trump umfassende Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium an. Dieses Datum wird in die Wirtschaftsgeschichte eingehen.

Nicht nur die Höhe der Einfuhrzölle selbst – 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium – ist von Bedeutung, sondern auch die Tatsache, dass sie mit der „nationalen Sicherheit“ begründet wurden. Eine solche Begründung wird eigentlich nur für Kriege und nationale Notstände angeführt.

Diese Entscheidung kann zu Vergeltungsmaßnahmen zahlreicher Länder wie Kanada, der Europäische Union, Japan, Südkorea und anderer offizieller Verbündete der USA sowie China hervorrufen.

Es wird erwartet, dass Trump die Verordnung über die Einführung der Zölle bereits Ende der Woche unterzeichnen wird. Im Vorfeld drängen die Verbündeten der USA auf Ausnahmen. Dies jedoch hat der Vorsitzende der Behörde für Handels- und Industriepolitik Peter Navarro offenbar ausgeschlossen. Am Wochenende erklärte er, es könnte zwar Ausnahmen für bestimmte Unternehmen geben, diese würden aber nicht für einzelne Länder gelten.

Doch unabhängig vom unmittelbaren Ergebnis dieser Manöver ist die Entscheidung ein historischer Wendepunkt. Die Financial Times erklärte dazu: „Trump hat eine Linie im internationalen Handelssystem überschritten, als er die neuen Handelsbeschränkungen mit der nationalen Sicherheit gerechtfertigt hat.“

Die Handelskriegsmaßnahmen sind ein weiterer Schritt hin zur Auflösung des wirtschaftlichen Beziehungssystems, das Washington nach dem Zweiten Weltkrieg selbst aufgebaut hatte. Damit wollte es verhindern, dass sich die zerstörerischen globalen Konflikte wiederholen, die die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts geprägt hatten – Konflikte, deren Wurzel in den wirtschaftlichen Beziehungen selbst begründet waren und die das Überleben des kapitalistischen Systems selbst bedrohten.

Wie Leo Trotzki bereits zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs erklärte, lag diesem der unvereinbare Widerspruch zwischen der globalen Wirtschaft und dem ökonomischen Rahmen des Nationalstaates zugrunde. Er schrieb: „[N]icht auf der Grundlage einer vernünftig organisierten Zusammenarbeit der gesamten produzierenden Menschheit trachtet man diese Aufgabe des Imperialismus zu lösen, sondern auf der Grundlage der Ausbeutung der Weltwirtschaft durch die kapitalistische Klasse des siegreichen Landes, das durch diesen Krieg aus einer Großmacht zu einer Weltmacht werden soll.“

Der Krieg konnte den Widerspruch nicht lösen, auf den Trotzki hinwies – den Widerspruch zwischen einer globalen Wirtschaft und einem System rivalisierender Nationalstaaten, auf dem das kapitalistische Eigentum beruht. Vielmehr verstärkte er sich, führte während der Großen Depression zu einem Wirtschaftskrieg aller gegen alle, und schließlich zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nur zwei Jahrzehnte nach dem Ende des ersten.

Als sich die Welt Ende der 1930er Jahre auf den Krieg vorbereitete, kamen US-Außenminister Cordell Hull und andere Mitglieder der Roosevelt-Regierung in einer Betrachtung der internationalen Beziehungen zu dem Schluss, dass ein Zusammenbruch des internationalen Handelssystems und die Bildung rivalisierender Blöcke zu den wichtigsten Gründen für den unausweichlichen Kurs auf einen neuen Konflikt zählten. Wenn in der Nachkriegszeit keine neuen Kriege ausbrechen sollen, so müsse eine neue Wirtschaftsordnung auf der Grundlage expandierender Märkte und eines stabilen internationalen Währungssystems aufgebaut werden.

Diese Erkenntnis bildete die Grundlage des internationalen Währungssystems, das 1944 in Bretton Woods gegründet wurde, und des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens. Letzteres wurde 1947 auf Initiative der USA ins Leben gerufen wurde.

Das neue System verhinderte eine Rückkehr zu den Zuständen der 1930er Jahre und half dabei, die von vielen befürchtete sozialistische Revolution zu verhindern. Allerdings konnte es nicht die grundlegenden Widersprüche des globalen Kapitalismus lösen, die Trotzki so klar identifiziert hatte.

Die Nachkriegsordnung basierte hauptsächlich auf der Überlegenheit der USA als der global vorherrschenden Wirtschaftsmacht. Doch gerade die nun erneut mögliche Expansion und das Erstarken der beiden Hauptrivalen der USA – Deutschland und Japan – schwächte die Vormachtstellung der USA.

Ende der 1960er Jahre, kaum zwei Jahrzehnte nachdem die neue Ordnung etabliert wurde, äußerten sich diese Widersprüche in den wachsenden Zahlungsbilanz- und Handelsdefiziten der USA. Als Reaktion darauf schaffte Präsident Nixon am 15. August 1971 die Golddeckung des US-Dollar ab, welche die Grundlage für das 1944 etablierte Währungssystem bildete, und führte höhere Importzölle ein.

Die darauffolgende Periode war charakterisiert von zwei miteinander verbundenen Prozessen: der weiteren Integration der Weltwirtschaft durch die Globalisierung fast aller Produktionsprozesse, und den anhaltenden Niedergang der USA gegenüber seinen historischen sowie seinen neuen Rivalen, vor allem China.

Dem Verhalten der Trump-Regierung liegt der sich zuspitzende Widerspruch zwischen der Weltwirtschaft und dem Nationalstaatensystem zugrunde, und dies auf einem weit umfassenderen Level als im Jahr 1914, als Trotzki die Widersprüche identifizierte.

Die Importzölle in einer Welt, in der aus Stahl und Aluminium hergestellte Produkte im Laufe ihrer Produktion oft mehrere Landesgrenzen überschreiten, sind nicht das Ergebnis von Donald Trumps Wahnsinn oder dem seiner „America First“-Berater im Weißen Haus.

Vielmehr ergeben sie sich aus der historischen Irrationalität eines Wirtschaftssystems, das nicht auf der „vernünftig organisierten Zusammenarbeit der gesamten produzierenden Menschheit“ basiert, sondern völlig dem endlosen Kampf um Märkte und private Profite untergeordnet ist.

Nicht erst Trump hat Handelskriegsmaßnahmen beschlossen. Bereits die Obama-Regierung hat beträchtliche Maßnahmen eingeführt, nachdem sie zu dem Schluss gekommen war, dass die – von den Amerikanern maßgeblich mit gestaltete – Wirtschaftsordnung den Interessen des amerikanischen Kapitalismus heute mehr schadet.

Zwei wichtige Initiativen der Obama-Regierung sollten ein neues System auf der Grundlage der Vorherrschaft der USA schaffen: die Transpazifische Partnerschaft (TPP), die sich auf Asien konzentrierte (und von der China ausgeschlossen war) und das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, das sich gegen Europa richtete.

Die beiden Abkommen wurden faktisch anulliert, doch das dahinterstehende Ziel besteht auch unter Trump weiter. Seine Form erinnert an Trotzkis Beobachtung von vor 90 Jahren: „In der Krise wird sich die Hegemonie der Vereinigten Staaten noch viel vollständiger, offener, schärfer und rücksichtsloser auswirken als in der Aufstiegsperiode.“ Die USA versuchen, ihre Schwierigkeiten auf Kosten ihrer Rivalen zu bekämpfen.

Trumps Maßnahmen stoßen auch in den USA auf Widerstand, vor allem von Industrieverbänden, die als Konsumenten von Stahl und Aluminium durch die Maßnahmen im Kampf um Absatzmärkte benachteiligt sein werden. Es wird auch die Befürchtung geäußert, Europa, Japan und andere „Verbündete“ der USA könnten auf die Zölle mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren.

Die New York Times warnte am Sonntag in einem Leitartikel, Trumps Maßnahmen könnten nur die erste von vielen ähnlichen Aktionen sein und die USA in einen „viel größeren Handelskrieg führen, wie ihn die Welt seit der Großen Depression nicht mehr erlebt hat.“

Allerdings lehnt die Times Handelskriege nicht grundsätzlich ab. Sie ist der Meinung, man hätte wesentlich zielstrebiger vorgehen müssen. Wenn Trump „wirklich daran interessiert ist, dass China seine überschüssige Produktion reduziert, hätte er mit der Europäischen Union, Kanada, Japan, Südkorea und anderen Ländern zusammengearbeitet, um Peking unter Druck zu setzen.“, so die Times.

Mit anderen Worten, statt einer Donnerbüchse hätte Trump das wirtschaftliche Äquivalent zu einem Marschflugkörper einsetzen sollen.

Allerdings sollte dieser Widerstand innerhalb der herrschenden Klasse gegen die Trump-Regierung nicht die unbegründete Hoffnung nähren, Vernunft und Rationalität würden sich durchsetzen. Man sollte nicht vergessen, dass auch die Zölle in Folge des Smoot-Hawley Acts, die im Juni 1930 eingeführt wurden, anfangs kritisiert wurden. Sie wurden dennoch verabschiedet und lösten einen offenen Handelskrieg aus, der eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Bedingungen spielte, unter denen der Zweite Weltkrieg ausbrechen konnte.

Die Trump-Regierung wird sich auch nicht durch die Warnung abbringen lassen, sie würden einen globalen Konflikt anzetteln. Die Regierung vertritt die Position, dass bereits seit geraumer Zeit ein Handelskrieg stattfinde und sich die USA erst jetzt der Herausforderung stellten.

Unabhängig davon wie der derzeitige Konflikt ausgehen wird, der generelle Kurs wird fortgesetzt. Trumps Maßnahmen beruhen nicht auf der Psyche eines einzelnen Präsidenten. Sie sind vielmehr Ausdruck der unlösbaren, objektiven Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise.

Der Kampf für die sozialistische Weltrevolution muss daher das „praktische Tagesprogramm“ werden, wie es Trotzki zu Beginn des Ersten Weltkriegs erklärt hatte. Es ist die Antwort der internationalen Arbeiterklasse auf das Programm des internationalen Kapitals von Krieg und Diktatur.

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