Europäische Verteidigungsminister unterzeichnen „Interventionsinitiative“

Die Verteidigungsminister von neun europäischen Ländern haben am Montag in Luxemburg eine Absichtserklärung über eine „Europäische Interventionsinitiative“ unterzeichnet. Sie soll die europäischen Mächte in die Lage versetzen, im Rahmen einer „Koalition der Willigen“ kurzfristig militärisch zu intervenieren und Kriege zu führen.

Die Initiative geht auf einen Vorschlag zurück, den der französische Präsident im September vergangenen Jahres in seiner Sorbonne-Rede gemacht hatte. Emmanuel Macron hatte dort das Fehlen einer „gemeinsamen strategischen Kultur“ als Hauptmangel der europäischen Verteidigung bezeichnet, anderen europäischen Ländern eine Zusammenarbeit unter dem Dach der französischen Streitkräfte angeboten und gefordert: „Zu Beginn des kommenden Jahrzehnts sollte Europa dann über eine gemeinsame Einsatztruppe, einen gemeinsamen Verteidigungshaushalt und eine gemeinsame Handlungsdoktrin verfügen.“

Deutschland hatte lange gezögert, sich militärisch zu sehr in französische Abhängigkeit zu begeben. Doch nun hat es sich Macrons Initiative, wenn auch in abgeschwächter Form, zu eigen gemacht. Es gehe um ein „Forum gleichgesinnter Länder“, die gemeinsame Lageanalysen anfertigten und „sich frühzeitig miteinander besprechen wollen, wenn sich in Regionen Krisen abzeichnen, um dann gemeinsam auch politischen Willen zu entwickeln“, erklärte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach der Unterzeichnung des Dokuments.

Die Europäische Interventionsinitiative, abgekürzt EI2, unterscheidet sich in zweierlei Hinsicht von der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Pesco), dem Projekt einer Europäischen Armee, das derzeit intensiv vorangetrieben wird.

Erstens macht bereits der Namen deutlich, worum es den Unterzeichnern geht. Sie verzichten erstmals auf beschönigende Begriffe wie „Verteidigung“ und sprechen offen von militärischer „Intervention“. In der Erklärung heißt es über die Ziele der Initiative: „EI2 wird bessere Verbindungen und eine engere Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der europäischen Staaten ermöglichen, die bereit und fähig sind, im gesamten Krisenspektrum internationale Militärmissionen und -operationen durchzuführen.“

Zweitens ist die Interventionsinitiative nicht an die EU, die Nato und andere bestehende Strukturen gebunden. Sie sieht zwar die Möglichkeit vor, im Rahmen der EU, der Nato und der Vereinten Nationen tätig zu werden, will aber „europäische Sicherheitsinteressen“ auch mittels „Ad-hoc-Koalitionen“ verteidigen. Sie schafft so einen Mechanismus, um auch außerhalb der von den USA dominierten Nato militärisch mit Großbritannien zusammenzuarbeiten, das die Erklärung mit unterzeichnet hat, obwohl es bald aus der EU ausscheidet.

Auch Dänemark hat die Erklärung unterschrieben. Das Land ist zwar Mitglied der EU, beteiligt sich traditionell aber nicht an deren gemeinsamer Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die anderen Unterzeichner sind Belgien, Estland, die Niederlande, Portugal und Spanien. In der ursprünglichen Planung war auch Italien als Teilnehmer vorgesehen, die neue Regierung in Rom hat aber noch keine Entscheidung getroffen.

Aus der Absichtserklärung, deren Text bisher nur in englischer Sprache vorliegt, geht klar hervor, dass Frankreich, Deutschland und andere europäische Mächte hier ein neues Instrument für imperialistische Interventionen und Kolonialkriege schaffen.

Bereits im ersten Absatz beschreibt die Erklärung „ein hochgradig instabiles und ungewisses strategisches Umfeld, das drastischen Veränderungen unterliegt“ und Europa vor „die größte Ansammlung von Herausforderungen seit dem Ende des Kalten Kriegs“ stellt. Als Beispiele werden genannt: „eine wachsende terroristische Bedrohung, bedeutende Migrationskrisen, anhaltende Verwundbarkeiten im Süden, vom Mittelmeer bis in die Sahel-Sahara-Region, anhaltende Destabilisierung im Nahen Osten, die Wiederaufnahme offener Kriegshandlungen vor seiner Haustür und Machtprojektionen auf sein Hoheitsgebiet an der Ostflanke auch mittels einer Einschüchterungsstrategie, und zunehmende Naturkatastrophen.“

Die Absichtserklärung bekennt sich ausdrücklich dazu, „die strategische Autonomie Europas und seine Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu konsolidieren“. Sie sieht zwar vorläufig noch keine eigenen Truppen für die Interventionsinitiative vor, die bei Bedarf „auf vorhandene rasche Reaktions- / Interventionsstreitkräfte“ zurückgreifen soll. Stattdessen soll als erstes ein Permanentes Sekretariat in Paris gebildet werden, das sich auf französisches Personal und das bestehende Netzwerk internationaler Verbindungsoffiziere stützt.

Angesichts wachsender Spannungen mit den USA und innerhalb der EU ist aber klar, dass Frankreich und Deutschland hier eine Befehls- und Infrastruktur schaffen, die sie in die Lage versetzt, ihre Großmachtinteressen unabhängig von den USA und gegen sie militärisch zu verfolgen. Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly hatte bereits im letzten Jahr erklärt, man wolle „ein schnelles und handhabbares Verfahren, um die europäischen Militärkräfte zusammenzubekommen, wenn es notwendig ist“.

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