Sri Lanka: Große Resonanz auf Vortrag von David North an der Universität Peradeniya

„Die Lehren der Geschichte und der Kampf für den Sozialismus heute“ – unter diesem Titel hielt David North am vergangenen Mittwoch einen Vortrag an der Universität Peradeniya in Sri Lanka vor 200 begeisterten Zuhörern. Die Socialist Equality Party (SEP) in Sri Lanka organisierte die Veranstaltung aus Anlass des 80. Jahrestags der Vierten Internationale, die Leo Trotzki 1938 gegründet hat.

David North spricht auf der Versammlung an der Peradeniya Universität

North ist Chefredakteur der Internationalen Redaktion der World Socialist Web Site und nationaler Vorsitzender der SEP in den USA. Die SEP (Sri Lanka) hat ihn aus Anlass des 80. Jahrestags und des 50-jährigen Bestehens der SEP (Sri Lanka) eingeladen.

Der Vortrag an der Universität Peradeniya war die erste Veranstaltung mit North während seines Besuchs. Am 7. Oktober hielt er einen weiteren sehr gut besuchten Vortrag in der New Town Hall von Colombo.

Im Vorfeld der Veranstaltung an der Universität Peradeniya hatten Mitglieder der SEP und der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) eine intensive Kampagne unter Studenten, Lehrenden und nichtakademischen Beschäftigten sowie an Betrieben um Peradeniya und der nahegelegenen Stadt Kandy im zentralen Bergland Sri Lankas geführt. Sie verteilten Tausende von Flugblättern und Artikel der WSWS.

Die SEP und IYSSE stellten am Tag des Vortrags an der Universität umfangreiche marxistische Literatur aus, unter anderem die Bücher von David North, Verteidigung des Trotzkismus, und Die Russische Revolution und das Unvollendete Zwanzigste Jahrhundert. Studenten und Lehrende zeigten großes Interesse und es entwickelten sich intensive Diskussionen mit Vertretern der Partei.

Unter den Zuhörern waren Studenten, Lehrende, nichtakademische Beschäftigte, Ärzte und Krankenschwestern vom Peradeniya-Lehrkrankenhaus, sowie Mitglieder der SEP und der IYSSE.

Wije Dias, der Generalsekretär der SEP, leitete die Veranstaltung. Dias dankte der Englischen Fakultät der Universität Peradeniya, die geholfen hatte, den Vortrag im großen Saal der Fakultät für Kunst abzuhalten.

Dias erklärte, warum die Lehren aus der Geschichte des Kampfs für den Sozialismus von Bedeutung sind. Der Weltkapitalismus befinde sich in einer tiefen Krise, die sich seit dem Finanzcrash 2008 verschärft habe und die ganze Welt dominiere. Er ging kurz auf die jüngsten Kämpfe der Lehrer und anderer Arbeiter in den USA und Europa und auf beginnende Proteste der Arbeiter und armen Bauern im Indien ein.

Die Arbeiterklasse brauche eine revolutionäre internationalistische Perspektive, betonte Dias. Diese könne nur entwickelt werden, wenn man den 80-jährigen Kampf der Vierten Internationale studiere.

North, so Dias in seiner Vorstellung des Redners, spiele im Kampf für den Trotzkismus seit mehr als vier Jahrzehnten eine führende Rolle: „North ist eine Autorität auf dem Gebiet der Geschichte des Trotzkismus und hat zu diesem Thema mehrere Bücher verfasst“.

Zu Beginn seiner Rede betonte North den wichtigen Beitrag der ersten Trotzkisten in Sri Lanka, damals Ceylon, die 1935 die Lanka Sama Samaja Party (LSSP) und 1942 die Bolschewistisch-Leninistische Partei Indiens (BLPI) gegründet hatten. Trotzkisten auf der ganzen Welt schätzten ihren Beitrag zur Sache des revolutionären Sozialismus.

North betonte die große Bedeutung der Lehren der Geschichte für den Kampf für Sozialismus heute: „Für die trotzkistische Bewegung ist der bewusste Umgang mit der Geschichte Pflicht. Eine politische Analyse, die sich nicht auf eine historisch basierte Perspektive stützt, kommt nicht über willkürliche Eindrücke hinaus“.

North ging ausführlich auf die wichtigen Stadien des theoretischen und politischen Kampfes Leo Trotzkis ein. Dieser hatte die Perspektive und das Programm des internationalen Sozialismus, die 1917 die Machteroberung der russischen Arbeiterklasse ermöglicht hatten, gegen die antimarxistische Theorie der stalinistischen Bürokratie vom „Sozialismus in einem Land“ verteidigt. Diese Verteidigung des Marxismus durch Trotzki schuf die Grundlage für die Gründung der Vierten Internationale 1938.

North schloss: „Wie Trotzki vorhersah, ist die Menschheit durch ‚Jahrzehnte von Krieg, Aufständen, kurzen Waffenstillständen, erneute Kriege und Aufstände‘ gegangen. Als politisch verfolgte Minderheit hat die Vierte Internationale unter der Führung des Internationalen Komitees das Erbe des Marxismus unter den widrigsten Bedingungen verteidigt und dabei einen ungeheuren Erfahrungsschatz erworben. Die Geschichte hat die historische Perspektive des Internationalen Komitees bestätigt.

Heute ist der Todeskampf des Kapitalismus weit fortgeschritten, weshalb es möglich ist, die Vierte Internationale als Weltpartei der Sozialistischen Revolution aufzubauen.“

Nach dem Vortrag, der simultan ins Singhalesische und Tamilische übersetzt wurde, beantwortete North zahlreiche Fragen aus dem Publikum.

Ein Teil des Publikums

Zur Perspektive des Sozialismus in den USA sagte er, die objektiven Bedingungen, die die Entwicklung von politischem Klassenbewusstsein unter Arbeitern in den USA unterdrückt hatten – vor allem der ungeheure Reichtum und die konkurrenzlose globale Stellung des amerikanischen Kapitalismus –, seien inzwischen gründlich unterhöhlt. Der historische Niedergang und die Krise des amerikanischen Kapitalismus würden jetzt ein Anwachsen des Klassenbewusstseins fördern.

Als North über die wachsende Militanz der amerikanischen Arbeiter sprach und über die Anstrengungen der SEP, ihnen zu einem Verständnis des internationalen Charakters des Klassenkampfes zu verhelfen, gab es großen Applaus.

SEP- und IYSSE-Mitglieder diskutierten mit Besuchern über den Vortrag.

Sithara, Psychologie-Studentin im ersten Jahr, sagte: „Ich bin jetzt schon davon überzeugt, dass der Kapitalismus der Menschheit keine Zukunft bieten kann. Deswegen interessiere ich mich für den Sozialismus. Ich habe mit der JVP (Janatha Vimukthi Peramuna) sympathisiert, doch inzwischen verstehe ich, dass sie gar nicht für Sozialismus kämpft.“

Sie sei froh, mit der SEP in Diskussion zu kommen, sagte Sithara. „Mir ist klar geworden, dass der Sozialismus für die Arbeiterklasse wirklich notwendig ist. Nur der Sozialismus kann die Probleme, die alle Arbeiter haben, lösen. Mir hat sich die Frage gestellt: ‚Wie kommt die Arbeiterklasse dahin, ihre revolutionäre Rolle zu erkennen, wie kommt sie zu ihrem Bewusstsein?‘ In der Diskussion habe ich die Notwendigkeit einer revolutionären Partei erkannt, die die Arbeiter anleitet und erzieht.“

Vishanaka (rechts) spricht am Büchertisch mit einem Mitglied der SEP

Vishanka, der sein Psychologiestudium abgeschlossen hat, meinte: „Das Wichtigste, was ich verstanden habe, ist, dass wir mit einer nationalistischen Perspektive nicht für den Sozialismus kämpfen können. Wir sollten für den internationalen Sozialismus kämpfen und müssen alle pseudolinken Gruppierungen scharf kritisieren. Der Kapitalismus kann nicht durch individuelle Anstrengungen gestürzt werden. Wir müssen die Wurzel der kapitalistischen Krise verstehen. Ich glaube, dieses Eingreifen an den Universitäten ist wirklich entscheidend.“

Lakshitha, Geografiestudent, sagte, ohne eine sozialistische Perspektive könnten die Massen leicht irregeführt und von den kapitalistischen Parteien vereinnahmt werden. Zu den Präsidentschaftswahlen in Sri Lanka 2015 meinte er: „Viele, auch ich, haben für Maithripala Sirisena gestimmt, weil wir ihn für das ‚kleinere Übel‘ hielten, der mit den antidemokratischen Maßnahmen von Mahinda Rajapakse Schluss machen würde. Doch jetzt sehen wir, dass er Rajapakses Kurs fortsetzt. Alle pseudolinken Gruppen, auch die JVP, befürworteten die Wahl Sirisenas. Niemand erklärte, dass die gesamte herrschende Klasse Sri Lankas in der Krise steckt, wie ihr das getan habt.“

Lakshitha (links)

Lakshitha äußerte sich zur globalisierten Wirtschaft und zur internationalen Arbeiterklasse. „Jede Regierung muss bessere Bedingungen für das internationale Finanzkapital schaffen. Deshalb müssen sie die Ausbeutung der Arbeiterklasse in ihren Ländern verschärfen. Arbeiter müssen sich als eine einzige internationale Klasse begreifen.“

Wijaya, Kunststudent im letzten Jahr, beteiligte sich ebenfalls an der Diskussion. Er sprach über die Schwierigkeiten, die er als Student hat. „Mein Vater ist tot, meine Mutter ist Plantagenarbeiterin. Ich muss jede Woche zu meiner Mutter nach Hause fahren. Das kostet mich jedes mal 500 Rupien. Ich esse in der Mensa das billigste Essen, um Geld zu sparen.“

Wijaya meinte, der Sozialismus sei die Lösung für die Krise des Kapitalismus; er frage sich aber, wie eine sozialistische Gesellschaft aufgebaut werden könne. Er stimmte zu, dass die Entwicklung des politischen Wissens der Arbeiterklasse und der Jugend das Wichtigste sei, und verstand, dass Revolutionen nicht allein durch bewaffnete Kämpfe erfolgreich sein können, wenn sie sich nicht auf die wissenschaftliche Theorie des Marxismus gründeten.

Wijaya kaufte einige Publikationen der Partei, darunter die Bücher Warum die Russische Revolution studieren und Historische und internationale Grundlagen der Socialist Equality Party.

Nach dem Vortrag sprach Wijawa über wichtige Dinge, die er verstanden hat: Wie der Stalinismus die Oktoberrevolution verraten habe, und die Richtigkeit der trotzkistischen Perspektive. Er verurteilte die von der Inter University Students Federation der JVP vertretene Propaganda-Parole „Keine Politik an den Universitäten“, die Studenten daran hindern soll, diese geschichtlichen Fragen zu verstehen.

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