Regierung von Ecuador isoliert Julian Assange

Die ecuadorianische Botschaft in London hat Julian Assange jeden Besuch, auch den seiner Anwälte, untersagt – ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, bei dem eine wichtige Gerichtsverhandlung stattfand. Das hat die Courage Foundation, die sich für Julian Assanges Freiheit einsetzt, bekannt gemacht.

Das Verbot behinderte unmittelbar die Berufungsverhandlung, die Assange gegen eine richterliche Entscheidung aus der vorigen Woche angestrengt hatte. Die Richterin bestätigte das drakonische „Verhaltensprotokoll“, das Präsident Lenín Morenos Regierung über Assange verhängt hatte, und mit dem sie sein Recht auf politisches Asyl bedroht.

Das Protokoll verbietet Assange im Wesentlichen, irgendwelche politischen Kommentare abzugeben, da diese angeblich den Interessen der ecuadorianischen oder einer anderen Regierung schaden könnten.

Schon seit März hat die Moreno-Regierung dem mutigen Journalisten in der Botschaft praktisch die Bedingungen von Einzelhaft auferlegt. Mit dem neuen Protokoll werden diese Bedingungen weiter verschärft. Damit geht die Drohung einher, Assange das Asyl zu entziehen.

Die ecuadorianische Elite steht unter dem wachsenden Druck aus Washington, sowohl von Demokratischen wie von Republikanischen Abgeordneten, Assange entweder auszuliefern, oder ihm solch unmenschliche Bedingungen aufzuerlegen, dass er gezwungen wäre, die Botschaft zu verlassen. Und das trotz der Proteste in Ecuador und weltweit.

Am 31. Oktober, zwei Tage nach der richterlichen Billigung des Protokolls, fand vor dem Präsidentenpalast in Ecuador eine Demonstration für Julian Assange statt. Sie richtete sich speziell gegen den erneuten Versuch der rechten und mit den USA verbündeten Sozialchristlichen Partei (PSC), im Nationalkongress die Aufhebung der ecuadorianischen Staatsbürgerschaft Assanges zu erreichen. Solange Assange ecuadorianischer Staatsbürger ist, gilt für ihn Artikel 79 der Verfassung Ecuadors, in der es heißt: „Die Auslieferung eines Ecuadorianers darf in keinem Falle zugelassen werden.“

Eine kurze Videoaufnahme der Proteste auf dem Twitter-Account von WikiLeaks zeigt die entschlossene und ziemlich große Demonstration zur Verteidigung von Julian Assange sowie die Präsenz der Polizei.

Julian Assange genießt in der breiten Öffentlichkeit allgemeine Unterstützung und Sympathie, weil WikiLeaks systematisch umfangreiche Dokumente über die Verbrechen und Komplotte der Herrschenden und ihrer Wirtschaftspartner veröffentlicht hat. Die Moreno-Regierung dagegen verstärkt ihre Bemühungen, Assange aus dem Botschaftsgebäude zu drängen und ihn auszuliefern, was für ihn praktisch mit Gefängnis in Großbritannien und Auslieferung an die Vereinigten Staaten gleichbedeutend wäre.

Am 30. Oktober hat das ecuadorianische Außenministerium eine Stellungnahme veröffentlicht, in der die richterliche Entscheidung begrüßt und implizit die Drohung ausgesprochen wird, Assange das Asyl zu entziehen, sollte er sich kritisch über die gegen ihn verhängten Schritte äußern.

Ecuador „wird keine grundlosen, unwahren Behauptungen oder Andeutungen darüber dulden, wie die nationale Regierung mit dem diplomatischen Asyl umgeht, das Mr. Assange in Ausübung der Hoheitsrechte des Staates Ecuador gewährt wurde“, heißt es in der Stellungnahme.

Am Tag zuvor hatte Assange versucht, die Gerichtsverhandlung zu nutzen, um die Welt über die Pläne zu informieren, ihn aus der Botschaft zu zwingen. Er wollte die Mauer des Schweigens durchbrechen, die die Moreno-Regierung seit sieben Monaten gegen ihn aufrechterhält.

Während der Gerichtsanhörung in Quito wurde Assange per Telefonkonferenz aus der Botschaft zugeschaltet. Er bezeichnete das neue Verhaltensprotokoll als ein Zeichen dafür, dass Moreno bereits entschieden habe, sein Asyl zu beenden, und nur den offiziellen Auftrag dazu noch nicht erteilt habe. Bevor er mehr sagen konnte, schnitt der leitende ecuadorianische Staatsanwalt, Inigo Salvador, ihm das Wort ab und warnte ihn, keine politischen Aussagen während der Verhandlung zu machen.

Dieses Vorgehen hat die Anhörung selbst als Farce entlarvt. Die Richterin lehnte es ab, über die Verfassungsmäßigkeit der Schritte der Regierung gegen Assange zu urteilen. Sie behauptete, dies sei Sache des nationalen Verfassungsgerichtes. Auch lehnte sie es ab, Zeugen zu vernehmen oder Beweise zuzulassen, die das Ausmaß der Kontrolle und Einschränkungen belegen, die die Botschaft über Besucher und Kommunikationsmittel verhängt.

Das ecuadorianische Außenministerium ist sich der Unterstützung bewusst, die Assange in Ecuador und weltweit genießt, und behauptete in seiner Stellungnahme, „dass der Staat Ecuador sich konsequent an die einschlägigen Regeln des nationalen und internationalen Asylrechts“ halte.

In der zutiefst widersprüchlichen Stellungnahme heißt es: „Das Protokoll stellt den Zugang von Mr. Assange zu Kommunikationsmitteln wieder her“, aber gleichzeitig wird betont: „Gemäß den internationalen Verträgen, die das Asyl regeln, darf er keine Erklärungen, Übermittlungen oder Ankündigungen machen, die andere Staaten beeinträchtigen oder den Interessen Ecuadors schaden könnten.“

Weit davon entfernt, Assanges Grundrecht auf Kommunikation anzuerkennen, hindert das Protokoll ihn daran, irgendwelche politischen Kommentare abzugeben, die als schädlich für Ecuador oder seine „guten Beziehungen“ mit „irgend einem anderen Staat“ erachtet werden. Das Protokoll macht deutlich, dass seine Äußerungen und seine Besucher überwacht werden, und dass die Informationen an amerikanische und britische Spionagedienste weitergeleitet werden.

Weiter legt es fest, dass der WikiLeaks-Gründer sich alle drei Monate einer Gesundheitsprüfung unterziehen muss, und dass die Ärzte eine Evakuierung aus der Botschaft empfehlen können, falls sie zu dem Schluss gelangen, dass er dringend einer Behandlung bedürfe.

Zu Unrecht behauptet das Außenministerium in seiner Stellungnahme, die richterliche Entscheidung habe bestätigt, dass das Protokoll „in vollem Einklang mit dem Asylrecht“ stehe. So hat der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte im Mai erneut betont, dass ein wesentlicher Bestandteil des Grundrechts auf politisches Asyl der internationale Schutz vor antidemokratischer Unterdrückung sein muss.

Dieser Gerichtshof, der die Aufgabe hat, über Menschenrechtsverletzungen in den Ländern der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu urteilen, kam zum Schluss, dass Assange vor Drohungen oder Nötigungen geschützt werden müsse, die ihn in die Hände einer Regierung zwingen würden, die ihn verfolgen will. Im Falle von Assange sind das die Vereinigten Staaten.

Der interamerikanische Gerichtshof warnte die britische Regierung: „Wenn Großbritannien weiterhin die Gerichtsentscheidung ignoriert und darauf beharrt, dass die Polizei vor Ort Assange verhaftet, sobald er die Botschaft verlässt, weil er Kautionsauflagen verletzt haben soll, dann bedeutet dies, dass die britische Regierung mutwillig Assanges legitimes Asylrecht von Ecuador missachtet.“

Die britische Regierung, die in Übereinstimmung mit Washington handelt, hat diese Entscheidung, ebenso wie die australische Regierung, in den Wind geschlagen.

Der WikiLeaks-Gründer war im Jahr 2012 gezwungen, in der Botschaft Sicherheit zu suchen, als die schwedische Regierung fingierte Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens als Vorwand nutzte, um ihn in Großbritannien verhaften und ausliefern zu lassen. Er hätte an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden können, wo ihm aufgrund fabrizierter Spionagevorwürfe lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe drohen.

Assange, ein australischer Staatsbürger, musste sich an Ecuador wenden, weil die Labor-Regierung in Australien sich der Obama-Regierung beugte und Assange das Recht auf Unterstützung und Schutz verweigerte.

Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten wollen Assange auf Lebenszeit hinter Schloss und Riegel bringen, um all jene einzuschüchtern, die gegen Militarismus, soziale Ungleichheit und die Angriffe auf demokratische Rechte kämpfen. Seine Verteidigung erfordert die breitest mögliche Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse für die Forderung nach seiner sofortigen und bedingungslosen Freiheit.

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(26. Oktober 2018)

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