Chemiekonzern Bayer baut 12.000 Arbeitsplätze ab

Die Bayer AG hat angekündigt, weltweit jede zehnte Stelle abzubauen sowie sich von Teilen seines Unternehmens-Konglomerats zu trennen. Der Aufsichtsrat (AR) billigte am Donnerstag einstimmig entsprechende Pläne des von Konzernchef Werner Baumann geführten Vorstands. Das heißt, alle Arbeitnehmervertreter, Gewerkschafts- und Betriebsratsfunktionäre unterstützen den Arbeitsplatzabbau.

In einer schriftlichen Mitteilung wurde deutlich gemacht, dass das hauptsächliche Ziel dieses Arbeitsplatzabbaus darin besteht, die Rendite für die Aktienbesitzer zu erhöhen. Der zusätzlich angekündigte Verkauf der Sparte Tiermedizin, der Gesundheitsproduktemarken Coppertone (Sonnenschutz) und Dr. Scholl‘s (Fußpflege) sowie des 60-prozentigen Anteils am deutschen Standortdienstleister Currenta soll gleichzeitig Investitionskapital einbringen. Bayer plant, in den kommenden Jahren bis 2022 rund 35 Milliarden Euro zu investieren, gut zwei Drittel davon in Forschung und Entwicklung.

Der Chemisch-Pharmazeutische Industrie-Multi zählt zu den am höchsten bewerteten Dax-Unternehmen. Mitte 2018 belief sich sein Börsenwert auf rund 92,3 Milliarden Euro (ca. 105 Mrd. Dollar). Im vergangenen Jahr erzielte der Bayer-Konzern bei einem Umsatz von rund 35 Milliarden Euro einen Gewinn von 7,3 Milliarden Euro. Mit dem Kauf des US-amerikanischen Pflanzenschutzherstellers Monsanto für 60 Milliarden Euro (66 Milliarden US-Dollar) im letzten Jahr stieg Bayer zur weltweiten Nummer eins im Agrarchemie-Geschäft auf.

Die Bayer AG beschäftigt auf allen Kontinenten fast 120.000 Menschen in über 300 Gesellschaften, davon mehr als die Hälfte in Europa. In Deutschland waren zuletzt (2017) an zehn Standorten 31.620 Arbeiter beschäftigt, die meisten am Stammsitz in Leverkusen – einer Stadt zwischen Düsseldorf und Köln. In Deutschland soll der Großteil der 12.000 Arbeitsplätze schon bis Ende 2021 abgebaut werden.

In der Bayer-Mitteilung heißt es: „Vorgesehen ist jeweils ein Abbau von rund 900 Arbeitsplätzen in der Forschung bei Pharmaceuticals, rund 350 im Zusammenhang mit dem Faktor-VIII-Betrieb in Wuppertal, rund 1.100 durch die Neuaufstellung der Organisation bei Consumer Health, rund 4.100 bei Crop Science durch die Integration des akquirierten Agrargeschäfts und weitere 5.500 bis 6.000 bei den übergreifenden Konzern- und Querschnittsfunktionen, Business Services sowie den Länderplattformen.“

Das Unternehmen steht wegen zahlreicher laufender Prozesse in den USA gegen den von Monsanto hergestellten Unkrautvernichter Glyphosat bei Investoren unter Druck. Die Kläger werfen Bayer/Monsanto vor, mit Glyphosat ein krebserregendes Mittel verkauft und nicht ausreichend über die Schädlichkeit informiert zu haben. Die Bayer-Aktie brach nach dem ersten verlorenen Glyphosat-Prozess im August massiv ein.

„Mit den Maßnahmen, die wir jetzt angehen, schaffen wir die Voraussetzung, um die Performance und Ertragskraft von Bayer nachhaltig zu steigern“, lässt sich Bayer-Chef Baumann nun zitieren. Im Rahmen aller geplanten Effizienz- und Strukturmaßnahmen seien – einschließlich der erwarteten Synergien aus der Monsanto-Übernahme – „ab 2022 jährliche Beiträge in Höhe von 2,6 Milliarden Euro vorgesehen“.

Für nächstes Jahr rechnet Bayer mit einem deutlichen Gewinnplus. Trotz Milliardeninvestitionen in Forschung und Entwicklung soll das bereinigte Ergebnis (sprich der Gewinn) je Aktie von 5,70 bis 5,90 Euro in diesem auf 6,80 Euro im kommenden Jahr steigen.

Die Gewerkschaft IG BCE (Bergbau, Chemie, Energie) und der Betriebsrat unterstützen diese Pläne – Arbeitsplatzabbau zwecks Gewinnsteigerung – uneingeschränkt. Der 20-köpfige Aufsichtsrat, der in den vergangenen Wochen und Monaten dieses Arbeitsplatzmassaker ausgearbeitet hat, wird zur Hälfte von deren Vertretern gestellt. Prominentestes AR-Mitglied ist DGB-Chef Reiner Hoffmann. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ist der Bayer-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Oliver Zühlke. Während Hoffmann im letzten Jahr 130.000 Euro Vergütung und Sitzungsgeld für seine Teilnahme an den Treffen des Aufsichtsrats erhielt, strich Zühlke, als stellvertretender AR-Vorsitzender, mehr als das Doppelte ein.

Zühlke und alle anderen Gewerkschafts- und Betriebsratsvertreter im Aufsichtsrat haben in einer Vereinbarung unter der Überschrift „Zukunftssicherung Bayer 2025“, die ebenfalls gestern unterschrieben wurde, ihre Unterstützung für die Vernichtung jedes zehnten Arbeitsplatzes erklärt. Als Beruhigungspille sprechen sie wie üblich von „sozialverträglicher Gestaltung“.

Wieder heißt es, betriebsbedingte Kündigungen seien bis Ende 2025 grundsätzlich ausgeschlossen. Mit dieser Floskel wurde schon immer der Arbeitsplatzabbau durchgesetzt. Dieses Mal bezieht sich der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen allerdings nur auf die deutschen Standorte. Für die Beschäftigten der zum Verkauf stehenden Konzernteile gilt dies naturgemäß auch nicht. Aber „mögliche Erwerber“ sollen mit den Betriebsräten etwa der KVP in Kiel (Tiermedizin) „in Verhandlungen“ treten, „mit dem Ziel, für die Belegschaft beschäftigungssichernde Maßnahmen zu erörtern“.

Auch ansonsten setzen sich IG BCE und Betriebsrat ausschließlich für die Stärkung der deutschen Standorte in Konkurrenz zu anderen internationalen Niederlassungen und Standorten ein.

„Der Heimatstandort Deutschland hat für die Bayer AG eine essenzielle Bedeutung“, heißt es in der Vereinbarung der Gewerkschaft. „Trotz erheblicher Auswirkungen aus dem Maßnahmenpaket wird Deutschland auch zukünftig seine herausragende Bedeutung behalten.“ Wesentliche „zukunftsorientierte Entwicklungen werden für Bayer aus Deutschland heraus initiiert und getrieben“.

Der Vorstand habe zugesagt, dass die Konzernzentrale des Unternehmens in Deutschland bleibe sowie „die Steuerung der Divisionen Pharma und Crop-Science sowie für die Globalen Funktionen und Business Services“ weiterhin aus Deutschland erfolgen werde. „Der Fortbestand der deutschen Standorte bleibt trotz notwendiger Anpassungen auch über die Laufzeit der Vereinbarung gesichert. Bei Standortentscheidungen für Produktionskapazitäten wird regelmäßig die Option einer Vergabe auch an deutsche Standorte geprüft.“

Für ihn habe die „Sicherung der Beschäftigung und die Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze höchste Priorität“, behauptete Gesamtbetriebsratsvorsitzender Zühlke. „Mit der Gemeinsamen Erklärung ist es uns gelungen, dafür gute Voraussetzungen zu schaffen.“

Das ist der gewerkschaftliche Neusprech, mit dem Betriebsräte und Gewerkschaften ihre Unterstützung von Arbeitsplatzabbau und Lohnsenkungen begleiten. Sie als „Arbeitnehmervertreter“ zu bezeichnen ist völlig falsch. Sie sind es, die die Angriffe in den Aufsichtsräten und anderen betrieblichen Gremien im Interesse der „Wettbewerbsfähigkeit“ der Konzerne ausarbeiten und umsetzen. Die IG BCE verzichtet aktuell sogar auf ihre ritualisierten Pseudo-Proteste und geheuchelte Empörung über den Arbeitsplatzabbau.

Daraus ergibt sich eine wichtige Schlussfolgerung: Die Verteidigung der Arbeitsplätze ist nicht mit, sondern nur gegen die Gewerkschaft und ihre Betriebsfunktionäre möglich.

Diejenigen Bayer-Beschäftigten, die nicht zulassen wollen, dass im Interesse des Profits und der Bereicherung der Aktionäre massenhaft Arbeitsplätze vernichtet werden, müssen sich in unabhängigen Betriebskomitees zusammenschließen und den angeblich notwendigen Arbeitsplatzabbau und alle anderen Angriffe zur Steigerung der „Performance und Ertragskraft“ (Baumann) oder zur Sicherung der „Zukunftsfähigkeit“ (Zühlke) zurückweisen.

Das Recht der Beschäftigen auf einen Arbeitsplatz steht höher als die Gier der Aktionäre und Kapitaleigner auf Rendite und Profit. In den Betriebskomitees müssen Kampfmaßnahmen zur prinzipiellen Verteidigung aller Arbeitsplätze an allen Standorten vorbereitet werden. Das ist der erste Schritt, um die Produktion im Interesse der 120.000-köpfigen weltweiten Belegschaft zu organisieren und sich der Profitlogik des Vorstands und seine Handlanger im Betriebsrat und Gewerkschaft zu widersetzen.

Die Betriebskomitees müssen Arbeiter über alle nationalen Grenzen hinweg zusammenschließen, nicht nur die bei Bayer sondern auch in allen anderen Branchen, und sie für einen gemeinsamen Kampf mobilisieren. Das ist notwendiger Weise ein politischer Kampf, denn die Arbeiterklasse ist nicht nur mit diesem oder jenem Konzern, sondern dem gesamten kapitalistischen System konfrontiert.

Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und die World Socialist Web Site kämpfen dafür den wachsenden Widerstand gegen Entlassungen und Sozialabbau, der sich gegenwärtig in sehr vielen Unternehmen entwickelt, zu einer machtvollen Gegenoffensive der Arbeiter zu entwickeln. Das erfordert eine internationale sozialistische Strategie, die darauf abzielt, den Würgegriff der Banken und Großkonzerne zu durchbrechen und die Weltwirtschaft so umzugestalten, dass sie den Bedürfnissen der Bevölkerung und nicht dem privaten Profit entspricht. Multinationale Großkonzerne wie Bayer müssen enteignet und in öffentliche Unternehmen umgewandelt werden, die unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter stehen. Nehmt mit uns Kontakt auf, um diese Strategie zu diskutieren und den Kampf zur Verteidigung aller Arbeiterplätze zu organisieren.

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