Razzia bei der Deutschen Bank

Am gestrigen Freitag setzte die Staatsanwaltschaft Frankfurt ihre Razzia bei der Deutschen Bank fort. Wegen des Umfangs des Materials konnten die Durchsuchungen am Tag zuvor nicht abgeschlossen werden, teilte die Sprecherin der Ermittlungsbehörde Nadja Niesen mit.

Bereits am Donnerstag hatten etwa 170 Beamte der Staatsanwaltschaft, des Bundeskriminalamts, der Steuerfahndung und der Bundespolizei die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt, vier Niederlassungen der Bank in Frankfurt und Eschborn und eine Privatwohnung eines der beiden Beschuldigten durchsucht.

Es gehe „um den Verdacht der Geldwäsche“, erklärte Niesen in einem Pressestatement. Im Moment richteten „sich die Ermittlungen gegen zwei Mitarbeiter der Bank – 50 Jahre und 46 Jahre alt“, und „gegen weitere, bislang allerdings noch nicht identifizierte Verantwortliche des Unternehmens“. Offensichtlich war auch die Spitze der Bank von den Maßnahmen betroffen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass die Razzia auch in den Vorstandsetagen der Bank stattgefunden habe.

Das Handelsblatt berichtete unter Berufung auf „auf zwei mit dem Sachverhalt betraute Personen“, dass unter anderem das Büro der für Regulierung und Compliance zuständigen Vorständin Sylvie Matherat durchsucht worden sei. Laut der ARD-Sendung „Börse vor acht“ sei auch das Büro von Deutsche Bank-Chef Christian Sewing durchsucht worden. Sewing hatte die Führung der Bank im April diesen Jahres übernommen und damals noch großspurig einen „Neuanfang“ verkündet.

Nun zeichnet sich ab, dass auch unter Sewings Führung die Skandale und kriminellen Machenschaften der Vergangenheit fortgesetzt wurden. Die Ermittlungen reichen bis in die Gegenwart – sie „beziehen sich mindestens auf einen Zeitraum von 2013 bis 2018 und laufen seit August 2018“, erklärte Niesen. Das Bundeskriminalamt habe „Datenmaterial der sogenannten Panama Papers und der sogenannten Offshore-Leaks“ ausgewertet. Und es bestehe „der Verdacht, dass die deutsche Bank Kunden behilflich war bei der Gründung sogenannter Offshore-Gesellschaften in Steuerparadiesen“. Von dort „sollen dann Gelder auf die Deutsche Bank geflossen sein, ohne das die Bank Geldwäscheverdachtsanzeige erstattet hatte“.

Die Panama Papers (2016) und Offshore-Leaks (2013) gehören zu den größten Datenlecks von Insiderinformationen über Korruption, Geldwäsche und andere betrügerische Aktivitäten führender Banken, Politiker und Geschäftsleute. Allein die Panama Papers basieren auf 11,5 Millionen vertraulichen Dokumenten des panamaischen Unternehmensdienstleisters Mossack Fonseca. Sie haben detaillierte Informationen über mehr als 214.000 Offshore-Gesellschaften geliefert. Deutsche Finanzhäuser, und allen voran die Deutsche Bank, spielten bei den illegalen Operationen eine zentrale Rolle.

„Wenn man sich anschaut, wie Mitarbeiter deutscher Banken das Geld ihrer Kunden in Offshore-Paradiese transferiert haben, und wenn man anhand der Panama Papers und anderer geleakter Daten nachvollzieht, in welch großem Stil sie Briefkastenfirmen genutzt haben, um Finanzströme zu verschleiern, dann muss man sagen: Es stinkt gewaltig! Und ganz besonders intensiv müffelt es gerade bei der Deutschen Bank“, kommentierte die Süddeutsche Zeitung am Freitag.

Im von der Staatsanwaltschaft verfolgten Fall sollen über eine zur Deutschen Bank gehörende Tochtergesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln allein im Jahr 2016 mehr als 900 Kunden mit einem Geschäftsvolumen von über 300 Millionen Euro betreut worden sein. Dabei handelt es sich Medienberichten zufolge um die Gesellschaft Regula Limited, die im Zuge der Panama Papers- und Offshoreleaks-Affären um Steuerschlupflöcher und Geldwäsche schon länger im Verdacht stand. Erst Ende März 2018 habe sich die Deutsche Bank von der Gesellschaft getrennt.

Das in den Panama Papers und Offshoreleaks enthüllte Ausmaß an krimineller Energie gerade bei der Deutschen Bank ist atemberaubend. So hat sie allein über ihre Niederlassung in Singapur 309 Scheinfirmen und Trusts gründen lassen. Mossack Fonseca hatte bis zum Jahr 2007 Kunden der Deutschen Bank dabei unterstützt, mehr als 400 Briefkastenfirmen zu gründen. Die Filiale der Deutschen Bank in Genf führte noch im Jahr 2012 Darlehenskonten für die Firmen Nescoll Ltd. und Nielsen Ltd. Die zwei Offshore-Gesellschaften gehörten zumindest zeitweise der Tochter des mittlerweile im Zusammenhang mit den Panama Papers zu elf Jahren Haft verurteilten pakistanischen Ex-Premiers Nawaz Sharif.

Auch in den sich immer weiter zuspitzenden „Danske-Fall“, den größten Geldwäsche-Skandal der Geschichte, ist die Deutsche Bank verwickelt. Laut Enthüllungen der dänischen Tageszeitung Berlingske sollen im dänischen Geldhaus Danske Bank zwischen 2007 und 2015 über ihre Filiale in Estland 200 Milliarden Euro aus Russland und ehemaligen Sowjetrepubliken gewaschen worden seien. Der Großteil des Geldes, etwa 130 Milliarden Euro, sei von Estland aus über die Deutsche Bank weitergeleitet worden.

Und all das ist nur die Spitze des Eisbergs. Zwischen 2010 und 2015 fanden insgesamt sieben Razzien bei der Deutschen Bank statt. Dabei ging es unter anderem um den Verdacht auf Steuerhinterziehung, Falschaussagen, Betrug und verdächtige Aktiengeschäfte. Nach einer Studie der Londoner CCP Research Foundation musste die Deutsche Bank in den Jahren 2010 bis 2014 Strafgelder in der Höhe von mehr als 14 Milliarden Dollar zahlen. Noch immer stehen mehrere tausend Rechtsstreitigkeiten zur Entscheidung aus.

Auch an den kriminellen Machenschaften, die die globale Finanzkrise 2008 auslösten, war die Deutsche Bank führend beteiligt. Ein 2011 veröffentlichter Bericht des US-Senats widmete dem Finanzhaus eine ganzes Kapitel und identifizierte es neben der US-Investmentbank Goldman Sachs, der Bank Washington Mutual, den Ratingagenturen Moody's und S&P und der US-Bankenaufsicht OTS als einen Hauptschuldigen der Krise.

„Die Bank verkaufte minderwertige Anlagen“ und habe hochriskante CDOs (Collateralized Debt Obligations) – synthetische Finanzprodukte, die sich oft auf faule Kredite stützten – „aggressiv vermarktet“. Und das trotz der „der negativen Meinung ihres leitenden CDO-Traders, fallender Werte und sich verschlechternder Märkte“. Investoren seien im Unklaren belassen worden, um die „CDO-Maschine“ in Gang zu halten und hohe Profite einzustreichen. Am Ende hätten „Multi-Milliarden-Dollar-Verluste“ gestanden.

Die World Socialist Web Site hat analysiert, wie die zunehmend kriminelle Praxis der Deutschen Bank mit ihrer Verwandlung in eine Investmentbank zusammenhing. „Sie hatte jahrzehntelang eng mit wichtigen Teilen der deutschen Großindustrie zusammengearbeitet, doch mit dem Aufstieg des globalen Finanzkapitals wurde dieses Geschäftsmodell untragbar“, schrieben wir auf dem Höhepunkt der Krise der Deutschen Bank vor zwei Jahren. „Ab Ende der 1980er Jahre versuchte die Deutsche Bank, sich zu einer weltweit tätigen Investmentbank zu entwickeln, und ging aggressiv gegen ihre Rivalen vor, vor allem gegen amerikanische Banken. Ihre kriminellen Geschäfte auf dem amerikanischen Subprime-Hypothekenmarkt, mit denen sie es ihren amerikanischen Konkurrenten wie Goldman Sachs gleichtun wollte, waren Teil dieser Strategie.“

Zehn Jahre nachdem die kapitalistischen Regierungen die Banken weltweit mit Billionen US-Dollars gerettet und die größte Umverteilung des Reichtums von unten nach oben in der Geschichte der Menschheit organisiert haben, wird deutlich, dass keine der Ursachen, die zur Finanzkrise führten, gelöst oder auch nur abgeschwächt wurde. Im Gegenteil: das kriminelle Treiben der Banker und Politiker ging munter weiter und hat die Bedingungen für einen noch größeren Crash geschaffen.

Die Aktie der Deutschen Bank war bereits am Donnerstag eingebrochen und mit minus 3,4 Prozent als schwächster Dax-Wert aus dem Handel gegangen. Am Freitag verlor die Aktie weitere 2,86 Prozent und fiel auf 8,06 Euro. Das ist ihr tiefster Wert seit 38 Jahren.

„Sollten die Ratingagenturen weitere Papiere herabstufen, droht ein großer Knall“, warnte die Süddeutsche Zeitung bereits Anfang der Wochen in einem Kommentar mit dem apokalyptischen Titel „Der Höllensturz“. In den USA und Europa gehörten bereits fast 50 Prozent der Unternehmensanleihen zum „Anleiheschrott“. Noch „monströser“ sei „die Bilanz, wenn man auf das Volumen dieser Papiere schaut: Standen in den USA vor zehn Jahren 800 Milliarden Dollar solcher Wackelanleihen aus, türmt sich der Berg inzwischen auf mehr als drei Billionen Dollar.“

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