David North stellt in Sydney Neuauflage von Das Erbe, das wir verteidigen vor

Auf großes Interesse stieß David North, Chefredakteur der World Socialist Web Site, Ende letzter Woche bei der Vorstellung der Neuauflage seines Buchs Das Erbe, das wir verteidigen. Thema des Bands ist die 80jährige Geschichte der Vierten Internationale. Die von Mehring Books, dem Verlag des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) ausgerichtete Veranstaltung fand bei Gleebooks, einem führenden Buchladen in Sydney statt.

North umriss die immense Bedeutung der Geschichte der Vierten Internationale für die Kämpfe der Arbeiterklasse, die sich heute weltweit entwickeln: gegen Krieg, soziale Ungleichheit, den Klimawandel und das Wiederaufleben faschistischer Strömungen bei den kapitalistischen Eliten.

North spielt seit 45 Jahren eine herausragende Rolle in der internationalen sozialistischen Bewegung und ist Vorsitzender der Socialist Equality Party (SEP) in den USA. Er teilte sich das Podium mit Nick Beams, einem Führungsmitglied der SEP in Australien, mit dem North seit Jahrzehnten eng zusammenarbeitet. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion beantwortete der Autor eine Reihe weiterführender Fragen aus dem Publikum.

Nick Beams und David North bei Gleebooks

Unter den mehr als 70 Besuchern befanden sich neben Mitgliedern und Anhängern der SEP zahlreiche Interessenten, die mehr über die Geschichte der 1938 von Leo Trotzki gegründeten Weltbewegung erfahren wollten. Viele Teilnehmer kauften das Buch und ließen es von North signieren.

In der Podiumsdiskussion bat Beams den Autor um eine Replik auf diejenigen, die den Fokus der trotzkistischen Bewegung auf Fragen der Theorie und der politischen Prinzipien ins Lächerliche ziehen. Nach Ansicht solcher revisionistischer Tendenzen hatte sich das revolutionäre Programm der Vierten Internationale mit der Stabilisierung des Weltkapitalismus nach zwei verheerenden Weltkriegen erübrigt.

Darauf erwiderte North, es sei frappierend, wie viele Themen, die in der Erstauflage von Das Erbe, das wir verteidigen behandelt wurden, heute im Zentrum der Weltpolitik stehen. Die marxistische Methode des historischen Materialismus habe es ermöglicht, die tiefer liegenden Klasseninteressen zu verstehen, die hinter den schweren politischen Konflikten innerhalb der trotzkistischen Bewegung standen.

Zur Verdeutlichung skizzierte North die historische Bedeutung der Vierten Internationale, die von Trotzki als Weltpartei der sozialistischen Revolution gegründet wurde. Ihr Ziel bestand darin, die Krise der Führung der Arbeiterklasse zu lösen, die der monströse Verrat des Stalinismus in der Sowjetunion und international in den 1920er und 1930er Jahren geschaffen hatte. Dieser Verrat, so North, gipfelte 1991 in der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie. Trotzkis Warnungen vor dem konterrevolutionären Charakter des Regimes wurden dadurch endgültig bestätigt.

Nur das IKVI hatte, gestützt auf Trotzkis Analyse, die Restauration des Kapitalismus durch die stalinistischen Regime in Osteuropa, China, Vietnam und der Sowjetunion vorhergesagt, sie politisch richtig eingeschätzt und sich auf die Folgen vorbereitet.

Die aktuellen Kriegsspannungen und politischen Krisen, die zahlreiche Regierungen weltweit erschütterten, hätten die Prognose Trotzkis im Gründungsprogramm der Vierten Internationale bestätigt. Die „Todeskrise des Kapitalismus“ werde entweder durch eine weltweite sozialistische Revolution unter der Führung der Arbeiterklasse gelöst oder zu einem Abstieg in Krieg und Barbarei führen, der die menschliche Zivilisation insgesamt infrage stellen würde.

North erläuterte, um welche politischen Kernfragen sich die Auseinandersetzungen drehten, in denen Trotzkis Analyse und Programm seit 1938 gegen verschiedene opportunistische Tendenzen verteidigt wurden. In der einen oder anderen Form hatten sich diese Tendenzen an die oberflächliche Erscheinung der Ereignisse während und nach dem Zweiten Weltkrieg angepasst und die revolutionäre Rolle der internationalen Arbeiterklasse abgeschrieben.

North zeigte auf, welche politische Logik und welche materiellen Klasseninteressen die Opportunisten dazu brachten, die Agenda der imperialistischen Mächte zu übernehmen. Das Endergebnis war die Identitätspolitik, die auf Geschlecht, Rasse und Sexualität basiert. Den Kern dieser Politik bildet die Ablehnung der revolutionären Fähigkeiten der Arbeiterklasse, den globalen Kapitalismus zu stürzen.

In diesem Zusammenhang ging der Autor auf das neue Vorwort von Das Erbe, das wir verteidigen ein. Es handelt von den politischen Positionen einer von der Partido Obrera in Argentinien vertretenden Tendenz, die sich um eine Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Establishment des Landes bemüht. Um diese reaktionäre Orientierung zu rechtfertigen, behauptet diese Gruppe, dass die Vierte Internationale von Anfang an mit einem fatalen Fehler behaftet gewesen wäre: Sie habe es nicht geschafft, Trotzkis revolutionäre Perspektive aus dem Zweiten Weltkrieg aufzugeben und auf die Verteidigung der bürgerlichen Demokratie umzuschwenken.

Beim Publikum stießen diese historischen Fragen auf großes Interesse. Dies zeigte sich gleich in der ersten Frage: North möge genauer auf die Aussage von Marx und Engels eingehen, dass man aufdecken müsse, welche treibenden Kräfte hinter den Beweggründen der politisch Handelnden stehen. Die Besucherin fragte, wie dies im Zusammenhang mit „Donald Trump und Konsorten“ zu verstehen sei.

North antwortete, dass Trump Ausdruck des Drangs der herrschenden Klasse der USA sei – der von anderen imperialistischen Mächten geteilt werde –, die globale Vormachtstellung gegenüber rivalisierenden kapitalistischen Nationalstaaten zu erobern. Vor allem aber drücke sich in Trump die starke Angst vor neuen Kämpfen der Arbeiterklasse aus. Die Quelle der Hinwendung zu militärischen Konflikten und faschistischen Herrschaftsformen liege nicht in den Köpfen der Beteiligten, sondern in tieferen ökonomischen und gesellschaftlichen Prozessen.

David North signiert das Buch "Das Erbe, das wir verteidigen"

North spricht dieser Tage in Sydney, Melbourne und Wellington zum Thema Achtzig Jahre Vierten Internationale (1938-2018): Klassenkampf, Revolution und Sozialismus im 21. Jahrhundert.

Die deutsche Übersetzung der Neuauflage von Das Erbe, das wir verteidigen ist in Vorbereitung und kann hier vorbestellt werde.

Weiterführende Lektüre:

Das Erbe, das wir verteidigen – Vorwort zur Neuauflage zum 30. Jahrestag
[29. Juni 2018]

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