Anhörung zu Assanges Auslieferung könnte laut Richterin „drei bis vier Wochen“ dauern

Die Anhörungen über einen amerikanischen Auslieferungsantrag für den WikiLeaks-Gründer Julian Assange könnten im kommenden Februar „drei oder vier Wochen“ dauern. Das sagte Bezirksrichterin Vanessa Baraitser am Donnerstag während der Verhandlung am Amtsgericht Westminster.

Die Richterin wich damit deutlich von ihrer früheren Aussage ab. In Anbetracht von Umfang und Komplexität des Falles wäre es tatsächlich absurd gewesen, die Anhörung vom 24. Februar, wie von ihr ursprünglich beabsichtigt, auf etwa fünf Tage zu begrenzen.

An der Verhandlung vom Donnerstag, bei der es um den Zeitplan seines Falls gehen sollte, nahm Assange per Videolink teil. Er wurde aus dem Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bei London zugeschaltet. Dort hält man ihn weiterhin mit der ausschließlichen Begründung in Untersuchungshaft, dass ein amerikanisches Auslieferungsersuchen gegen ihn vorliege. Der wirkliche Grund ist, dass WikiLeaks amerikanische Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan aufgedeckt hat.

Ausschnitt aus der Protestkundgebung vor dem Amtsgericht Westminster

Als Assange am Donnerstag in einem hellblauen Pullover auf der Leinwand erschien, wirkte er gealtert und krank. Aber nachdem er seinen Namen und sein Geburtsdatum bestätigt hatte, verfolgte er die Anhörung aufmerksam, lehnte sich vor und kniff die Augen angestrengt zusammen, um besser sehen zu können.

Der Kronanwalt Ed Fitzgerald von der Kanzlei Doughty Street Chambers trat für Assange auf und sagte dem Gericht, die Verteidigung habe am 17. Dezember eine „Zusammenfassung der Themen“ vorgelegt und dem Gericht am 18. Dezember ein ganzes Aktenpaket zugestellt.

„Wir haben große Probleme gehabt, Mr. Assange zu besuchen, um seine Meinung zu diesen wichtigen Themen zu erfahren“, sagte Fitzgerald dem Gericht.

Bezeichnenderweise hatte Assange erst diese Woche Gelegenheit, den gesamten Umfang seiner Verteidigung durchzusehen. Davor war eine Intervention von Assanges Anwältin Gareth Peirce am vergangenen Freitag notwendig. Anlässlich einer Untersuchungsanhörung sagte sie aus, dass man sie daran gehindert habe, ihren Klienten über wichtige neue Beweise aufzuklären.

Fitzgerald listete mehrere dicke Akten auf, die dem Gericht vorgelegt wurden. Diese umfassten die Anklage der US-Regierung auf der Grundlage des Spionagegesetzes, Beweise in Bezug auf Chelsea Manning, medizinische Dokumente, öffentliche Erklärungen von US-Politikern, die Assange und WikiLeaks vorverurteilt hatten, sowie Beweise für das völlige Fehlen eines ordnungsgemäßen Verfahrens und für die unmenschlichen Haftbedingungen.

Ein wichtiges Aktenpaket bezieht sich auf die spanische Sicherheitsfirma UC Global, die illegal im Auftrag der CIA vertrauliche Gespräche zwischen Assange und seinen Anwälten in der ecuadorianischen Botschaft ausspioniert und aufgezeichnet hat. Auf Telefone, Laptops, Rechtsdokumente und Ausweise von Anwälten und Journalisten wurde illegal zugegriffen.

Am gestrigen Freitag sagte Assange dann via Videolink vor José de la Mata aus, einem spanischen Richter am Obersten Gerichtshof. Es ging um die Spionageaktivitäten von UC Global, die von 2017 bis zu Assanges illegaler Ausweisung aus der ecuadorianischen Botschaft in London am 11. April andauerte. Da weitere Beweise aus den laufenden Verfahren in Spanien zu erwarten sind, wurde die Frist für die endgültige Vorlage von Dokumenten der Verteidigung bis zum 10. Januar verlängert.

„Angesichts der Schwere der Probleme“ und ihrer rechtlichen Tragweite, erklärte Fitzgerald, werde Assange bei der Anhörung im nächsten Jahr durch drei Anwälte vertreten sein. Fitzgerald sagte, die Verteidigung werde 21 Zeugen präsentieren, von denen 16 vor Gericht aussagen würden.

Fitzgerald ging auf frühere Anträge ein, denen zufolge das Gericht schon vorweg vorläufige Argumente der Verteidigung hören sollte, die sich darauf beziehen, dass das aktuelle amerikanisch-britischen Auslieferungsabkommen nicht eingehalten wird. „Wir sagen, dass es ein Auslieferungsverbot für politische Delikte gibt und dass diese Anklagen im Wesentlichen politische Delikte sind“, sagte er.

Die Anwälte der Anklage zeigten sich durch die gestrige Anhörung einigermaßen verunsichert. Nachdem sie monatelang verlangt hatten, dass Assanges Anwaltsteam alles Menschenmögliche tun müsse, um unmögliche Fristen einzuhalten, sagte Clair Dobbin, die für die US-Regierung auftrat, jetzt zu Richterin Baraitser, dass die Staatsanwaltschaft mehr Zeit brauche, denn: „Dem Gericht wurde eine riesige Menge an Beweisen zugestellt.“

Sie wies Baraitser darauf hin, dass der leitende Staatsanwalt James Lewis für die zweite Woche der Anhörung nicht verfügbar sei, und schlug eine Teilverlegung bis April vor. Baraitser lehnte dies ab und antwortete: „Ich habe den Eindruck, dass die Regierung darauf bedacht ist, dass dieser Fall auf dem richtigen Weg bleibt und nicht entgleist.“

Die Sitzung wurde unterbrochen, um Dobbin zu erlauben, James Lewis zu kontaktieren. Doch sie kehrte mit leeren Händen zurück und sagte, dass sie ihn nicht erreichen könne. Sein Sekretär habe bestätigt, dass er einen „wichtigen Fall“ habe und nicht abkömmlich sei.

Darauf wurde Dobbin gesagt, dass die Staatsanwaltschaft eine Änderung der aktuellen Verhandlungstermine beim Gericht beantragen müsse. Baraitser setzte für den 14. Januar eine kurze Untersuchungsverhandlung und für den 23. Januar eine Anhörung über den Zeitplan an, bei denen jeweils eine Videoleitung zum Amtsgericht Westminster geschaltet werden soll.

Bei der Anhörung vom Donnerstag war die Abgeordnete der Partei Die Linke, Sevim Dagdelen, als Beobachterin zusammen mit dem deutschen Botschafter in Großbritannien, Dr. Peter Ammon, anwesend. Einer Delegation medizinischer Beobachter von Doctors4Assange wurde dagegen der Zutritt zur Besuchertribüne verwehrt. Gerichtsbeamte verweigerten ihnen das Betreten des Saales, obwohl ihnen andere Besucher freiwillig ihre Plätze überließen.

Die Organisation Bridges for Media Freedom hat angekündigt, dass 25 Abgeordnete aus ganz Europa im nächsten Jahr als offizielle Beobachter an der Auslieferungsanhörung am Belmarsh Magistrates Court teilnehmen werden. Das Europäische Parlament, der Bundestag und der italienische Senat haben im vergangenen Monat Veranstaltungen abgehalten, bei denen es um die Auslieferungsversuche gegen Assange ging. Abgeordnete aus Deutschland, Italien und dem Europäischen Parlament werden im Februar nach London reisen.

Im krassen Gegensatz dazu steht die Haltung der konservativen Regierung Großbritanniens. Sie verfolgt Assange rücksichtslos, wie auch ganze Scharen von Labour-Abgeordneten, welche die staatliche Hexenjagd unterstützen. Das zeigt, dass sich der britische Imperialismus in geostrategischer Hinsicht nach den Vereinigten Staaten ausrichtet.

Während sich sogar rechte Abgeordnete in ganz Europa zu Wort melden, halten der Labour-Führer Jeremy Corbyn und die Schatten-Innenministerin Diane Abbott ihr Schweigen aufrecht. Nachdem sie im April behauptet hatten, sich gegen Assanges Auslieferung an die USA zur Wehr zu setzen, kapitulierten beide rasch vor dem vereinten Bemühen der Blair-Anhänger und der Tories. Sie stimmten zu, Assange nach Schweden auszuliefern, wo er sich einer nicht vorhandenen (und jetzt eingestellten) Vorermittlung wegen gefälschter sexueller Anschuldigungen der schwedischen Regierung stellen müsse.

In Europa nehmen der Handelskrieg und die militärischen Spannungen mit den USA an Schärfe zu. Das führt dazu, dass Teile des politischen Establishments, von der Linkspartei in Deutschland bis zur Fünf-Sterne-Bewegung in Italien, bereit sind, gleichzeitig die Menschenrechtsverletzungen der USA zu verurteilen und „die Grundlagen der europäischen Demokratien“ zu preisen.

Die unerbittliche staatliche Verfolgung von Assange und die Tatsache, dass sogar das Spionagegesetz gegen WikiLeaks in Stellung gebracht wird, sind Ausdruck einer Hinwendung zu autoritären Herrschaftsformen. Dies trifft nicht nur auf die USA und Großbritannien zu, sondern auf jedes Land. In Frankreich setzt die Regierung Macron Panzer und Militärpolizei gegen streikende Arbeiter ein und lässt politische Gegner einkesseln. In Deutschland hat die herrschende Klasse die rechtsextreme AfD zur wichtigsten Oppositionspartei gemacht. Sie versucht, linke Tendenzen zu kriminalisieren und den Staat gegen Widerstand von unten aufzurüsten.

Die Verteidigung von Assange ist untrennbar mit dem Kampf gegen Austerität, Krieg, den Aufstieg der Rechtsextremen und die Hinwendung zu diktatorischen Herrschaftsformen verbunden. Seine Freiheit kann nur durch die Mobilisierung einer politischen Massenbewegung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und im Kampf für den Sozialismus gewonnen werden.

Nach der Anhörung sagte der WikiLeaks-Botschafter Joseph Farrell der WSWS: „Es war sehr interessant: Zuvor hatte die Richterin noch klipp und klar gesagt, dass in diesem Fall eine fünftägige Anhörung stattfinden werde, die vielleicht noch ein wenig verlängert würde (…). Und heute war es sehr ermutigend zu sehen, dass die Richterin ihre Meinung komplett geändert hat und jetzt von einer vierwöchigen Anhörung spricht.“

Was immer noch extrem schlecht sei, sei der Zugang des Anwaltsteams zu Julian. „Das Anwaltsteam hat die Richterin gebeten, einen Antrag [an die Gefängnisbehörde] zu stellen, was sie aber nicht macht. Sie sagte, sie gehe davon aus, dass das Gefängnis Julian den Zugang zu seinen Anwälten ermöglichen werde. Aber gerade zu dieser Jahreszeit ist im Gefängnis alles zu Weihnachten geschlossen, und Familientage und Besuche sind eingeschränkt und werden immer wieder gestrichen.“

Er fuhr fort: „Eigentlich müsste Julians Anwältin, Gareth Peirce, ihn viel öfter sehen als das tatsächlich der Fall ist. Es gab eine lange Zeit, in der sie ihn überhaupt nicht besuchen konnte. Das Anwaltsteam brauchte mehrere Monate, um das Gefängnis dazu zu bringen, dass sie ihm einen Computer zur Verfügung stellten, um die Beweismittel einzusehen, die gegen ihn vorgebracht werden. Schließlich bekam er einen Computer, aber der war für den Zweck nicht geeignet.“

Farrell erklärte, dass die Unterstützung für Assange merklich zugenommen habe. „Es gab eine Flut von offenen Briefen, zum Beispiel von den Ärzten. Australische Anwälte schickten einen sehr, sehr guten Brief an [den australischen Premierminister] Scott Morrison.“ Auch der offene Brief von hunderten von Journalisten erhalte täglich noch mehr Unterstützerunterschriften. Farrell schloss: „Es gibt eine Menge Unterstützung für Julian, und das liegt daran, dass jeder die Auswirkungen dieses Falles versteht. Es ist eine Frage der Pressefreiheit. Ihn auszuliefern würde bedeuten, dass jeder für alles, was er über eine Regierung schreibt, die das anstößig findet, ausgeliefert werden könnte.“

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