Perspektive

Oligarchen versammeln sich in Davos

Hunderte von Bankiers, Konzernchefs, Prominente, Staatschefs und Regierungsmitglieder sind im schweizerischen Davos eingefallen, um am 50. jährlichen Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, WEF) teilzunehmen, das am Dienstag begonnen hat.

Allein mit den 25 Prozent, um die im letzten Jahr der Wohlstand der Milliardäre weltweit gestiegen ist, haben die Teilnehmer in Davos viel zu feiern. Doch beim Blick auf die schneebedeckten Schweizer Alpen sehen sich die Oligarchen von einer Welle des sozialen Widerstands und von Empörung bedroht.

Ein Sicherheitspolizist patrouilliert auf dem Dach eines Hotels vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos, Schweiz (AP Photo - Markus Schreiber)

WEF-Gründer Klaus Schwab warnte noch vor dem Treffen in einem Statement, dass die Welt an einem Scheideweg stehe: „Die Menschen revoltieren gegen die wirtschaftlichen 'Eliten', von denen sie glauben, dass sie verraten wurden.“

Tatsächlich findet das Treffen inmitten eines weltweiten Anwachsen sozialer Proteste statt, die im letzten Jahr von Chile und Puerto Rico über den Sudan und Algerien, Irak und Libanon, Hongkong und Indien bis hin zu den Vereinigten Staaten und Mexiko ausbrachen.

Überall auf der Welt setzen sich die Proteste fort, angefeuert durch die zunehmende soziale und wirtschaftliche Ungleichheit, und werden voraussichtlich im Jahr 2020 noch zunehmen. In Frankreich begann das Jahr mit Massenstreiks gegen die von Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagenen Rentenkürzungen.

Vor seiner Sitzung hat das WEF einen globalen Risikobericht veröffentlicht, in dem auch eine Stimmungsabfrage enthalten ist. Hiernach betrachten die Mitglieder nunmehr die „innenpolitische Polarisierung“ als ihre wichtigste Sorge, nachdem dieser Punkt im vergangenen Jahr noch auf Rang neun war.

Die jährliche Umfrage Edelman-Trust-Barometer ergab, dass eine Mehrheit der Menschen weltweit der Meinung ist, der Kapitalismus richte mehr Schaden an als dass er nützlich sei. Die Umfrage stellte eine weltweite Diskreditierung aller Institutionen fest, wobei Regierungen, Medien, Wirtschaft und NGOs von der Masse der Menschen als unmoralisch und inkompetent angesehen werden.

Im Vorfeld der Veranstaltung veröffentlichte die britische Wohltätigkeitsorganisation Oxfam ihren Jahresbericht über soziale Ungleichheit, die sie als „außer Kontrolle“ geraten betrachtet.

Laut Oxfam kontrollieren allein die Milliardäre der Welt, insgesamt nur 2.153 Menschen – eine Anzahl von Menschen, die bequem auf ein modernes Kreuzfahrtschiff passen würden – mehr Reichtum als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung mit 4,6 Milliarden Menschen.

Mittlerweile kontrolliert das oberste 1 Prozent doppelt so viel Vermögen wie 6,9 Milliarden Menschen, also fast die gesamte Weltbevölkerung.

Oxfam findet ein anschauliches Bild für die schwindelerregende Kluft zwischen Arm und Reich: „Wenn jeder auf seinem in 100-Dollar-Scheinen gestapelten Reichtum sitzen würde, säße der größte Teil der Menschheit auf dem Boden. Ein Angehöriger der Mittelklasse in einem reichen Land würde auf der Höhe eines Stuhls sitzen. Die zwei reichsten Männer der Welt würden im Weltraum sitzen.“

Die Klausur in Davos ist eine Gelegenheit für die kapitalistische Elite, sich als aufgeklärte Reformer darzustellen. In der Privatsphäre des exklusiven alpinen Ressorts und unter der strengen Bewachung von Schweizer Polizeischarfschützen und ihrem eigenen persönlichen Sicherheitsgefolge machen sie gleichzeitig Hinterzimmer-Deals, um immer mehr Reichtum von unten nach oben zu schleusen.

Das diesjährige Treffen steht unter dem Thema „Akteure für eine kohärente und nachhaltige Welt“, mit einem Schwerpunkt auf dem Thema Klimawandel. Veranstaltungen mit der jugendlichen Aktivistin Greta Thunberg genießen besondere Aufmerksamkeit, und man rechnet mit einem Vortrag des britische Prinz Charles über die „Rettung des Planeten“.

Die anwesenden Milliardäre und Millionäre können ihr Engagement im Kampf gegen die Klimaerwärmung zeigen, indem sie ihre Privatjets am Privatterminal des Flughafens Zürich mit „grünem“, nachhaltigem Flugbenzin betanken. Die Teilnehmer werden ermutigt, zu Fuß von Veranstaltungsort zu Veranstaltungsort zu gehen, um ihren persönlichen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.

Der amerikanische Präsident Donald Trump ist nach Davos gefahren, um auf dem Weltwirtschaftsforum eine „Ansprache“ zu halten.

Dass Trump der Rote Teppich ausgerollt wird, einem Kriegsverbrecher, der Tausende von Migrantenkinder von ihren Familien getrennt hat und der erst vor Kurzem die Erde mit der Ermordung des iranischen Generals Qassim Soleimani an den Rande des Dritten Weltkriegs geführt hat, pulverisiert all die Bemühungen um ein humanitäres Bild der Veranstaltung.

Andrew Ross Sorkin kommentiert als Reporter der New York Times: „Mit dem Aktienmarkt auf Rekordniveau ... gibt es ein immer stärkeres Gefühl“, dass Trump „akzeptiert, wenn nicht sogar umarmt wird (obwohl einige Teilnehmer vielleicht ihre Augen hinter seinem Rücken rollen), wenn er am Dienstag ankommt“.

Sorkin schließt mit den Worten: „Mr. Trump könnte der neue Mann von Davos sein.“

Der herzliche Empfang der Teilnehmer für Trump zeigt, wie die Finanzoligarchie ihrerseits Diktatur und faschistischen Kräfte umgarnt. Da sich die Oligarchen von gesellschaftlichen Widerständen umgeben fühlen, wenden sie sich immer direkter den diktatorischen Herrschaftsformen zu.

Die Teilnehmer mögen moralisierende Predigten über „Nachhaltigkeit“ halten und die philanthropischen Bemühungen der anderen loben, doch sie wissen ganz genau, was auch der größte Teil der Welt weiß: Dass sie – die Oligarchen – die Ursache für die Probleme der Welt sind.

Sie sind es, die von Kriegen profitieren, sie sind es, die den Aufstieg des Faschismus fördern und einen Frontalangriff auf die demokratischen Rechte führen. Und sie sind es, die für die Armut und das soziale Elend der arbeitenden Bevölkerung in der Welt verantwortlich sind.

Millionen von Menschen sind entschlossen, sich dem entgegenzustellen und treten in den Kampf ein. Um die Krisen zu lösen, mit denen die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung konfrontiert ist, müssen die Finanzparasiten, die sich diese Woche in der Schweiz versammeln, jedoch enteignet werden.

Wenn man das Vermögen von etwas mehr als 2.000 Menschen beschlagnahmt und unter die demokratische Kontrolle der internationalen Arbeiterklasse stellt, wäre dies eine Grundlage, um Milliarden Menschen mit Nahrung, Wasser, Bildung, Gesundheitsversorgung, Kultur, Internetzugang und Wohnraum zu versorgen und damit ihre grundlegenden sozialen Rechte zu sichern. Die gesellschaftliche Notwendigkeit der Enteignung dieses unrechtmäßig erworbenen Reichtums ist untrennbar mit dem Sturz des kapitalistischen Systems und der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft verbunden.

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