USA bringen „einsatzbereite“ Atomwaffen gegen Iran in Stellung

Das Pentagon hat das U-Boot USS Tennessee, das letzten Monat auf dem Höhepunkt der Irankrise in den Atlantik entsandt wurde, erstmals mit einem neuen, „leistungsschwächeren“ Atomsprengkopf ausgestattet. Der als W76-2 bezeichnete thermonukleare Gefechtskopf hat eine Sprengkraft von etwa fünf Kilotonnen. Das ist ein Drittel der Zerstörungskraft der Bombe, mit der 1945 in Hiroshima etwa 140.000 Menschen getötet wurden.

Dies brachte die Federation of American Scientists (FAS) am 29. Januar 2020 an die Öffentlichkeit. Die Wissenschaftlervereinigung berief sich dabei auf namentlich nicht genannte Quellen aus dem zivilen und militärischen Bereich. An Bord der USS Tennessee und anderer U-Boote befinden sich insgesamt 20 Trident-Raketen. Wie die FAS berichtet, werden zwei dieser U-Boot-gestützten Interkontinentalraketen mit W76-2-Sprengköpfen ausgestattet. Jede Rakete kann mit bis zu acht solchen Sprengköpfen bestückt werden, die auf verschiedene Ziele abgefeuert werden können.

Der erste Abschuss einer Trident-Interkontinentalrakete am 18. Januar 1977 in Cape Canaveral [Quelle: U.S. Navy]

Die neue Waffe wurde mit bemerkenswerter Geschwindigkeit eingeführt. Die Entwicklung „einer leistungsschwächeren U-Boot-gestützten ballistischen Rakete“ wurde im sogenannten „Nuclear Posture Review“, der Atomwaffenstrategie der Trump-Regierung, erst 2018 in Aussicht gestellt. Der Sprengkopf sollte „die Option auf eine schnelle Reaktion eröffnen, die die gegnerische Verteidigung durchringen kann“, und „eine ausnutzbare ‚Lücke‘ in den regionalen Abschreckungsfähigkeiten der USA schließen“.

Begründet wird der Einsatz des Sprengkopfs mit der unbewiesenen Behauptung, dass Russland ähnliche Waffen entwickle. Russland habe sich die Doktrin zu eigen gemacht, „zu eskalieren, um zu deeskalieren“ bzw. „zu eskalieren, um zu siegen“. Zu diesem Zweck baue es leistungsschwächere Atomwaffen. Grundlage sei die Erwartung, dass Washington aus Angst vor einem totalen thermonuklearen Krieg nicht mit strategischen Sprengköpfen zurückschlagen würde. Das Pentagon argumentiert, dass von daher eine schnell einsetzbare ballistische Rakete mit geringerer Leistung benötigt werde, um „die Abschreckung wiederherzustellen“.

Die FAS weist in ihrem Bericht jedoch nachdrücklich darauf hin, dass diese angebliche russische Doktrin nur ein Vorwand ist. Es sei „viel wahrscheinlicher, dass die neue Waffe den Ersteinsatz von Atomwaffen gegen Nordkorea oder den Iran ermöglichen soll“.

Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass sowohl die Nationale Sicherheitsstrategie als auch die Atomwaffenstrategie der USA den Einsatz von Atomwaffen vorsehen, und zwar als Reaktion auf „nicht-nukleare Angriffe und groß angelegte konventionelle Aggressionen“. In der Nuclear Posture Review ist der Sprengkopf W76-2 ausdrücklich dafür vorgesehen, „das Spektrum der glaubwürdigen US-Optionen zur Reaktion auf nukleare oder nicht-nukleare strategische Angriffe zu erweitern“. Washington schließt den Einsatz dieser Waffen nicht aus, auch nicht gegen Länder, die wie der Iran selbst keine Atomwaffen besitzen.

Etwa zur selben Zeit, als die USS Tennessee mit den neuen „einsatzbereiten“ Atomsprengköpfen ausgestattet wurde, heckte Präsident Donald Trump in seinem Ferienanwesen in Florida mit seinen engsten Mitarbeitern die Ermordung des iranischen Generals Qassim Soleimani aus. Der kriminelle Drohnenmord wurde fünf Tage später auf dem internationalen Flughafen von Bagdad durchgeführt.

Der Sender NBC News stellte vergangenen Donnerstag unter Berufung auf hochrangige US-Beamte fest, dass Trump bei demselben Treffen in Florida „auch die Bombardierung iranischer Schiffe, Raketenwerfer und Luftabwehrsysteme genehmigt hat ... Theoretisch kann das Militär diese Ziele jetzt ohne weitere Genehmigung des Präsidenten unter Beschuss nehmen. In der Praxis würde es allerdings vor einer solchen Aktion mit dem Weißen Haus Rücksprache halten.“

Der Bericht warnte davor, dass „beide Seiten in einer gefährlichen Umklammerung verharren, in der die kleinste Fehleinschätzung nach Ansicht einiger Regierungsvertreter zu einer Katastrophe führen könnte“.

Mit anderen Worten: Das ganze Gerede, dass nach dem Mord an Soleimani – der eindeutig ein völkerrechtswidriger Kriegsakt war – ein Krieg abgewendet wurde, ist nichts wert. In Wirklichkeit steht die Welt nach wie vor am Rande einer katastrophalen militärischen Konfrontation, die schnell zum ersten Einsatz von Atomwaffen seit 75 Jahren führen könnte.

Die Drohung gegen den Iran ist Teil weitaus umfassenderer Vorbereitungen auf einen globalen Krieg. Auf diese Weise versucht der US-Imperialismus, die Erosion seiner Vormachtstellung in der Weltwirtschaft durch den Einsatz militärischer Gewalt auszugleichen.

Bereits für das Jahr 2020 hat sich die Trump-Regierung mit großer parlamentarischer Mehrheit – sowohl der Demokraten als auch der Republikaner – einen Militärhaushalt in Höhe von 738 Milliarden Dollar gesichert. Nun bereitet sie, wie letzte Woche bekannt wurde, eine 20-prozentige Erhöhung des Budgets für die National Nuclear Security Administration (NNSA) vor. Diese Behörde ist für den Aufbau des US-Nukleararsenals zuständig. Der dafür vorgesehene Haushaltsposten im Umfang von 20 Milliarden Dollar stellt nur einen Bruchteil der mehr als 1 Billion Dollar dar, die die USA in den nächsten dreißig Jahren für die „Modernisierung“ des Arsenals ausgeben wollen. Die entsprechenden Pläne wurden bereits unter der Regierung des Demokraten Barack Obama in die Wege geleitet.

Trump ist ein Kriegsverbrecher. Seine Drohungen, den Irak „auszulöschen“ und Nordkorea mit „Feuer und Zorn“ zu überziehen, sind tödlicher Ernst. Die „einsatzbereiten“ Atomwaffen für solche Gräueltaten hält er nun in den Händen.

Das Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten dürfte in Kürze im Senat ein klägliches Ende nehmen. Es zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Trumps größte Verbrechen – darunter Kriegshandlungen und seine Drohung, die Welt in einen Atomkrieg zu stürzen – in den Anklagepunkten nicht aufgeführt sind. Im Gegenteil, die Impeachment-Anklage konzentriert sich auf die Anschuldigung, dass er der Ukraine Militärhilfe vorenthalten und Russland nicht aggressiv genug angegriffen habe.

Wie die Newsweek feststellte, wird dieser Vorwurf erhoben, obwohl das Pentagon von Mai bis Ende September 2019 nicht weniger als 93 Militärmanöver durchgeführt hat, die alle einen Krieg gegen Russland simulierten. Weniger als 800 km von der russischen Grenze entfernt wurden Bombenabwürfe trainiert. In den baltischen Staaten und in Polen trainierte man das Zusammenziehen von Bodentruppen. Hinzu kamen Übungen für US-Lufteinsätze namens „Bomber Assurance“ und „Theater Security“.

Die Quelle der Kriegstreiberei liegt nicht im kranken Gehirn von Donald Trump, sondern in der unlösbaren Krise des globalen Kapitalismus. Es gibt innerhalb der herrschenden Klasse der USA keine Antikriegsfraktion. Auch die Demokratische Partei hat nur taktische Differenzen darüber, auf welche Weise die imperialistischen Interessen der USA in der globalen Arena verfolgt werden sollen.

Der Kampf gegen einen neuen imperialistischen Weltkrieg und gegen die Bedrohung, die er für das Überleben der Menschheit darstellt, kann sich nur auf die Kämpfe der Arbeiterklasse stützen. Auf der ganzen Welt kommt es gegenwärtig zu einer Welle von Streiks und sozialen Erhebungen. Diese aufkommende Massenbewegung muss mit einem sozialistischen und internationalistischen Programm ausgestattet werden. Nur so können sich die Arbeiter vereinen, um die Quelle von Krieg, sozialer Ungleichheit und Diktatur zu beseitigen: das kapitalistische System.

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