Griechische ND-Regierung setzt Syrizas Rentenangriffe fort

Die griechische Regierung unter der rechtskonservativen Nea Dimokratia, die im vergangenen Sommer an die Macht kam, verabschiedete am 27. Februar ihr erstes großes Rentengesetz.

Es wurde von Arbeitsminister Giannis Vroutsis vorgestellt. Vroutsis hat Erfahrung, wenn es darum geht, die Arbeiter, Rentner und sozial Schwachen bluten zu lassen. Als Arbeits- und Sozialminister im Kabinett von Andonis Samaras (ND) 2012 bis 2015 war er an den ersten Verhandlungen mit der Troika aus Europäischer Zentralbank, Europäischer Kommission und Internationalem Währungsfonds beteiligt und setzte ihr Spardiktat gegen den massiven Widerstand in der Arbeiterklasse durch.

Jetzt verbreiteten die Medien Vroutsis’ Behauptung, es handele sich um „das erste Sozialversicherungsgesetz der letzten zwölf Jahre, das keine Rentenkürzungen vorsieht. Vielmehr wird es sogar Rentenerhöhungen geben.“

Arbeitsminister Giannis Vroutsis im Januar 2014 (NERIT/Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0 gr)

Mit diesen angeblichen „Erhöhungen“ kommt die Regierung in Wirklichkeit nur einer Entscheidung des Staatsrates vom letzten Oktober nach. Das höchste griechische Verwaltungsgericht hatte einige Rentenkürzungen des „Katrougalos-Gesetzes“ von 2016 als verfassungswidrig eingestuft.

Das „Katrougalos-Gesetz“, benannt nach dem Arbeitsminister Giorgos Katrougalos unter der pseudolinken Syriza-Regierung, wurde als Teil des dritten Sparpakets der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds verabschiedet, das Syriza im Sommer 2015 unterzeichnete. Es legte niedrigere Rückstellungen für derzeitige und künftige Renten fest.

In den Fällen, in denen die Neuberechnung einen niedrigeren Betrag ergab, wird die Differenz zwischen der bestehenden und der „neuen“ Rente ausgezahlt, aber als separate Tranche abgerechnet und unter „persönliche Differenz“ verbucht. Allerdings ist diese Maßnahme kein Trost, da die Kürzung in den nächsten Jahren schrittweise real umgesetzt wird. Bis 2023 werden die Renten eingefroren und alle Erhöhungen danach sollen nur dazu dienen, die „persönliche Differenz“ auszugleichen.

Als Reaktion auf die Entscheidung des Staatsrates wird im neuen Gesetzentwurf die von Katrougalos beschlossene Kürzung der „Zusatzrenten“ zurückgenommen. Diese Kürzung sollte verhindern, dass der ausgezahlte Gesamtbetrag der Rente 1.300 Euro übersteigt. Gleichzeitig beinhaltet das neue Gesetz eine marginale Erhöhung der erworbenen Leistungen für diejenigen, die mit 30 bis 40 Dienstjahren in den Ruhestand gingen. Aber die dürftige Erhöhung wird nur einer kleinen Zahl von Rentnern zugute kommen.

Die Aufhebung der Zusatzrenten-Kürzung betrifft etwa 200.000 Rentner, während die neuen Pensionsansprüche eine reale Erhöhung für etwa 70.000 der rund eine Million Rentner bedeuten. Aber jede Erhöhung wird dann mit der „persönlichen Differenz“ verrechnet, die bei den meisten größer als die Erhöhung selbst ist. Gleichzeitig werden alle, die weniger als 30 Jahre gearbeitet haben, den gleichen jämmerlich niedrigen Rentenleistungen unterliegen, die im Katrougalos-Gesetz vorgesehen sind.

Zusätzlich sollen diejenigen, die Sonderleistungen wie z. B. Erwerbsunfähigkeitsrenten beziehen oder zu wenige Beitragsjahre eingezahlt haben, einen lächerlichen Pauschalbetrag am Jahresende erhalten.

Etwa die Hälfte der Mittel für die oben genannten Erhöhungen wird durch die Abschaffung der „13. Rente“ finanziert, die bisher immer am Jahresende als Pauschalbetrag ausgezahlt wurde. Die Höhe wird nach dem Einkommen bemessen, wobei der Höchstbetrag dem monatlichen Rentensatz entspricht.

Von der Abschaffung der 13. Rente sind die Ärmsten am schlimmsten betroffen. Wer jetzt monatlich ‎500 Euro oder weniger erhält, bekommt 100 Prozent der 13. Rente. Sie haben meist auch nur 30 Beitragsjahre oder weniger vorzuweisen, was bedeutet, dass ihre monatliche Rente nicht einmal für die in der Gesetzesvorlage vorgesehenen geringen Erhöhungen in Frage kommt. Welche Auswirkungen die Kürzung der 13. Rente hat, bestätigt auch ein Gutachten der Regierung, demzufolge Rentner 2020 im Durchschnitt rund 130 Euro weniger haben werden.

Das neue Gesetz behält Katrougalos’ Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre bei, auch für gefährliche und gesundheitsschädigende Berufe. Weitere Erhöhungen des Rentenalters sind bereits in der Schublade. Laut einem von der Regierung in Auftrag gegebenen Bericht „werden die Altersgrenzen für die Rente entsprechend der Entwicklung der Lebenserwartung der Bevölkerung angepasst“. Auf der Grundlage der in dem Bericht genannten aktuellen Trends wird das Rentenalter 2024 um ein weiteres Jahr steigen und 2066 sogar 72 Jahre erreichen.

Das Gesetz schafft die Voraussetzungen für die Privatisierung des Sozialversicherungssystems. Gestützt auf die Bestimmungen des Katrougalos-Gesetzes zur Finanzierung von Zusatzrenten, zielt das neue Gesetz darauf ab, Freiberufler und Selbstständige in den Rahmen der Zusatzrenten einzubeziehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, zwischen verschiedenen „festen Beiträge“ zu wählen. Ein solches System ist viel stärker auf die von den Versicherungsgesellschaften angebotenen Anlageprodukte ausgerichtet. Es steht im Einklang mit den Vorschlägen eines Expertengremiums aus Akademikern, Beamten und Versicherungsfachleuten, das von der Regierung beauftragt wurde, verschiedene Alternativen zur Rentenfinanzierung zu prüfen. Letzten Oktober haben sie einen Bericht vorgelegt. Darin werden auch weitere Vorschläge für die nahe Zukunft gemacht, zum Beispiel dass Beitragszahler wählen können, wo sie ihre Beiträge investieren und wie hoch das Risiko ihrer Anlage ist. Das Gremium empfiehlt, den Beitritt zu dem neuen Rahmenwerk ab Januar nächsten Jahres verbindlich vorzuschreiben.

Dass die derzeitige und die früheren Regierungen völlig ungestraft vorgehen konnten, ist vor allem der Gewerkschaftsbürokratie zu verdanken, die die Opposition erstickt und in harmlose Kanäle umgeleitet hat. Der Widerstand gegen das Katrougalos-Gesetz wurde von den Gewerkschaften demobilisiert, indem sie Illusionen in die Entscheidung des Staatsrates verbreitet haben.

Um die Form zu wahren, beschränkte sich der Widerstand gegen den aktuellen Gesetzentwurf auf einen einzigen 24-Stunden-Generalstreik, zu dem die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes ADEDY am 18. Februar aufgerufen hatte, sowie auf vereinzelte Kundgebungen in verschiedenen Städten.

Dass die Gewerkschaftsbürokraten Komplizen dabei sind, die Verabschiedung des Gesetzes zu erleichtern, bestätigte auch ein Interview mit ADEDY-Präsident Giannis Paidas auf Open TV am Tag des Streiks. Als er mit dem Vorwurf der Regierung konfrontiert wurde, dass der Streik von „Unruhestiftern“ aus Syriza und dem stalinistischen Gewerkschaftsbund PAME organisiert worden sei, bestand Paidas darauf: „Wir sind keine Unruhestifter und weder von PAME noch von Syriza. Ich persönlich bin Mitglied der [ND-Gewerkschaftsfraktion] DAKE und ein Liberaler.“

Während des Interviews erklärte Paidas, dass es aufgrund der Gesetzesvorlage zu Rentenerhöhungen kommen würde – obwohl er selbst auf den fiktiven Charakter dieser Erhöhungen angespielt hatte, der auch von den Zahlen belegt wird.

PAME gibt sich als der militante Flügel der Gewerkschaftsbürokratie aus. Am Streiktag erklärte Dimitris Koutsoumbas, der Generalsekretär der stalinistischen Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE): „Die ND-Regierung wird für den weiteren Abbau des Sozialversicherungssystems teuer bezahlen, genau wie [die sozialdemokratische] PASOK und Syriza vor ihr. Denn das griechische Volk vergisst nicht, sondern organisiert sich und gewinnt.“

Mit dieser heißen Luft will Koutsoumbas die Realität auf den Kopf stellen. Seit 2010 wurden die Renten um 20 bis 60 Prozent gekürzt, was einer Kürzung von fast 70 Milliarden Euro entspricht. Diese verheerenden Angriffe auf den Lebensstandard waren, wie bei jeder Sparmaßnahme von PASOK, Syriza und ND, nur möglich, weil alle Flügel der Gewerkschaftsbürokratie, einschließlich PAME, eine verhängnisvolle Rolle spielten.

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