Covid-19-Epidemie: Dramatischer Mangel an Schutzausrüstung

Die Bundesregierung und die Europäische Zentralbank pumpen hunderte Milliarden Euro auf die Konten der Unternehmen und Banken, um sie vor den ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie zu schützen. Doch wenn es um den gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung geht, ist das Handeln der Regierung von krimineller Verantwortungslosigkeit geprägt.

So ist es in Deutschland bis heute so gut wie unmöglich, sich auf den lebensbedrohlichen Virus testen zu lassen, wenn man nicht beweisen kann, dass man sich in einem Krisengebiet aufgehalten hat oder Kontakt zu einer bereits infizieren Person hatte. Selbst Menschen mit Krankheitssymptomen werden Tests verweigert.

Die Verantwortungslosigkeit der Regierung zeigt sich auch am Fehlen ausreichender Mengen von Schutzmasken und anderer dringend notwendiger Ausrüstung. Obwohl Ärztevertreter und Lieferanten von Schutzkleidung bereits vor Wochen davor gewarnt hatten, reagierte die Bundesregierung mit Ignoranz und Tatenlosigkeit. Nun werden die Masken in Kliniken, Arztpraxen und bei Sanitätsdiensten knapp – mit fatalen Folgen für die Bekämpfung von Covid-19.

Wie der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Walter Plassmann am letzten Dienstag erklärte, hatte die Bundesregierung versprochen, bei der Beschaffung von Schutzausrüstung zu helfen. Tatsächlich sei nichts geschehen. „Da ist nichts gekommen. Nicht eine einzige Maske haben wir gekriegt“, zitiert das Nachrichtenmagazin Spiegel Plassmann, der warnte: „Wenn uns die Schutzausrüstung ausgeht, sind wir am Ende.“

Achim Theiler, der Geschäftsführer eines Unternehmens, das Hygienebekleidung, Mundschutz und Atemschutzmasken für Krankenhäuser und Ärzte herstellt und vertreibt, berichtete dem Spiegel, das Bundesgesundheitsministerium ignoriere seit Wochen die Warnungen der Hersteller und Lieferanten.

„Wir haben gemahnt, und keiner hat uns gehört“, sagte Theiler. „Das ist grob fahrlässig und verschärft die Krise unnötig.“ Bereits am 5. Februar habe er sich per E-Mail an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewandt und energisch darauf gedrängt, die entsprechenden Mengen zu reservieren, da Deutschland ein dramatischer Engpass drohe. „Ich appelliere an Sie, unterschätzen Sie die Problematik dieses Virus nicht“, hatte Theiler in seiner E-Mail geschrieben.

Am 10. Februar kontaktierte Theiler das Bundesgesundheitsministerium erneut und verwies auf eine offizielle Mitteilung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass weltweit ein Engpass an Schutzausrüstung drohe, vor allem an Atemmasken. Auch der Spiegel hatte damals über Lieferprobleme in Deutschland berichtet. Theiler bat darum, diese Information unverzüglich an die entsprechenden Stellen weiterzugeben. „Keiner hat reagiert“, musste er feststellen.

Auch mehrere Ärzte, wie beispielsweise der Chef der München Klinik Axel Fischer, beklagen sich, dass die Bundes- und Länderregierungen trotz der absehbaren Probleme untätig geblieben sind. Dabei ist bekannt, dass rund 97 Prozent der Weltmarktproduktion an Mundschutz in China angesiedelt sind, dessen Regierung im Januar eine Exportsperre für Produkte dieser Art verhängte.

Obwohl die Zahl der Infizierten und Erkrankten nach wie vor rasant ansteigt, kommt es bereits jetzt zu Lieferengpässen, da gerade in Kliniken in der Regel aus Kostengründen nur eine geringe Anzahl an Vorräten gehalten wird.

Ohne ausreichende Schutzausrüstung sind Ärzte und Pflegepersonal einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. Bei einer Infektion fallen der betreffende Arzt oder Mitarbeiter aus, was die ohnehin angespannte Situation weiter verschärft. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Viren auf Patienten, also kranke und anfällige Menschen, übertragen werden. Dies bedeutet, dass eine Patientenversorgung ohne Schutzkleidung nicht möglich ist. „Dann müssen wir das Krankenhaus schließen“, erklärte der Chef des Eschweiler Krankenhauses Elmar Wagenbach dem Spiegel.

Die schmalen Vorräte sind bereits jetzt weitgehend aufgebraucht. Sollten angeforderte Lieferungen nicht eintreffen, seien sie in Hamburg bereits am Wochenende zu Ende, erklärte KV-Chef Plassmann.

Die Krankenhausgesellschaft in Nordrhein-Westfalen schlug Alarm, dass im Bundesland mit den meisten Corona-Fällen die meisten Kliniken noch Schutzmaterial für ungefähr 14 Tage hätten. In Kliniken wird das Personal nicht selten angewiesen, pro Tag nur einen Mundschutz zu verwenden, oder der Mundschutz – eigentlich ein Einmalprodukt – wird mehrmals verwendet.

Ähnlich dramatisch ist die Lage in den Arztpraxen. Auch hier herrscht akuter Mangel. Bereits vor Wochen waren Mundschutz, Schutzkleidung und Desinfektionsmittel nicht mehr zu bekommen. Teilweise kauften Hausärzte auf eigene Kosten Atemschutzmasken aus dem Baumarkt, die eigentlich von Malern oder Lackierern genutzt werden. Laut einer Umfrage des Ärztenachrichtendienstes klagen bereits jetzt mehr als 80 Prozent der niedergelassenen Ärzte über fehlende Schutzausrüstung und denken über die Schließung ihrer Praxis nach.

Wenn Material bestellt und geliefert werden kann, dann zu horrenden Preisen. Während Mundschutzmasken normalerweise zwischen 50 und 80 Cent pro Stück kosten, werden mittlerweile bis zu 20 Euro verlangt. Nachdem aus Angst vor dem Virus massenhaft Desinfektionsmittel und Schutzmaterial aus den Kliniken gestohlen wurden, müssen diese unter Verschluss gehalten oder durch Sicherheitspersonal bewacht werden.

Der Mangel an dringend notwendigem Material beschränkt sich nicht auf Mundschutz und Desinfektionsmittel. Auch bei Beatmungsgeräten, Sauerstoff und Medikamenten kommt es immer mehr zu Engpässen.

Wichtigen Medikamente der Intensivmedizin werden ebenfalls knapp und steigen im Preis. So steht das Narkosemittel Propofol nicht mehr ausreichend zur Verfügung. Der Preis pro Ampulle hat sich in den letzten Tagen verzwanzigfacht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte schon vor über einer Woche vor einem Mangel an Medizingeräten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Die Aussage von Gesundheitsminister Spahn, Deutschland sei auf einen Corvid-19-Ausbruch gut vorbereitet, entpuppt sich als dreiste Lüge. In jedem Bereich des Gesundheitswesens zeigen sich bereits gravierende Mängel. Corona-Tests, die ohnehin nicht flächendeckend gemacht werden, können aufgrund der Überlastung von Ärzten und Gesundheitsämtern kaum noch systematisch durchgeführt werden. In den Gesundheitsämtern wurden in den letzten 20 Jahren rund ein Drittel der Arztstellen abgebaut. Die Bezahlung liegt deutlich unter dem, was in einer privaten Klinik verdient werden kann.

Die Personalsituation in deutschen Kliniken und Pflegeheimen war schon vor Ausbruch der Pandemie katastrophal. 17.000 offene Stellen gibt es in der Krankenpflege gegenwärtig. Schlechte Bezahlung und noch schlechtere Arbeitsbedingungen sind der Grund dafür. Hinzu kommt der massive Bettenabbau in Krankenhäusern in den letzten Jahren. Sollte es zu einer ähnlichen Situation wie in Italien kommen, wären nicht annähernd genügend Intensivbetten im Land vorhanden.

Die katastrophal Lage macht deutlich, wohin Privatisierung, Profitgier, Spardiktate und marktwirtschaftliche Ausrichtung im Gesundheitswesen geführt haben. Zur Bekämpfung der Pandemie müssen sofort umfangreiche Mittel für die materielle und personelle Ausstattung aller Kliniken und medizinischen Einrichtung zur Verfügung gestellt werden. Die Profitorientierung im Gesundheitswesen muss umgehend beendet werden und einer planvollen Ausrichtung an den Bedürfnissen der Gesellschaft weichen.

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