Die Corona-Pandemie und der Kampf für Sozialismus in Australien

Wir veröffentlichen hier die Rede, die Cheryl Crisp auf der Online-Maikundgebung 2020 gehalten hat. Zu der Kundgebung hatte die World Socialist Web Site und das Internationale Komitee der Vierten Internationale am 2. Mai eingeladen. Cheryl Crisp ist stellvertretende Vorsitzende der Socialist Equality Party in Australien.

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Ich grüße euch von der Socialist Equality Party in Australien.

Das Hauptmerkmal der Corona-Pandemie ist, dass die breite Masse der Weltbevölkerung internationale Erfahrungen macht. Dieses Virus kennt keine Grenzen. Selbst in Ländern wie Australien, in denen die Infektions- und Todesraten derzeit noch niedriger sind, kann sich die Situation rasant ändern.

Aktuell gibt es 6.800 Infektionen und 93 Todesfälle. Während die Infektionsraten Berichten zufolge rückläufig sind, gehen auch die Tests zurück. Aber die Todesfälle nehmen zu. Laut dem Actuaries Institute könnte die Infektionsrate sechsmal höher sein als von der Regierung angegeben.

Die Rede von Cheryl Crisp beginnt bei Minute 29:15 im Video.

Doch das hat nicht verhindert, dass mit rasendem Tempo zur Rückkehr an die Arbeit gedrängt wird. Die Konzerne fordern, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, um die Gewinnspannen zu erhöhen – ganz gleich, wie hoch das Risiko ist.

Man debattiert ganz offen über die „Todeskalkulation“, um zu schauen, ob sich die Kosten für die Rettung von Leben auch lohnen. Folgende Rechnung wird aufgemacht: Wenn der begrenzte Lockdown beibehalten wird, können weitere 3.000 Leben gerettet werden, allerdings zu einem Preis von jeweils 9 Millionen Dollar – was als zu kostspielig betrachtet wird.

Die Regierungen haben alle zugegeben, dass die Aufhebung der Beschränkungen zu mehr Infektionen und Todesfällen führt. Was sie durchsetzen wollen, ist ein Leben mit dem Coronavirus.

Die Lehrer sind besonders im Visier, weil die Wirtschaft ohne Schulöffnungen nicht wieder anlaufen kann. Unter Pädagogen brodelt die Wut. Sie wehren sich dagegen, als Versuchskaninchen zu dienen. Widerstand regt sich auch auf Baustellen und in Fabriken. Die Gewerkschaften haben dafür gesorgt, dass sie offen bleiben müssen – trotz der Ansteckungsgefahr. Hunderte Mitarbeiter im Gesundheitswesen sind infiziert, weil es an Schutzausrüstung mangelt. Auf Tasmanien wurden wegen hoher Infektionszahlen zwei Krankenhäuser geschlossen und dem Militär unterstellt. Alle Mitarbeiter und ihre Familien mussten in Quarantäne.

Die Wiedereröffnung der Wirtschaft hängt davon ab, dass mindestens 40 Prozent der Bevölkerung eine Tracing-App benutzt, die für verstärkte Überwachung eingesetzt werden kann. Wenn das Virus sich ausbreitet, was unvermeidlich sein wird, werden die Gebiete abgeriegelt, wenn nötig auch mit Militär.

Die Rettungspakete der Regierung in Höhe von 320 Milliarden Dollar sind die größten in der Geschichte und fast zehnmal so hoch wie nach der globalen Finanzkrise 2008/2009. Sie beschleunigen die Umverteilung des Reichtums von unten nach oben. Das Kabinett hat bei der Verabschiedung des Hilfspakets faktisch eine nationale Einheit gebildet. Die Koalitionsregierung und die Ministerpräsidenten der meist Labor-geführten Bundesstaaten stimmten dafür.

27,4 Prozent der Bevölkerung sind entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt. Das viel gepriesene JobKeeper-Programm, das angeblich Millionen Arbeitsplätze retten soll, hat sich als Betrug erwiesen. Mindestens 2 Millionen Menschen – ausländische Studenten und geringfügig Beschäftigte – können sich nicht einmal dafür bewerben. Die Nachfrage bei Suppenküchen ist um mehr als 150 Prozent gestiegen. Fast 4 Millionen Menschen sind über Nacht arbeitslos geworden und kämpfen ums Überleben.

Das Rettungspaket wird bezahlt werden müssen – mit Kürzungen der Bildungs-, Gesundheits- und Sozialausgaben und einen Generalangriff auf die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse.

Die Pandemie dient als Vorwand für die blinde Zerstörung der Lohnniveaus und Arbeitsbedingungen. Die Regierung will nachholen, was sie seit 20 Jahren nicht geschafft hat. In enger Zusammenarbeit mit dem größten Dachverband der Gewerkschaften ACTU und der Labor Party werden garantierte Mindeststandards bei der Arbeit ausgehöhlt. ACTU-Vorsitzende Sally McManus sicherte der Regierung zu, dass sie das zusammen mit den Gewerkschaften besser erreichen kann, als über die Gesetzgebung.

Sie zerstreute die Sorgen der Regierung, das könnte zu lange dauern. Stattdessen verwies sie auf zwei Änderungen bei bislang garantierten Mindeststandards, die 2,5 Millionen Arbeiter betreffen. Das habe man in nur einer Woche geschafft – ohne großen Ärger. Mit einem Federstrich wurden die Schichtzulagen abgeschafft und die Mindeststundenzahl reduziert.

Ob die Koalition aus Liberalen und Nationalen, die Labor-Regierungen, die Grünen oder die Gewerkschaften – die Haltung aller politischen Vertreter des Kapitalismus hat eins enthüllt: Arbeiter können ihre Arbeitsbedingungen, ihre Rechte und nun sogar ihr Leben weder mit diesen Organisationen noch im Rahmen des Kapitalismus verteidigen.

Die Erfahrungen der letzten Monate haben das wahre Gesicht des Kapitalismus offenbart. Dieses System stellt die größte Bedrohung für die Menschheit dar. Arbeiter, Jugendliche und Fachkräfte müssen für eine sozialistische und internationalistische Perspektive kämpfen. Nur so kann die Gesellschaft vorwärts gehen.

Das erfordert den Aufbau einer neuen revolutionären Führung der Arbeiterklasse – die Sozialistischen Gleichheitsparteien und das Internationale Komitee der Vierten Internationale. Ich rufe euch alle auf, noch heute unserer Partei beizutreten.

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