China, Südkorea und Deutschland melden erneut steigende Corona-Infektionszahlen

China, Deutschland und Südkorea haben einen erheblichen Anstieg neuer Covid-19-Fälle gemeldet, nachdem die Lockdown-Maßnahmen in diesen Ländern gelockert wurden. Experten warnen daher, dass die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen in Europa und den USA zu einem größeren Wiederaufleben der Pandemie führen könnte.

Weltweit sind mittlerweile über 4,2 Millionen Menschen mit dem Virus Sars-CoV-2 (Coronavirus) infiziert. Die Zahl der Toten durch die von ihm ausgelöste Krankheit liegt bei über 286.000. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen lag am 27. April mit 66.000 auf dem tiefsten Stand seit zwei Wochen. Am Sonntag stieg sie jedoch wieder um mehr als 80.000, da sich die Pandemie von den derzeitigen Epizentren in Westeuropa und den USA weiter auf Afrika, Südamerika, Südasien und die Länder der ehemaligen Sowjetunion ausbreitet.

In China wurden am Wochenende zwei neue Infektionscluster gemeldet, außerdem ein einzelner größerer Ausbruch im südkoreanischen Seoul. Auch die deutsche Bundesregierung meldete, dass die Zahl der Neuinfektionen wieder exponentiell steigt.

Totengräber mit Schutzanzügen beerdigen ein Opfer von Covid-19, während Angehörige und Freunde in sicherer Entfernung stehen. Aufgenommen außerhalb von St. Petersburg, Russland. (AP Photo/Dmitri Lowetzki)

Zu diesen Clustern von Neuinfektionen in China gehören vierzehn neue Fälle, die am 4. Mai entdeckt wurden. Einer der Erkrankten kommt aus der Provinz Hubei, dem ursprünglichen Epizentrum der Pandemie. Das ist besonders beunruhigend, da die Zahl der neuen Fälle in China während der letzten Wochen im einstelligen Bereich lag. Erreicht hatte das Land dies durch Lockdown-Maßnahmen von Januar bis März und ein strenges Regime von Tests, Quarantänen und Kontaktverfolgung sowie den zwangsweisen Einsatz von Schutzausrüstung für Beamte, Beschäftigte im Gesundheitswesen und Bürger.

Der Cluster in Südkorea entstand, nachdem ein 29-jähriger Patient aus Yongin am 1. Mai fünf Nachtclubs im Raum Itaewon und später die benachbarten Provinzen Gyeonggi und Gangwon besucht hatte, bevor er positiv auf Covid-19 getestet wurde. Dabei hatte er Kontakt mit mehr als 1.300 Menschen, von denen sich mindestens 54 infiziert haben. Diese Zahl wird vermutlich weiter ansteigen, wenn die südkoreanische Regierung die Entwicklung des Ausbruchs weiterverfolgt. Als Reaktion darauf wurden die Nachtclubs und ähnliche Einrichtungen im ganzen Land auf unbestimmte Zeit geschlossen.

In Deutschland gab es zwar bisher keine neuen großen Infektionscluster, doch das Robert-Koch-Institut, das die Ausbreitung der Pandemie verfolgt, wies darauf hin, dass die Reproduktionsrate des Virus letzte Woche auf 1,1 gestiegen ist. Das bedeutet, die Zahl der Neuinfektionen steigt wieder.

In allen drei Ländern nimmt die Zahl der Neuinfektionen zu, nachdem die Lockdown-Maßnahmen teilweise aufgehoben wurden. In Deutschland haben seit dem 30. April Museen, Bauwerke, botanische Gärten, Parks und Zoos wieder geöffnet, zudem dürfen Gottesdienste wieder stattfinden. In China wurden in Hubei und dem Rest des Landes bereits Mitte April die strengsten Lockdown-Maßnahmen gelockert. Während die Anstiege in China und Deutschland nicht direkt auf die Lockerungsmaßnahmen für ihre jeweilige Wirtschaft zurückgeführt werden können, ist in Südkorea genau das der Fall.

Im Iran musste der Bezirk Abadan in der Provinz Chuzestan nach einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen unter Quarantäne gestellt werden. Der Gouverneur der Provinz, Gholamreza Shariati, erklärte: „Die Zahl der Fälle in der Provinz hat sich verdreifacht, und die Zahl der Patienten in Krankenhäusern ist um 60 Prozent gestiegen.“ Der Iran hat verzweifelt versucht, seine Wirtschaft angesichts der vernichtenden Sanktionen der USA wieder in Gang zu bringen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat mehrfach auf die Gefahren einer verfrühten Lockerung der Maßnahmen hingewiesen. Dr. Maria Van Kerkhove warnte auf der Pressekonferenz am Freitag: „Von den Ländern, die ihre Wirtschaft langsam wieder öffnen – und wir haben darüber bereits geredet – lernen wir, dass diese Maßnahmen sehr langsam und kontrolliert gelockert werden müssen, weil es möglich ist, dass sich das Virus sonst wieder ausbreitet.“

Auch Dr. Michael Ryan äußerte sich zu diesem Thema. Er wies darauf hin, dass die Länder und Regionen der Welt, die ihre Maßnahmen lockern, „weiterhin die unangenehme Tatsache ignorieren, dass wir die öffentliche Gesundheit wieder überwachen müssen. Wir müssen dorthin zurück, wo wir schon vor Monaten hätten sein sollen: Fälle finden, verfolgen, testen, positiv getestete Personen isolieren und ihre Kontaktpersonen unter Quarantäne stellen.“

Da immer mehr Länder ihre Maßnahmen lockern, wird es immer gefährlicher, wenn diese Prozeduren nicht eingehalten werden. Den kapitalistischen Regierungen weltweit geht es nicht um die Erhaltung von Menschenleben, sondern darum, die Arbeiter wieder in die Betriebe zurückzuschicken, um Profite für die kapitalistische Oligarchie zu erwirtschaften.

In Italien beispielsweise begann die Wiedereröffnung am 4. Mai, hauptsächlich in der Industrie und im Baugewerbe. Diese Entscheidung wurde größtenteils vom Autokonzern Fiat Chrysler vorangetrieben, der sein Lastwagenwerk in Atessa schon vor der offiziellen Wiedereröffnung in Betrieb genommen und letzte Woche auch seine anderen italienischen Werke geöffnet hat. Auch der Luxusautohersteller Ferrari hat die Produktion in Italien wieder aufgenommen.

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis kündigte letzte Woche an, dass der Reiseverkehr in einzelnen Präfekturen nicht mehr eingeschränkt ist. Dies dient als Vorbereitung für die Wiedereröffnung der Tourismusbranche des Landes. Momentan gibt es in Griechenland 2.726 Corona-Fälle und 151 bestätigte Todesfälle, was im Vergleich zum Rest Europas relativ niedrige Zahlen sind. Tourismusminister Charis Theocharis erklärte daher: „Wir rechnen mit Touristen aus Europa, und in diesem Kontext hat unser Land einen Vorteil: Wir sind die sicherste von allen Regionen des Mittelmeers.“

Seinen schärfsten Ausdruck findet dieser Prozess natürlich in den USA, wo Präsident Donald Trump an der Spitze der Kampagne steht, mit der die Arbeiter so schnell wie möglich wieder in Fabriken, Büros und an sonstige Arbeitsplätze zurück gezwungen werden sollen. Die offiziellen Richtlinien besagen zwar, dass ein Bezirk oder ein Bundesstaat die Maßnahmen erst nach „einem Rückgang der dokumentierten Fälle über einen Zeitraum von 14 Tagen“ lockern kann, was in sich bereits vielseitig interpretierbar ist. Allerdings heißt es auch, staatliche und kommunale Regierungen könnten diese Vorgaben „anpassen“, wie sie es für angebracht halten. Auf diese Weise konnte Gouverneur Brian Kemp (Georgia) faktisch die Maßnahmen im ganzen Bundesstaat lockern, obwohl es dort weiterhin 31.763 aktive Fälle gibt – mehr als in den meisten anderen Ländern.

Die Eile, mit der die internationalen Staatschefs die Maßnahmen lockern, beruht nicht „auf aktuellen Daten“, die „das Risiko eines Wiederauflebens abschwächen“, obwohl sie das behaupten. Dr. Ryan erklärte dazu: „Wir sind erst ganz, ganz am Anfang zu verstehen, was dieses Virus mit dem Körper macht, wie sich die Krankheit entwickelt, welche Krankheiten diese Infektion verursacht.“

Jeden Tag gibt es neue medizinische Enthüllungen, beispielsweise dass die Krankheit bei jungen Kindern Blutgerinnsel und bei 30- bis 40-jährigen Schlaganfälle sowie zahlreiche Komplikationen in Leber, Herz, Hirn und sogar den Zehen auslöst. Jedes kleinste Stück wissenschaftlicher Erkenntnis ist ein Aufruf, angesichts der Fortschritte bei der Eindämmung der Pandemie noch strengere Maßnahmen einzuführen, damit niemand mehr leiden oder sterben muss, solange keine Therapien und Impfstoffe entwickelt sind.

Stattdessen werden Menschenleben und Existenzgrundlagen auf dem Altar des Marktes geopfert. Die oberste Sorge von Trump, Merkel, Mitsotakis und ihren Amtskollegen ist nicht die Bekämpfung der Krankheit und die Versorgung der Dutzenden Millionen, die ins Elend gestürzt wurden. Ihnen geht es darum, dass die Arbeiter wieder Profite erarbeiten, um die Portfolios der ohnehin schon Superreichen zu vergrößern.

Loading