Kramp-Karrenbauer ruft nach Aufrüstung, Militarismus und Krieg

Wer verstehen will, woher die rechtsextremen Netzwerke in der Bundeswehr und in den Sicherheitsbehörden kommen und warum sie weitgehend unbehelligt operieren können, sollte das aktuelle Interview mit Annegret Kramp-Karrenbauer in der Zeit lesen. Die Verteidigungsministerin und amtierende CDU-Vorsitzende trommelt dort so aggressiv für Aufrüstung, Militarismus und Krieg, dass man sich unweigerlich an die Politik der Nazis erinnert fühlt.

Es sei „höchste Zeit“ offensiv zu diskutieren, „wie sich Deutschland in der Welt künftig aufstellen muss“, fordert sie gleich zu Beginn des Interviews. Von Deutschland werde „Führung erwartet, nicht nur als Wirtschaftsmacht“. Es gehe um „kollektive Verteidigung, es geht um internationale Einsätze, es geht um einen strategischen Blick auf die Welt, es geht letztlich um die Frage, ob wir die globale Ordnung aktiv mitgestalten wollen“.

Darunter versteht Kramp-Karrenbauer eine massive Rüstungsoffensive, um die Interessen des deutschen Imperialismus in einer neuen Periode von Krieg und Großmachtkonflikten durchzusetzen. Man spüre „deutlich, dass 1989 nicht das Ende der Geschichte war“. Stattdessen erlebe man „Konflikte zwischen den USA und China, die uns Europäer immer schroffer mit der Frage konfrontieren, was wir für unsere Werte und unsere Lebensart zu tun bereit sind“.

75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Vernichtungskrieg der Nazis im Osten hat der deutsche Imperialismus auch wieder Russland im Visier. „Dem Anspruch der jetzigen russischen Führung“ ihre Interessen „sehr aggressiv“ zu vertreten, müsse man „eine klare Haltung gegenüberstellen: Wir sind wehrhaft und im Zweifel auch dazu bereit, uns zu wehren. Wir sehen, was Russland tut, und lassen der russischen Führung das nicht durchgehen.“

Auf die Nachfrage der Zeit, was „die Bundeswehr da ausrichten“ könne, antwortet Kramp-Karrenbauer drohend: „Als Nato- und EU-Land in der Mitte des Geschehens brauchen wir den 360-Grad-Blick. Wenn man sich anschaut, wer in der Reichweite der russischen Raketen in Europa liegt, dann sind das nur die mittel- und osteuropäischen Staaten und wir.“ Deutschland werde die EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um „an einer gemeinsamen Bedrohungsanalyse [zu] arbeiten“ und „Abwehrsysteme“ zu entwickeln. Dabei gehe es „zunehmend um Drohnen, KI-gesteuerte Drohnenschwärme oder um Hyperschallwaffen“.

Was Kramp-Karrenbauer und der herrschenden Klasse vorschwebt, ist die umfassende Militarisierung der Gesellschaft. Sie freue sich, „dass wir die Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft etwas besser sichtbar machen konnten, mit dem öffentlichen Gelöbnis vor dem Deutschen Bundestag am Geburtstag der Bundeswehr und den kostenfreien Bahnfahrten in Uniform“. Wichtig sei „auch der Erhalt der Heeresinstandsetzung als eigene Fähigkeit der Bundeswehr“, die geplante Anschaffung neuer Kampfjets und „auch unsere Forderungen an die Industrie, was die Einsatzbereitschaft und die Ausstattung angeht“.

Und all dies ist nur der Anfang. „Was jetzt ansteht, ist die Frage der Bewaffnung von Drohnen zum Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten“, fügt Kramp-Karrenbauer hinzu.

Das gesamte Interview macht deutlich, dass die rechtsextremen Netzwerke in der Armee nur der schärfste Ausdruck der rechten Offensive der Großen Koalition und der gesamten herrschenden Klasse sind. Mit der Wiederbelebung des deutschen Militarismus kehren unweigerlich auch die militaristischen Traditionen zurück, die historisch vor allem mit der Soldateska des Kaiserreichs und der Wehrmacht verbunden sind.

Auf die Bemerkung der Zeit, dass „Kameradschaft, Krieg, Sterben für sein Land, jemanden töten“ in „der öffentlichen Selbstdarstellung der Bundeswehr praktisch nicht“ vorkämen, erwidert Kramp-Karrenbauer, dass sich genau das ändern müsse. „Wir sind eine Armee. Wir sind bewaffnet. Im Zweifelsfall müssen Soldaten auch töten“, erklärt sie. Anders als früher seien „heute gefährliche Auslandseinsätze üblich. Wer zur Bundeswehr geht, weiß das. Das gehört auch zu dem, was ich unter wehrhafter Demokratie und starkem Europa verstehe.“

Kramp-Karrenbauer beteuert zwar, dass sie die faschistischen Terrornetzwerke in der Armee, die Munition horten und sich auf einen „Tag X“ vorbereiten, „wirklich nicht auf die leichte Schulter“ nehme. Das mag so sein oder nicht. In jedem Fall arbeitet sie mit der Militärführung systematisch daran, dass ganze Ausmaß der rechtsextremen Verschwörung in der Armee zu vertuschen. „Einen Generalverdacht gibt es nicht. Die Haltung der absoluten Mehrheit unserer Soldatinnen und Soldaten stimmt“, behauptet sie.

In Bezug auf ihre jüngste Maßnahme zur Umstrukturierung des KSK lässt Kramp-Karrenbauer durchblicken, dass sie weniger der Zerschlagung der rechtsextremen Truppe dient, als ihrer Förderung und der Ausweitung ihrer lange geheim gehaltenen Praxis des „gezielten Tötens“. Die Einsätze des KSK unterlägen „einer besonderen Verschwiegenheit, schon um den Erfolg nicht zu gefährden“, erklärt sie. Aber aus der Einheit selbst komme „jetzt der Wunsch, offener über die Einsätze sprechen zu können. Wir werden das ermöglichen, auch das ist Teil der kürzlich getroffenen Entscheidungen.“

Das Interview mit Kramp-Karrenbauer ist eine Warnung. Es unterstreicht, dass die herrschende Klasse wie in der Vergangenheit vor nichts zurückschrecken wird, um die Interessen des deutschen Kapitals nach innen und außen durchzusetzen. Auf die tiefe Krise des kapitalistischen Systems und den wachsenden Widerstand in der Arbeiterklasse reagiert sie wie in den 1930er Jahren mit Militarismus und Faschismus.

Geführt wurde das Interview bezeichnenderweise von Mariam Lau – der Zeit-Journalistin, die bereits 2017 in einem ausführlichen Artikel den rechtsradikalen Humboldt-Professor Jörg Baberowski („Hitler war nicht grausam“) verteidigt hatte. Baberowski, der neben der Verharmlosung und Rechtfertigung der nationalsozialistischen Verbrechen auch für seine Aufrufe zu brutalen Kriegseinsätzen und Gewalt berüchtigt ist, verfügt seinerseits über enge Verbindungen zur Armee und ins Verteidigungsministerium.

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