Wahl in Sri Lanka enthüllt historische Krise der kapitalistischen Herrschaft

Die sri-lankischen Medien haben den Sieg von Präsident Gotabhaya Rajapakses Partei SLPP (Sri Lanka Podujana Peramuna) in der Parlamentswahl am letzten Mittwoch fälschlich als „Sieg für das Volk“ begrüßt. Die SLPP gewann 145 der 225 Sitze im Parlament, die Oppositionsparteien zusammen nur 74.

Deshalb wird die SLPP zusammen mit den Stimmen von sechs Abgeordneten ihrer politischen Verbündeten über eine Zweidrittelmehrheit verfügen, die für eine Änderung der Verfassung notwendig ist. Präsident Rajapakse hat sich offen für die Abschaffung von verfassungsmäßigen Einschränkungen der Exekutivpräsidentschaft eingesetzt, was ihm umfassende autokratische Vollmachten verleihen würde.

Das Wahlergebnis ist kein „Sieg für das Volk“, sondern der Wahlsieg einer Partei, die den Aufbau eines autoritären Regimes vorbereitet. Präsident Rajapakse hat bereits zahlreiche Generäle in seine Regierung aufgenommen. Am Mittwoch wird er offiziell sein neues Kabinett ernennen, das neue Parlament soll am 20. August zusammentreten.

Der Parteichef der SLPP, Rajapakses Bruder Mahinda Rajapakse, wurde am Sonntag als Premierminister vereidigt. Die Zeremonie fand im Tempel Kelaniya Viharaya im Nordosten von Colombo statt, an dem laut mythischen Erzählungen Buddha zu Gast war. Bezeichnenderweise legte Präsident Rajapakse seinen Amtseid in Anuradhapura ab, der antiken Hauptstadt der Singhalesen in der nördlichen Zentralprovinz. Beide signalisieren damit, dass ihr Regime von singhalesisch-buddhistischer Vorherrschaft geprägt sein wird.

Singhalesisch-buddhistischer Chauvinismus war das zentrale Element der Wahlkampagnen der SLPP in der Präsidentschafts- und Parlamentswahl. Das Ziel war, Feindschaft gegen die tamilischen und muslimischen Minderheiten zu schüren, von sozialen Spannungen abzulenken und die Arbeiterklasse nach ethnischen Kriterien zu spalten.

Die herrschende Elite Sri Lankas ist mit einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise konfrontiert, die durch die Corona-Pandemie noch weiter verschärft wurde. Sie hat die SLPP unterstützt, weil sie ihr eine „starke und stabile Herrschaft“ versprochen hat – d.h. sie ist bereit, den wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Austeritätspolitik der Regierung und ihre Angriffe auf Arbeitsplätze und Löhne zu unterdrücken. Genau wie im Rest der Welt will das Großkapital auch in Sri Lanka die Wirtschaft umstrukturieren und durch den Abbau von Arbeitsplätzen, durch Lohnsenkungen und Produktivitätssteigerungen seine Profite erhöhen.

Die herrschende Klasse hat sich angesichts eines historischen Zusammenbruchs der United National Party (UNP) und der Sri Lanka Freedom Party (SLFP), der beiden traditionellen Parteien der sri-lankischen Bourgeoisie, hinter die SLPP und ihre autoritären Pläne gestellt.

Die UNP, die älteste Partei des Landes, erhielt nur einen Sitz, und den auch nicht als Direktmandat sondern aufgrund ihrer landesweiten Stimmenzahl, die auf nur 250.000 abstürzte. Die zutiefst zerstrittene Partei hatte sich im Februar gespalten. Die meisten ihrer Abgeordneten traten aus, um unter der Führung von Sajith Premadasa die Samagi Jana Balavegaya (SJB) zu gründen.

Im Mittelpunkt des Fraktionskonflikts stand die Unbeliebtheit des langjährigen UNP-Führers und ehemaligen Premierministers Ranil Wickremesinghe bei den Wählern. Allerdings ging es dabei nicht um die Person, sondern um die tief verwurzelte Feindschaft der Arbeiter und der armen Landbevölkerung gegenüber dieser pro-imperialistischen Partei und ihre Angriffe auf demokratische und soziale Rechte. Die SJB erhielt letzte Woche bei der Wahl nur 54 Sitze, bzw. 24 Prozent der Stimmen.

Die SLFP, die vom ehemaligen Präsidenten Sirisena angeführt wird, ist so gut wie nicht mehr existent. Die Mehrheit ihrer Abgeordneten hat die Partei verlassen und sich der SLPP angeschlossen, als diese 2016 gegründet wurde. Sirisena und die verbliebenen SLFP-Abgeordneten traten letzten Mittwoch in einem Wahlbündnis mit der SLPP zur Wahl an.

Seit der formellen Unabhängigkeit Sri Lankas wurde das Land abwechselnd von der UNP und der SLFP regiert. Die UNP wurde 1946 gegründet, die SLFP im Jahr 1951 von S.W.R.D. Bandaranaike und anderen Abgeordneten, die als Reaktion auf die zunehmenden Kämpfe der Arbeiterklasse gegen die UNP aus dieser ausgetreten waren. Beide Parteien haben innerhalb und außerhalb der Regierung den anti-tamilischen Kommunalismus benutzt, um die Arbeiterklasse zu spalten und die kapitalistische Herrschaft zu verteidigen. Der Höhepunkt dieses reaktionären Kurses war der kommunalistische Krieg gegen die separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) ab 1983, der beispielloses Elend über die Massen der Insel gebracht hat.

Die Wahl am Mittwoch hat auch die anhaltende Krise des bürgerlichen Parteienbündnisses Tamil National Alliance (TNA) enthüllt. Sie erhielt nur zehn Sitze, sechs weniger als im letzten Parlament; ihre Gesamtstimmenzahl sank von 515.963 im August 2015 auf nur 327.168.

Die Illankai Tamil Arasu Kachchi (ITAK), die Hauptpartei der TNA, wurde 1949 als Reaktion auf den anti-tamilischen Kommunalismus gegründet. Die ITAK hat in ihrer langen und üblen Geschichte immer wieder versucht sich mit der Elite in Colombo auf eine Regierungsbeteiligung zu einigen. Für die tamilischen Massen haben diese politischen Manöver zu einer Katastrophe nach der anderen geführt.

Die TNA wurde 2002 gegründet und reagierte auf die Niederlage der LTTE im Mai 2009 mit einem weiteren Rechtsruck und Appellen an die imperialistischen Großmächte, einschließlich der USA, sie beim Aushandeln eines Deals mit Colombo zu unterstützen.

Im Jahr 2015 unterstützte die TNA Washingtons Regimewechsel-Operation, durch die Präsident Mahinda Rajapakse gestürzt und Sirisena eingesetzt wurde. Sie unterstützte Sirisenas proimperialistische Regierung, seine Austeritätsmaßnahmen und die Unterdrückung aller Untersuchungen über Colombos Kriegsverbrechen, einschließlich des Massakers an Zehntausenden tamilischer Zivilisten in den letzten Wochen des Krieges.

Die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) trat in einem neuen Wahlbündnis mit dem Namen National People's Power (NPP) zur Wahl an und forderte populistisch ein „sauberes“ nicht korrumpiertes Parlament. Sie gewann drei Sitze, in der letzten Wahl erhielt sie noch sechs, im Jahr 2004 waren es 39.

Die JVP wurde Ende der 1960er als radikale kleinbürgerliche Partei gegründet, ihre Ideologie war damals eine Mischung aus Castroismus, Maoismus und singhalesischem Patriotismus. Seit 1994 hat sie jedes Regime in Colombo unterstützt und ist zu einer Partei des bürgerlichen Establishments geworden. Unter anderem trat sie 2004 einer Koalition mit Präsidentin Chandrika Kumaratunga bei. Durch ihre uneingeschränkte Unterstützung für Colombos kommunalistischen Krieg ist sie unter den Jugendlichen und Arbeitern, die sich anfangs von ihr angezogen fühlten, weithin diskreditiert.

JVP-Parteichef Anura Kumara Dissanayake erklärte zur Wahl am letzten Mittwoch: „Mit diesem Ergebnis können wir nicht zufrieden sein... [aber] es gibt auch außerhalb des Parlaments einen Platz für die Opposition.“ Weiter sagte er, die Organisation werde Bauern und Arbeitslose organisieren. Wie die bisherige Geschichte der JVP zeigt, wird sie mit der herrschenden Elite zusammenarbeiten, um die arme Landbevölkerung und die Jugend daran zu hindern, sich dem Sozialismus und der Arbeiterklasse zuzuwenden.

Dass Millionen Wahlberechtigte in Sri Lanka die Abgabe ihrer Stimmen verweigerten, verdeutlichte die tief verwurzelte Entfremdung der Massen vom gesamten politischen Establishment. Von den mehr als 16 Millionen Wahlberechtigten in Sri Lanka gaben nur elf Millionen ihre Stimmen ab, etwa 4,7 Millionen enthielten sich. Das bedeutet einen Anstieg der Nichtwähler um eine Million im Vergleich zur letzten Parlamentswahl im Jahr 2015. Weitere 700.000 machten am Mittwoch ihre Stimmen ungültig.

Der Jubel der Medien über den Sieg der SLPP zeigt ihre Unterstützung für die sozialen Angriffe der künftigen Regierung auf alle Arbeiter. Die Zeitung The Island schrieb am 6. August in einem Leitartikel mit dem Titel „Der echte Krieg steht bevor“: „Eine demokratisch gewählte stabile Regierung ist die Vorbedingung für die Wiederherstellung des Vertrauens der Investoren, die Wiederbelebung der Wirtschaft und die Verbesserung der Kreditratings des Landes.“

Weiter hieß es in dem Leitartikel, die Forderung der Parteien nach „strengen Maßnahmen“ reiche nicht aus. „Die Zeit in der Hölle, die wir in den letzten Monaten durchgemacht haben, wird bald vorbei sein.“ Mit anderen Worten, die Regierung muss so schnell wie möglich massive Angriffe auf die Arbeiter und die arme Landbevölkerung organisieren.

Die Socialist Equality Party konnte bei der Wahl am letzten Mittwoch ihre Stimmenzahl auf 780 erhöhen, 146 davon im Distrikt Jaffna, 303 in Colombo und 331 in Nuwara Eliya. In Colombo, dem größten Arbeiterzentrum des Landes, und in Nuwara Eliya, wo die Mehrzahl der Plantagenarbeiter in Sri Lanka leben, konnte sie ihre Ergebnisse verdoppeln. Diesen Anstieg konnte auch die Corona-Pandemie nicht bremsen, während der die Wahlveranstaltungen auf Onlineveranstaltungen und die Verbreitung von Erklärungen der SEP und der World Socialist Web Site über Facebook begrenzt waren.

Diese bewusst abgegebenen Stimmen deuten auf die wachsende Unterstützung für den Sozialismus in Sri Lanka hin. Die SEP wird verstärkt über die singhalesisch-chauvinistischen Provokationen gegen die tamilische und muslimische Minderheit berichten, mit denen die Arbeiter gespalten werden sollen. Sie hat als einzige Partei den kommunalistischen Krieg der Regierung gegen die LTTE abgelehnt und den Rückzug des Militärs aus dem Norden und Osten des Landes gefordert.

Unsere Partei vertritt ein sozialistisches Programm gegen den imperialistischen Krieg, die Corona-Pandemie und die soziale Ungleichheit. Wir rufen als einzige zu einem Bruch der Arbeiterklasse mit allen Fraktionen der herrschenden Klasse und zur unabhängigen Mobilisierung der armen Landbevölkerung und der Unterdrückten für den Kampf für eine Arbeiterregierung auf, die im Rahmen des Kampfs für den internationalen Sozialismus sozialistische Politik umsetzt.

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