Der politische Einfluss und die wachsende Leserschaft der World Socialist Web Site

Die WSWS veröffentlicht die Reden führender Mitglieder des IKVI und Mitwirkender an der WSWS bei der Online-Kundgebung vom 25. Oktober anlässlich des Relaunchs der WSWS am 2. Oktober 2020. Die folgenden Bemerkungen stammen von Patrick Martin. Martin ist Vorstandsmitglied der SEP (US) und schreibt regelmäßig für die WSWS.

Wir begrüßen den Relaunch der World Socialist Web Site am 2. Oktober als einen bedeutenden Meilenstein in der Entwicklung der trotzkistischen Weltbewegung.

Genosse Dave hat bereits auf die Entscheidung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale hingewiesen, mit der Veröffentlichung der WSWS im Februar 1998 zu beginnen. Für Genossen aus meiner Generation ist es bemerkenswert, dass wir nun fast die Hälfte unseres politischen Lebens damit verbracht haben, für ein Internet-Publikum zu schreiben, das es einfach noch nicht gab, als wir in die Politik kamen. Vor der WSWS veröffentlichten wir in den USA wöchentlich und zweimal wöchentlich das Bulletin und das wöchentlich und zweiwöchentlich erscheinende International Workers Bulletin. Mit diesen Printpublikationen kämpften wir dafür, die amerikanische und internationale Arbeiterklasse zu erreichen und politisch zu erziehen.

Es schmälert diese frühen Bemühungen nicht im Geringsten, wenn man feststellt, dass heute Artikel auf der WSWS, die viral gehen, wie unsere Berichte über Schulkürzungen in Massachusetts oder die Ermordung des antifaschistischen Demonstranten Michael Reinoehl an der Westküste oder die zahlreichen Kommentare zum 1619-Projekt, in wenigen Tagen ein größeres Publikum erreichen, als es durch die Verbreitung einer gedruckten Zeitung in Monaten oder sogar Jahren möglich war.

Denn es war das Verdienst des Bulletin und der Zeitungen unserer Schwesterparteien auf der ganzen Welt, die durch einen unnachgiebigen Kampf für marxistische Prinzipien die Grundlage für die WSWS, die erste wirklich globale Publikation der internationalen Arbeiterklasse, gelegt haben. Heute hat die WSWS Leser in praktisch jedem Land und auf jedem Kontinent.

Als wir die WSWS im Februar 1998 ins Leben riefen, herrschte in den Vereinigten Staaten wie heute eine schwere politische Krise, die einen Präsidenten zu stürzen drohte. In der Rückschau stellt es sich eher so dar, dass das Amtsenthebungsverfahren, das Clintons ultrarechte Gegner unter dem Vorwand seiner Beziehung zu Monica Lewinsky anstrengten, nur der Beginn vom Zusammenbruch der amerikanischen Demokratie war, der heute in den faschistischen Verschwörungen von Präsident Trump seinen fortgeschrittensten Ausdruck findet. Aber schon damals, in der allerersten Phase dieses Prozesses, erkannten wir, dass der Versuch, einen im Amt bestätigten Präsidenten mittels eines Sexskandals zu stürzen, wichtige Fragen im Blick auf demokratische Rechte aufwarf. Wir sagten, dass die Arbeiterklasse sich nicht heraushalten, sondern in die politische Krise der herrschenden Elite eingreifen und für ihre unabhängigen Interessen kämpfen sollte. Dementsprechend lehnten wir das Amtsenthebungsverfahren ab, trotz unserer Feindseligkeit gegen die Demokratische Partei und unserer Opposition gegen die Politik des amerikanischen Imperialismus unter Clinton.

Von Beginn der WSWS an begannen wir mit täglichen Postings, fünf Tage in der Woche. So konnten wir die politische Krise in den USA fast täglich analysieren und kommentieren. In diesem ersten Jahr der Veröffentlichung schrieben wir mehr als 100 Artikel über verschiedene Aspekte der Clinton-Krise, die eine einzigartige politische Bilanz darstellen und beispielgebend waren für unsere Berichterstattung über andere Krisen und große politische Ereignisse in den Vereinigten Staaten und weltweit. Im folgenden Jahr erweiterten wir im Zuge des US-NATO-Krieges gegen Serbien das Erscheinen auf sechs Tage pro Woche.

In unserem Willkommensgruß zum Start der WSWS am 14. Februar 1998, erklärten wir, dass die WSWS das offizielle Organ des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, der trotzkistischen Weltbewegung ist. Wir schrieben:

Die World Socialist Web Site, die ihr Erscheinen den vereinten Bemühungen von IKVI-Mitgliedern in Asien, Australien, Europa und Nordamerika verdankt, nimmt den internationalen Charakter des Klassenkampfes als ihren Ausgangspunkt. Sie bewertet die politischen Entwicklungen in jedem Land vom Standpunkt der Weltkrise des Kapitalismus und der politischen Aufgaben, mit denen die internationale Arbeiterklasse konfrontiert ist. Aus dieser Perspektive folgt, dass die WSWS alle Formen des Chauvinismus und nationaler Beschränktheit entschieden ablehnt.

Dieser politische Standpunkt des revolutionären Internationalismus wurde im Laufe vieler Kämpfe der Arbeiterklasse auf der ganzen Welt, vor allem aber durch die objektive Entwicklung des Weltkapitalismus selbst gerechtfertigt. Die Coronavirus-Pandemie ist nicht das erste Mal, dass die internationale Arbeiterklasse eine Krise von globalem Ausmaß erlebt, die die Arbeiter in der ganzen Welt mehr oder weniger gleichzeitig getroffen hat.

So war es auch mit dem „Krieg gegen den Terror“, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten und dann nach dem Einmarsch der USA in den Irak im Jahr 2003 begann und weltweit heftige politische Opposition, die größte Antikriegsbewegung der Geschichte, auslöste. 2008-2009 kam es zur globalen Finanzkrise, die den Weltkapitalismus in den tiefsten Einbruch der Wirtschaft seit der Großen Depression der 1930er Jahre stürzte. Und jetzt ist es die Coronavirus-Pandemie, die arbeitende Menschen in allen Teilen der Welt in gleicher Weise trifft.

Als die WSWS ins Leben gerufen wurde, stellten wir fest, dass 80 bis 100 Millionen Menschen Zugang zum Internet hatten. Dieses Publikum wurde von einigen unserer Feinde in der Pseudolinken als unbedeutend oder hoch privilegiert abgetan. Eine Gruppe behauptete, wir würden in den Cyberspace entfliehen, als ob das Internet ein Ort des Rückzugs oder eine einsame Insel wäre, auf der wir festsitzen würden. Heute nutzen 4,6 Milliarden Menschen aktiv das Internet, und noch viel mehr haben Zugang zu ihm.

Das Internet-Publikum ist größer geworden, und damit hat sich auch unsere Arbeit, es zu erreichen, ausgeweitet. Im ersten Jahr ihres Erscheinens veröffentlichte die WSWS etwa 1.500 Artikel in englischer Sprache. Im Laufe einiger Jahre stieg diese Zahl auf über 4.000 jährlich. Seit dem ersten großen Redesign der Website im Jahr 2008 mit der neuen Rubrik „Perspektive“ haben wir regelmäßig mehr als 5.000 Artikel pro Jahr veröffentlicht. Letztes Jahr, im August 2019, waren insgesamt 75.000 Artikel in englischer Sprache erschienen; heute sind es weit über 82.000. In diesem letzten Jahr ist unsere Leserschaft stark gewachsen, und auch der Beitrag der Sektionen des IK zur WSWS ist größer als je zuvor.

Werktätige und insbesondere junge Menschen auf der ganzen Welt stellen fest, dass ihre Kämpfe und politischen Erfahrungen weltweit miteinander verbunden sind, und deshalb reagieren sie so stark auf eine Website, die bewusst auf die Einheit der Weltarbeiterklasse hinarbeitet.

In diesem Sinne stellt die WSWS etwas völlig Neues dar. Sie ist die Stimme der internationalen Arbeiterklasse, die sich ihrer selbst und ihrer historischen Mission bewusst ist und sich auf den Sturz des Kapitalismus im Weltmaßstab und den Aufbau einer neuen, weltweiten sozialistischen Gesellschaft vorbereitet.

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