Metall-Tarifrunde: Arbeiter streiken gegen Reallohnsenkung und unsichere Arbeitsbedingungen

Am Dienstag und Mittwoch nahmen zehntausende Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie an Warnstreiks teil, nachdem die Unternehmerseite sich trotz Milliardengewinnen in der nunmehr dritten Tarifrunde zu keinerlei Lohnzugeständnissen bereit erklärt hatte. Die Friedenspflicht im Tarifkonflikt, der 3,9 Millionen Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie betrifft, ist zum 2. März abgelaufen. Seither sind offiziell Warnstreiks möglich.

Die Wut der Beschäftigten ist enorm. Die Wolfsburger Allgemeine schildert die Stimmung, als die VW-Arbeiter einer Nachtschicht eine Stunde früher die Arbeit niederlegten und vor das Tor kamen.

„Neben Frust und Ärger war am Dienstag aber auch eine weitere Emotion deutlich zu spüren: Kampfgeist. Viele Beschäftigte hoben beim Verlassen des Werks die Faust, die Freude darüber, dass der Arbeitskampf endlich losgeht, war ihnen anzusehen. „Die Halle ist komplett leer gefegt, alle ziehen mit“, sagte ein Mitarbeiter aus der Komponentenfertigung in Halle 6.“

In ganz Niedersachsen und Sachsen-Anhalt beteiligten sich allein am Dienstag über 22.000 Arbeiter. Auch in vielen anderen Bundesländern wie Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Saarland wurden 68 Betriebe bestreikt, mit 14.500 beteiligten Arbeitern. In Baden-Württemberg legten 6.500 Beschäftigte die Arbeit nieder, einige Hundert demonstrierten vor dem Autozulieferer Mahle Behr in Stuttgart.

In Bayern waren es 9.000 Beschäftigte aus 24 Betrieben, die kurzzeitig die Arbeit niederlegten. Davon befanden sich allein in Schweinfurt 4.160 Arbeiter im Warnstreik, der während den Nacht- und Normalschichten von ZF, SKF, Schaeffler, Bosch Rexroth, ZF Aftermarket und ZF Race Engineering, stattfand. In NRW legten über 3.800 Beschäftigte die Arbeit kurzfristig nieder und im Norden und an der Küste waren es um die 2.600.

Arbeiter sind wütend und empört, weil sie seit vielen Monaten gezwungen werden, unter völlig ungesicherten Bedingungen zu arbeiten. Sie setzen sich und ihre Familien damit täglich einem enormen Risiko aus. In hunderten Betrieben ist es bereits zu Großausbrüchen gekommen, die meist heruntergespielt und verheimlicht werden.

Den gleichen Arbeitern wurde dann nach einem Reallohnverlust in den Jahren 2018 und 2019 im Jahr 2020 sogar eine Nullrunde verordnet. Während sich die Unternehmen auf Kosten ihrer Gesundheit pervers bereichert haben, verloren die Arbeiter so massiv an Kaufkraft.

Gleich mehrere deutsche Autokonzerne haben in den letzten Tagen stolz ihre Milliardengewinne verkündet, die sie im Corona-Jahr 2020 eingefahren haben. Allein Daimler hat mit sechs Milliarden Euro eine sagenhafte Gewinnsteigerung von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt. Auch BMW verzeichnete inmitten der Pandemie Milliardengewinne – alleine im 3. Quartal 2020 1,8 Milliarden Euro. Der Jahresgewinn wurde noch nicht veröffentlicht.

Doch der Volkswagen-Konzern stellt alles in den Schatten. VW vermeldete letzte Woche 8,8 Milliarden Euro Reingewinn nach Steuern. Das Tochterunternehmen Porsche, das als „Gewinnmaschine“ des Konzerns bezeichnet wird, hat alleine 2,6 Milliarden Euro Reingewinn gemacht. Der Porsche-Vorstand hat gleichzeitig angekündigt, sein Sparprogramm von sechs Milliarden auf zehn Milliarden steigern zu wollen.

Nicht nur die Autokonzerne und ihre Zulieferbetriebe, auch alle anderen, wie z.B. Siemens, nutzten die Coronakrise, um längst geplante Sparmaßnamen, vor allem Stellenstreichungen und Schließungen von ganzen Werken in die Wege zu leiten. Bereits jetzt wurden zehntausende Arbeitsplätze unwiderruflich zerstört.

Die horrenden Gewinne sind das Ergebnis der Milliardengeschenke der Bundesregierung an die Banken und Konzerne, die als Corona-Hilfen bezeichnet wurden. Aber die Schlüsselrolle bei der Profitmaximierung spielte die IG Metall. Mit ihren Betriebsräten und ihrem Heer an Vertrauensleuten setzte sie die Fortsetzung der nicht lebensnotwendigen Produktion und die völlig ungesicherten Arbeitsbedingungen gegen die Arbeiter durch.

Zugleich drückte die Gewerkschaft schon zu Beginn der Pandemie einen „Notvertrag“ durch, der die Nullrunde festschrieb und den Arbeitern jeden Streik gegen diese Reallohnsenkung oder die unsicheren Arbeitsbedingungen untersagte. Auf diese Weise ermöglichte die IG Metall die Riesengewinne auf Kosten der Arbeiter und ihrer Gesundheit.

Auch in dieser Tarifrunde fordert die Gewerkschaft nur lächerliche vier Prozent mehr Lohn. Als sie bei den letzten Auseinandersetzungen vor drei Jahren am Ende Reallohnsenkungen unterzeichnete, war sie mit der Forderung nach sechs Prozent in die Verhandlungen gestartet. Hinter den Kulissen hat die IG Metall auch diesmal längst eine Verschlechterung der Löhne mit den Unternehmen vereinbart.

Die Warnstreiks sind von einem offensichtlichen Widerspruch geprägt. Während es unter den Arbeitern eine große Wut und Streikbereitschaft gibt, setzt die IG Metall alles daran, wirkliche Streiks und eine umfassende Mobilisierung der Arbeiterklasse zu verhindern.

Ihre üblichen Trillerpfeifenproteste sollen lediglich dazu dienen, Druck abzulassen, die Arbeiter zu demoralisieren und letztlich auszuverkaufen. Weil das Pfeifen mit einem Mundschutz schwierig ist, ließ die Gewerkschaft sogar extra eine Trillerpfeifen-App entwickeln, um an ihrer stupiden Lärmerei festhalten zu können.

Die Metall- und Elektroarbeiter müssen das abgekartete Spiel der Gewerkschaften und Unternehmen strikt zurückweisen und der IG Metall das Verhandlungsmandat entziehen. Stattdessen müssen sie unabhängige Aktionskomitees in den Fabriken bilden, die den Streik selbst in die Hand nehmen. Solche Komitees müssen sofort Kontakt zu den Beschäftigten anderer Länder und anderer Teile der Arbeiterklasse aufnehmen, wie den kämpfenden Kollegen der WISAG in Frankfurt.

Der Streik in der Metall- und Elektroindustrie muss zum Ausgangspunkt für einen europaweiten Generalstreik gemacht werden, der sich nicht nur gegen Lohnsenkungen richtet, sondern die Verteidigung aller Arbeitsplätze zum Ziel hat. Vor allem muss er einen Lockdown aller nicht lebensnotwendiger Industrien und sichere Arbeitsbedingungen erzwingen, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen und zehntausende Menschenleben zu retten. Betroffene Arbeiter müssen vollen Lohnausgleich erhalten. Die Rekord-Profite der Unternehmen und Großaktionäre müssen beschlagnahmt werden und den Arbeitern und ihren Familien zu Gute kommen.

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