Nach einem Jahr Corona-Pandemie: Vermögen der europäischen Milliardäre schießt in die Höhe

Für die arbeitende Bevölkerung Europas war das letzte Jahr geprägt von Elend, Arbeitslosigkeit, Armut, Massensterben, sozialer Isolation und Leid von enormem Ausmaß. Den Milliardären hingegen hat die Coronavirus-Pandemie ein Jahr beispiellosen Wohlstands gebracht.

Am Dienstag veröffentlichte das Magazin Forbes seine jährlich erscheinende Liste der Superreichen, laut der die Milliardäre Europas im Verlauf des vergangenen Jahres um insgesamt eine Billion Dollar reicher geworden sind.

Bernard Arnault (Quelle: Wikimedia Commons/Jérémy Barande / Ecole polytechnique Université Paris-Saclay)

Diese 628 Menschen verfügen mittlerweile über ein Gesamtvermögen von über drei Billionen Dollar, was einen Anstieg um etwa 50 Prozent im Zeitraum eines Jahres bedeutet.

Die Zahl der Dollar-Milliardäre ist von 511 Menschen vor einem Jahr um etwa zwanzig Prozent angestiegen. Selbst ohne diese Neuzugänge ist das Vermögen der europäischen Superreichen um fast 800 Milliarden Dollar gewachsen.

Die reichste Person Europas (und der drittreichste Mann der Welt) ist noch immer Bernard Arnault, Hauptaktionär des Luxusmode-Handelskonzerns LVMH. Sein Vermögen hat sich fast verdoppelt: von 76 Milliarden Dollar vor einem Jahr auf derzeit 150 Milliarden Dollar. Dieser Anstieg geht hauptsächlich auf den Anstieg des Aktienkurses von LVMH von 311 Euro im März 2020 auf heute 577,20 Euro zurück.

Arnaults Vermögen ist jeden Tag um etwa 208 Millionen Dollar gestiegen, das entspricht 2.400 Dollar pro Sekunde im Verlauf des letzten Jahres, selbst während er schlief. Und das inmitten der größten Pandemie seit einem Jahrhundert.

Neben Arnault befinden sich unter den zehn reichsten Personen Europas noch vier weitere Franzosen. Auch ihre Vermögen basieren allesamt auf den Aktienkursen für exklusive Designerkleidung und Luxusgüter.

Francoise Bettencourt Meyers, die Erbin von L'Oreal, ist mit umgerechnet 73,7 Milliarden Dollar die drittreichste Person Europas und die reichste Frau der Welt. François Pinault, mit 45,5 Milliarden Dollar die fünftreichste Person Europas, ist Ehrenvorstandschef der Luxusmarke Kering, zu der u.a. auch Gucci gehört. Die Brüder Alain und Gerard Wertheimer sind mit jeweils 35,5 Milliarden Dollar die acht- bzw. neuntreichsten Personen Europas und Eigentümer von Chanel.

Der Anstieg der Aktienkurse für Designer- und Luxusgüterhersteller inmitten der Pandemie ist nur ein Ausdruck des fundamental parasitären Charakters der Finanzoligarchie. Die Managerin des Luxury Brands Equity Fund Swetha Ramachandran erklärte im Januar gegenüber Bloomberg News zum Anstieg der Aktienkurse, Reiche würden verstärkt Luxusobjekte kaufen, weil sie ihr Geld wegen der Lockdown-Maßnahmen nicht für Reisen und Restaurants ausgeben können.

Die Zahl der Milliardäre ist in allen europäischen Staaten entweder konstant geblieben oder gestiegen. In Deutschland, wo 78.000 Menschen an Covid-19 gestorben sind, leben auch die europaweit meisten Milliardäre. Deren Zahl ist seit letztem Jahr um 29 auf 136 angestiegen, mit den Magnaten der Billigsupermärkte an der Spitze. In Italien, wo die Pandemie 112.374 Tote forderte, ist die Zahl der Milliardäre um fünfzehn auf 51 angestiegen. In Spanien (offiziell 76.000 Todesopfer, doch laut Nationalem Statistikinstitut mehr als 100.000) stieg die Zahl der Milliardäre um sechs auf derzeit 30. Großbritannien (126.000 Todesopfer) erhöhte die Zahl seiner Milliardäre von 45 auf 56.

Europaweit sind in Europa seit Beginn der Pandemie laut Worldometers 935.764 Menschen gestorben. Das bedeutet, das Vermögen der europäischen Milliardäre hat sich um knapp über eine Million Dollar für jeden Todesfall durch das Coronavirus erhöht.

Dass die Zahl der Toten zeitgleich mit den Bankkonten der Wirtschaftselite steigt, ist kein Zufall. Das weltweite Anwachsen der Vermögen der Milliardäre geht auf einen massiven und ununterbrochenen Anstieg der Aktienkurse zurück. Dieser wiederum wurde ermöglicht durch die Bereitstellung von Billionen Euro an Steuergeldern, mit denen die Regierung seit Beginn der Pandemie die Aktienkurse stützte, während gleichzeitig inmitten der Pandemie die nicht lebensnotwendige Produktion aufrechterhalten wurde.

Hierfür wiederum war es wichtig, dass die Arbeiter weiter in die Betriebe gehen, und dass die Schulen geöffnet bleiben, damit die Eltern ungestört arbeiten können. Auf diese Weise wurde gewährleistet, dass sich das Virus weiter ausbreiten konnte. Die Folge waren ein Massensterben und überlastete Krankenhäuser.

Für diese Interessen sprach der französische Präsident Emmanuel Macron am letzten Mittwoch in seiner landesweiten Fernsehansprache. Das Coronavirus gerät in Frankreich völlig außer Kontrolle, allein am Sonntag wurden 60.000 Fälle gemeldet, die überwiegend auf die ansteckenderen „britischen“ und „südafrikanischen“ Varianten zurückgehen. Dennoch hat Macron die Forderungen von Wissenschaftlern und Ärztevereinigungen nach einem strengen Lockdown mit der Begründung abgelehnt, die Gesellschaft müsse „auch die Konsequenzen“ eines Lockdowns bedenken, insbesondere für „die Wirtschaft“.

Im März setzten viele europäische Regierungen angesichts überfüllter Krankenhäuser und einer spontanen Streikwelle, die von Italien ausging und die Stilllegung der Produktion verlangte, weitgehende Lockdown-Maßnahmen um. Schulen und viele nicht lebensnotwendige Betriebe wurden geschlossen. Nachdem Rettungspakete im Wert von mehr als zwei Billionen Euro verabschiedet wurden, wurde die Wirtschaft vollständig wiedergeöffnet, bevor irgendwelche nennenswerten Test- und Kontaktverfolgungssysteme errichtet worden waren und trotz der andauernden Ausbreitung des Virus. Seither haben sie sämtliche Einschränkungen der nicht lebensnotwendigen Produktion und des Präsenzunterrichts stets von sich gewiesen.

Das Credo der Wirtschafts- und Finanzelite lautete: Wenn Millionen sterben müssen, damit wir unsere Milliardenvermögen behalten (und vermehren) können, dann soll es so sein. Angesichts der weltweiten Ausbreitung einer neuen und noch tödlicheren Welle des Virus sind sie entschlossen, noch mehr Menschen in den Tod zu schicken.

Der jüngste Bericht von Forbes demonstriert unwiderlegbar, dass die Kapitalistenklasse und ihre politischen Vertreter kein Recht haben, die Gesellschaft zu beherrschen. Ihre unersättliche Gier verlangt nicht nur die Verarmung und Verelendung der arbeitenden Bevölkerung, sondern auch die globale Ausbreitung eines tödlichen Virus.

Es ist unmittelbar erforderlich, die Wirtschafts- und Finanzoligarchie zu enteignen und ihr Vermögen unter gesellschaftliche Kontrolle zu stellen. Ihr unrechtmäßig erworbener Reichtum sollte für die Befriedigung sozialer Bedürfnisse benutzt werden. Diese Billionen müssen benutzt werden, um einen strengen Lockdown in ganz Europa zu finanzieren, mit vollständiger Lohnfortzahlung für die gesamte Bevölkerung, damit nicht systemrelevante Produktion und Schulen geschlossen werden können. Auch Kleinunternehmer und Selbstständige müssen vollständig entschädigt werden.

Umfassende Ressourcen müssen investiert werden, um qualitativ hochwertigen Onlineunterricht zu ermöglichen – darunter die Bereitstellung von Computern, komfortablem Lernraum und Hochgeschwindigkeitsinternet für alle Kinder.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfordert einen vereinten Kampf der europäischen Arbeiterklasse für Arbeiterregierungen und den Aufbau der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.

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