Busfahrer verteidigen David O’Sullivan: “In der Werkstatt wurde weder getestet noch wurden Kontakte verfolgt“

Die World Socialist Web Site veröffentlicht Interviews und Erklärungen von Busfahrern, die die Wiedereinstellung von David O'Sullivan im Busdepot Cricklewood in London unterstützen.

O'Sullivan (57) wurde am 3.Februar entlassen, nachdem er versucht hatte, seine Kollegen vor der Ansteckungsgefahr durch Covid-19 auf dem Betriebshof zu warnen. Er machte sein Recht auf einen sicheren Arbeitsplatz nach Paragraph 44 des Employment Rights Act geltend.

Die Verkehrsgesellschaft Metroline beschuldigte O'Sullivan der „Verbreitung falscher und schädlicher Informationen“ sowie der „Anstiftung zu ungesetzlichen Arbeitskampfmaßnahmen“ und entließ ihn wegen „groben Fehlverhaltens“. Keine von O'Sullivans Sicherheitsbedenken – die er Metroline und der Gewerkschaft Unite schriftlich mitgeteilt hatte – wurde ernst genommen. Vertreter der Gewerkschaft Unite gingen sogar so weit, bei der ersten Anhörung gegen O'Sullivan auszusagen.

David O'Sullivan

In London sind seit Beginn der Pandemie mindestens 60 Busfahrer an dem Coronavirus gestorben. Die offizielle Todeszahl durch Covid-19 liegt derzeit weltweit bei über 3,4 Millionen, und die tödlichere Covid-Variante B.1.617 entwickelt sich in vielen Ländern, darunter auch in Großbritannien, zum dominierenden Stamm.

Erklärungen und Botschaften zur Unterstützung von O'Sullivan sind willkommen! Bitte schickt sie hier an die WSWS. Bei den folgenden Unterstützungsbriefen haben wir die Namen weggelassen, um die Autoren, die selbst aktive Busfahrer sind, vor Schikanen zu schützen.

Erklärung eines Fahrers vom Busdepot Cricklewood und Mitglied des Londoner Busfahrer Aktionskomitees:

"Ich möchte meine besondere Unterstützung für die Kampagne zur Wiedereinstellung von David O'Sullivan zum Ausdruck bringen.

Erstens ist David als Mitglied des Komitees auf dem Beriebshof Cricklewood seit jeher ein guter Kollege, der immer bereit ist, jedermann zu unterstützen. Er ist ein Vorkämpfer für die Busfahrer, nicht nur hier, sondern in ganz London. David wurde auf dem Höhepunkt der Pandemie entlassen, aus dem einfachen Grund, weil er einige Bedenken über den Gesundheits- und Sicherheitszustand des Betriebshofes äußerte und nachwies, um damit das Wohlergehen von uns allen Busfahrern zu verbessern. Das kam genau zu diesem Zeitpunkt, als bereits zwei unserer Kollegen an Covid-19 verstorben waren und die Zahl der infizierten Fahrer deutlich anstieg.

Es ist für uns alle sehr wichtig, uns daran zu erinnern, was wir durchgemacht haben. Zu Beginn der Pandemie wurden wir ohne jegliche PSA [persönliche Schutzausrüstung] auf die Straße gezwungen, nur um des Profits der Verkehrsbetriebe Transport for London (TFL) willen. Seit Beginn der Pandemie sind bis heute 60 Busarbeiter an Covid-19 gestorben. Dies wäre vermeidbar gewesen, aber niemand hat die Verantwortung dafür übernommen oder wurde zur Rechenschaft gezogen.

Die Gewerkschaft Unite hat in jeder Hinsicht versagt. Sie vertritt die Busfahrer nicht, weder bei der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen noch bei der Sicherheit. Die Fahrer haben alle Sicherheitsentscheidungen und -vorkehrungen unabhängig durchgesetzt, um Leben zu retten. Nichts ist durch die Initiative von Unite zustande gekommen.

Die Gewerkschaft gibt nur vor, dass sie in unserem Interesse arbeitet, aber sie liefert nichts. Es ist alles illusorisch. Sie geht die Anträge durch und erfindet dann Ausreden, warum nichts getan werden kann. Wir haben das schon so oft erlebt, wenn es um Streikmaßnahmen gegen die Müdigkeit der Fahrer ging, oder gegen Remote Sign On [Schichtende nicht auf dem Hof, sondern irgendwo in der Stadt].

Wir haben genug Beweise, um festzustellen, dass die Gewerkschaft uns Busfahrer systematisch im Stich lässt. Das sollte uns motivieren, eine alternative Vertretung zu suchen, die ausschließlich unsere eigenen Ziele und Interessen vertritt und nicht vom Unternehmens manipuliert wird.

Dies ist zweifellos der Moment und ein Grund für alle Busfahrer in ganz London, sich zusammenzuschließen und eine starke Kampagne für die Wiedereinstellung von David O'Sullivan zu organisieren."

Erklärung eines Busfahrers von First South East Counties Ltd:

"Lieber David O'Sullivan,

Ich fordere deine Wiedereinstellung bei Metroline als Busfahrer. Ich arbeite derzeit unter ähnlichen Bedingungen, wie du sie vorgefunden hast.

Mindestens 15 meiner Kollegen hier bei First South East haben sich Covid-19 zugezogen und überlebt. Alles, was wir bekommen, ist das gesetzliche Krankengeld nach drei Tagen. Selbst unsere 'Gewerkschaft' war nicht in der Lage, uns für die Wartezeit zu bezahlen, die es braucht, um herauszufinden, ob man negativ oder positiv ist. Sie waren schnell dabei, die Schnelltests zu verteilen, die nur zu 58 Prozent genau sind... Ich sage das heute, ein Jahr später, während sie Psychodruck auf die Fahrer ausüben.

Ich glaube, du wirst dem Anspruch, deine Kollegen und ihre Familien zu schützen, ehrenvoll gerecht, mit einer Menschlichkeit, die in unserer Branche selten ist. Es ist ein Skandal, dass du auf diese Weise behandelt wirst. Der Arbeitgeber hat die Fürsorgepflicht, eine sichere Arbeitsumgebung für alle zu gewährleisten. An die Stelle von Menschlichkeit ist die Gier und die Kälte unseren Mitmenschen gegenüber getreten.

Dein mutiger Einsatz im anhaltenden Kampf gegen Covid-19 ist eine Quelle der Inspiration in diesen dunklen Zeiten. Diejenigen, die eigentlich an unserer Seite kämpfen sollten, haben sich verkauft und sind nun Teil derjenigen, gegen die wir kämpfen müssen in diesem andauernden Kampf um eine sichere, saubere und giftfreie Arbeitsumgebung im 21. Jahrhundert. Ich begrüße die Bemühungen der Aktionskomitees und ermutige dich, deinen beeindruckenden Kampf David-gegen-Goliath für ein besseres Morgen fortzusetzen. Gemeinsam können wir den Willen zur Veränderung herbeiführen, der heute so dringend notwendig ist!

Ich danke dir für alles, was du getan hast, auch für die Opfer, die du bringst... Ein scharfes Schwert wird im Feuer gehärtet. Wir werden gemeinsam für ein besseres Morgen weiterkämpfen, während Gier und Kompromisse unsern Zug der Hoffnung aufhalten sollen. In Solidarität und Unterstützung."

Aussage eines Fahrers am Betriebshof Holloway in Nordlondon:

"Metroline hat seit Beginn der Pandemie nur das von der Regierung geforderte Minimum gegen Covid-19 getan. Selbst das haben sie nicht richtig getan. Wir sind nicht einmal mit den grundlegendsten Schutzmaßnahmen versorgt worden. Etwa im Oktober letzten Jahres gingen bei uns in der Werkstatt eine Woche lang Handdesinfektionsmittel und antivirale Tücher aus, und von den Fahrern wurde erwartet, dass sie ihre eigenen Mittel mitbringen. Im Februar dieses Jahres gab es einen Monat lang kein fließend Wasser in den Fahrertoiletten, während ein Ersatzteil bestellt wurde, und wir mussten die Toiletten der Ingenieure zum Händewaschen benutzen.

In der Werkstatt wurde weder getestet noch wurden Kontakte verfolgt. Die Fahrer haben über die Firmen-App Blink danach gefragt, aber nie eine klare Antwort erhalten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das so ist. Ich musste mich selbst isolieren und alles, was man von mir verlangte, war ein medizinischer Nachweis, warum ich mich selbst isolieren musste und wann ich zur Arbeit zurückkehren würde. Die Geschäftsleitung hat nie nachgefragt, mit wem ich innerhalb der Werkstatt Kontakt hatte.

Aus diesen Gründen ist es schwer festzustellen, wie viele Fahrer in der Werkstatt von Covid-19 infiziert worden sind. Es ist kaum überraschend, wenn man im Aufruf zur Wiedereinstellung von David O'Sullivan erfährt, dass es in Cricklewood [zwischen Oktober und Januar] 46 Infektionen gegeben hat, und dass Metroline eine der höchsten Zahlen an Todesfällen aufweist. Diese Information muss nach außen dringen, und ich würde gerne das wahre Bild in Holloway kennen.

Ich kann voll und ganz verstehen, warum David O'Sullivan sich auf Paragraph 44 beruft und andere ermutigt hat, es ihm gleich zu tun. Ich hätte selbst das Gleiche getan. Ich war schon drauf und dran, war mir aber über Paragraph 44 nicht voll im Klaren. Man hätte sich mit seinem Anliegen befassen sollen, anstatt ihn zu bestrafen.

Die Tatsache, dass der Gewerkschaftsfunktionär von Unite gegen Dave ausgesagt hat, um ihn dadurch aus der Firma zu entlassen, ist beschämend. Das ist Verrat. Es kann nicht sein, dass eine Gewerkschaft gegen einen Arbeiter aussagt, der sich um seine Sicherheit kümmert. Das ist wie ein Vater, der gegen seinen Sohn aussagt. Die Gewerkschaften schützen nicht unsere Interessen, sie vertreten uns nicht, sie kontrollieren uns für das Unternehmen.

Der einzige Weg, wie wir die Dinge ändern können, ist durch eine Organisation wie das Londoner Busfahrer Aktionskomitee. Die Gewerkschaften kommen uns nie auf halbem Weg entgegen, es geht immer nach dem Willen des Unternehmens. Du hast viele Alarmglocken geläutet und die Leute gewarnt. Du warst die Stimme der Busfahrer, als wir nicht in der Lage waren, die richtigen Worte zu finden.

Es wird wichtig sein, internationale Unterstützung für diese Kampagne zu bekommen. Wir leben in einer globalen Welt. und Arbeiter sind überall mit den gleichen Problemen konfrontiert. Die Pandemie hat dies erneut bewiesen. Das Ausmaß des Todes war völlig vermeidbar. Man hätte die Pandemie eindämmen können, wenn man die Kosten nicht gescheut hätte. Aber das hat man nicht getan. Es war alles Stückwerk, und das liegt an den wirtschaftlichen Interessen: Der Profit kommt zuerst.

Dave ist ein toller Typ. Er ist professionell und er hat die Maßnahmen, die er ergriffen hat, nicht nur ergriffen, um Aufsehen zu erregen. Seine Bedenken waren echt. Er wurde herausgegriffen, um ein Exempel zu statuieren und andere einzuschüchtern, und deshalb müssen wir ihn verteidigen."

***

Besucht die Solidaritätswebsite, um mehr zu erfahren und euch der Kampagne für David O'Sullivans Wiedereinstellung anzuschließen, und spendet für den Crowdfundfür O'Sullivans Rechtsverteidigung.

Loading