Andy Niklaus, Busfahrer in Berlin, verurteilt Entlassung von David O`Sullivan

Der Londoner Busfahrer David O’Sullivan hat das Londoner Busfahrer-Aktionskomitee im Stadtteil Cricklewood mitbegründet. Er wurde von seinem Arbeitgeber Metroline entlassen, nachdem er seine Kollegen über die Corona-Ansteckungsgefahr auf dem Betriebshof gewarnt hatte. Andy Niklaus, der diese Erklärung zu seiner Unterstützung verfasst hat, ist Busfahrer in Berlin und Mitglied des Aktionskomitees Verkehrsarbeiter für sichere Arbeitsplätze. Das Aktionskomitee hat zuvor bereits dieses Solidaritätsstatement verabschiedet.  

Ich verurteile aufs Schärfste die Entlassung von David O’Sullivan, der den Hass der Metroline-Geschäftsführung und der Gewerkschaft Unite auf sich gezogen hat, weil er offen für sichere Arbeitsplätze eingetreten ist. Als Mitglied des Aktionskomitees auf dem Betriebshof Cricklewood hatte er am 8. Januar zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Ziel der Arbeitsniederlegung war, angesichts der extremen Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus für sichere Arbeitsplätze zu kämpfen.

Metroline hat mit seiner Entlassung ein Exempel statuiert, um jede kritische Stimme gegen den fehlenden qualitativen Schutz vor dem Coronavirus am Arbeitsplatz einzuschüchtern. Die Gewerkschaft Unite hat das Management dabei aktiv unterstützt und damit erneut bewiesen, dass sie nicht zögert, die Profitinteressen des Unternehmens gegen die Interessen der Arbeiter durchzusetzen, die sie angeblich vertritt.

Wir in Deutschland hatten im März und April letzten Jahres mit Entsetzen verfolgt, wie sich Trump, Bolsanaro und Johnson für eine freie Entfaltung des Virus einsetzten. Ermutigt wurden sie bei ihrem Vorgehen von Schwedens Regierung, die aus Sozialdemokraten und Grünen besteht, und deren Berater Tegnell, der die Durchseuchung zwecks Erlangung einer Herdenimmunität propagierte.

Die Johnson-Regierung, unterstützt von Labour und dem TUC, wollte auf keinen Fall Betriebe schließen, um den Profit der Milliardäre nicht zu gefährden. Die Warnungen der WHO, dass sich Millionen mit dem Virus anstecken und Hunderttausende sterben würden, war und ist ihnen ein akzeptabler Preis für die Profitmaximierung.

Der Beginn der zweiten Welle und das Auftauchen der Virus-Mutation B117 brachten das Fass zum Überlaufen. Nicht nur erkannten die 26.000 Londoner Busfahrer die Gefahren, die ihnen durch die Politik des Managements und der Regierung drohten. Johnsons Politik hatte auch die verbliebenen Reste des National Health Systems an den Rand des Kollapses getrieben. Die Lockdowns, die Johnsons Regierung beschloss, kamen viel zu spät, zu zaghaft und wurden verfrüht gelockert.

Allein in Großbritannien haben die Regierung und mit ihr die Gewerkschaften bisher den Tod von mehr 150.000 Menschen und fast fünf Millionen Infizierten zu verantworten. Mit ihrer Durchseuchungspolitik sind sie darüber hinaus verantwortlich für die Entstehung der britischen Mutation B117. Und ein Ende der Pandemie ist nicht in Sicht!

Dave O’Sullivan hatte seine Kollegen zu Recht vor der Ansteckungsgefahr in den Bussen gewarnt. Das Aktionskomitee auf dem Betriebshof Cricklewood formulierte bereits bei seiner Gründung klar, dass nur das unabhängige Eingreifen der Busfahrer einen höheren Schutz von Gesundheit und Leben vor Coronainfektionen erkämpfen kann. Die erste Pandemiewelle offenbarte, dass der Verbund der Londoner Verkehrsbetriebe (Traffic for London) und die Gewerkschaft Unite nichts taten, um die Fahrer vollständig und hochwertig zu schützen. Im Gegenteil! Gemeinsam vertuschten sie, dass sich das Virus unter dem Fahrpersonal im Verhältnis zur gesamten Londoner Bevölkerung überproportional stark verbreitet hatte.

Die Erfahrungen der Arbeiter in Großbritannien und der Busfahrer in London werden von Arbeitern weltweit gemacht, auch von uns hier in Deutschland und Berlin.

Nur über eine private Trauernachricht auf Facebook und deren Veröffentlichung in einer Berliner Tageszeitung haben wir überhaupt erfahren, dass wir unter unseren Kollegen ein Opfer des Coronavirus zu beklagen haben. Aufgrund von Anfragen beim Management der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) durch die lokale Presse und durch die World Socialist Web Site erfuhren wir, dass sich im vergangenen Jahr 242 und in diesem Jahr bereits 220 Kollegen infiziert haben. Außerdem wurde der Tod eines weiteren Kollegen bekannt. Die Gewerkschaft Verdi, die aufgrund ihres Sitzes im BVG-Aufsichtsrat bestens über alle Corona-Infektionen informiert ist, hielt diese Informationen gegenüber der Belegschaft geheim.

Auch hier in Berlin geht jede einzelne Infektion auf die kriminelle „Profite vor Leben“-Politik der Regierenden, des Managements und Verdis zurück. Die Corona-Maßnahmen kamen zu spät, zu schwach und wurden zu früh gelockert. Seit einigen Monaten sind wir mit der vom Management geforderten Öffnung des Vordereinstiegs und des Ticketverkaufs durch die Busfahrer konfrontiert. Die Proteste der Kollegen konnten dies zwar bisher verhindern, doch muss der Kampf gegen die „Rückkehr zur Normalität“ in eine neue Phase treten.

Was David passiert ist, kann jederzeit jedem Kollegen passieren, der sich heute für mehr Sicherheit vor Ansteckung einsetzt! Die Gewerkschaften stehen ausnahmslos auf der Seite des Managements und ihre Funktionäre in den Aufsichtsräten kassieren monatlich Tausende Pfund und Euros für die Durchsetzung der Wirtschaftsinteressen gegen die Belegschaft.

Doch jeder Arbeiter hat das Recht, seine Gesundheit zu verteidigen! Deshalb brauchen wir einen vereinten Kampf in den Aktionskomitees und eine politische Organisation, die sich die Abschaffung des unmenschlichen Profitsystems als zentrale Aufgabe stellt.

Wie Leo Trotzki sagte, bleibt die Arbeiterklasse nur so lange Ausbeutungsmasse für das Kapital, bis sie sich einheitlich politisch organisiert. Den Kampf für den Aufbau der internationalen Allianz der Aktionskomitees und der Vierten Internationale weltweit verbinden wir mit dem Kampf für deine Wiedereinstellung!

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Besucht die Solidaritätswebsite, um mehr zu erfahren und euch der Kampagne für David O'Sullivans Wiedereinstellung anzuschließen, und spendet für den Crowdfund für O'Sullivans Rechtsverteidigung.

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