Wahl-Triell: Alle Kandidaten stehen für Durchseuchung, Massenentlassungen und Sozialabbau

Selten zuvor war eine Wahlkampagne derart abgehoben von der gesellschaftlichen Realität, wie der diesjährige Bundestagswahlkampf. Das unterstrich das Triell zwischen den Kanzlerkandidaten von CDU, SPD und Grünen, das am Sonntagabend zeitgleich vom Ersten Programm der ARD und dem ZDF ausgestrahlt wurde.

Die drei Kanzlerkandidaten im Triell (Screenshot)

Das Triell zwischen Olaf Scholz (SPD), Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) wurde in Berlin-Adlershof am Rande der Hauptstadt aufgezeichnet, aber es schien wie aus einer anderen Welt. Sämtliche zentralen gesellschaftlichen Entwicklungen wurden ausgeblendet, weil alle Parteien hinter dem Rücken der Bevölkerung die gleiche rücksichtslose Politik im Interesse der Superreichen verfolgen.

Inmitten der Corona-Pandemie wurden die mindestens 93.000 Todesopfer in Deutschland nicht einmal erwähnt. Alle drei Kandidaten hatten schon zuvor einen Lockdown ausgeschlossen, der notwendig wäre, um hunderttausende Menschenleben zu retten. Stattdessen verfolgen sie eine Politik, die die Profite der Banken und Konzerne über das Leben der Menschen stellt.

Im Triell ging es dann nur um die Frage, wie die Impfquote erhöht werden könnte, obwohl mit der Verbreitung der Delta-Variante Impfen allein niemals ausreichen kann, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Millionen ungeimpfter Kinder werden schutzlos der Durchseuchung preisgegeben, damit die Eltern arbeiten und Profit erwirtschaften können.

Statt Menschenleben zu retten, haben sämtliche Bundestagsparteien den Superreichen Milliardengeschenke gemacht. Laut Angaben des US-Wirtschaftsmagazins Forbes verzeichneten die deutschen Milliardäre im Corona-Jahr 2020 einen Vermögenszuwachs von 178 Milliarden US-Dollar!

Eine aktuelle Analyse von Oxfam hat ergeben, dass die weltweit 2690 Milliardäre selbst dann noch 55 Milliarden Dollar reicher wären als zu Beginn der Pandemie, wenn sie einmalig 99 Prozent ihrer Gewinne im Corona-Jahr abgeben würden. Dieses Geld würde laut Oxfam ausreichen, um für die Corona-Impfung jedes einzelnen Menschen auf dem Planeten zu bezahlen und zusätzlich allen Arbeitslosen auf der Welt 17.000 Euro zu überweisen.

Angesichts dieser Zahlen war der inszenierte Streit über Steuererhöhung im Triell an Absurdität kaum zu überbieten. Während Laschet jedwede Steuererhöhung kategorisch ausschloss, sprach sich Scholz dafür aus, den Spitzensteuersatz für sehr hohe Einkommen um gerade einmal drei Prozent zu erhöhen.

Allein die letzte SPD-geführte Regierung von Gerhard Schröder hatte den Spitzensteuersatz um elf Prozentpunkte gesenkt. Scholz war damals als Generalsekretär der SPD führend an der Umsetzung von Schröders Agenda 2010 beteiligt, die neben Steuersenkungen und Rentenkürzungen die Schaffung eines riesigen Niedriglohnsektors zum Inhalt hatte.

Mit ihrer Weigerung, die Reichen zu besteuern, machten alle Parteien im Triell unmissverständlich klar, dass sie diese Politik noch weit in den Schatten stellen und die hunderte Milliarden, die den Konzernen und Superreichen überwiesen wurden, wieder aus der Arbeiterklasse herauspressen werden.

Deshalb wurden auch die Massenentlassungen in der Industrie mit keiner Silbe erwähnt. Was bei Opel, Continental und Daimler schon durchgesetzt wird, soll nach den Wahlen ganz neue Dimensionen erreichen. Allein in der Autoindustrie stehen 500.000 Arbeitsplätze zur Disposition. Die gleichen Arbeiter, die unter Pandemiebedingungen an völlig ungesicherte Arbeitsplätze gezwungen wurden, sollen jetzt auf die Straße gesetzt werden.

Bei diesem Generalangriff auf die Arbeiter können sich die Unternehmer und Aktienbesitzer auf jede neue Bundesregierung verlassen, egal welche Partei den Kanzler oder die Kanzlerin stellt.

Das zeigt sich gerade im Lokführerstreik, der ebenfalls keine Erwähnung fand. Die Bundesregierung versucht hier ein Exempel zu statuieren. Die Lokführer sollen mit Reallohnverlust für die Krise bezahlen und zugleich der Kontrolle der DGB-Gewerkschaften unterworfen werden, um jeden Widerstand dagegen zu unterdrücken. Das soll nach den Wahlen auf die gesamte Arbeiterklasse ausgedehnt werden. Doch all diese Fragen wurden im Triell sorgsam umschifft.

Auch im Hinblick auf den Klimaschutz, über den in der Debatte laut gestritten wurde, verfolgen alle Kandidaten ein Programm, das sich an den Interessen der deutschen Wirtschaft und nicht an den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt orientiert. „Kreativität statt Vorschriften und Verbote,“ forderte Laschet. Er will Genehmigungsverfahren für Bauprojekte beschleunigen und Unternehmen von Bürokratie entlasten – also Umwelt- und andere Schutzmaßnahmen beseitigen.

Auch Baerbock pries die Klimapolitik als Chance für die Wirtschaft. Selbst die Financial Times, die authentische Stimme des europäischen Finanzkapitals, stellte befriedigt fest, wie sehr sich die Grünen den Interessen der Wirtschaft unterworfen haben. „Baerbocks ‚Pakt mit der Industrie‘, der darauf abzielt, die Unternehmen des Landes bei der Bewältigung des Klimawandels zu unterstützen, zeigt, wie sehr sich die Beziehung ihrer Partei zur Unternehmenswelt verändert hat,“ kommentierte das Finanzblatt am Montag.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat gerade eine Studie veröffentlicht, die nachweist, dass selbst die rosigen Versprechungen sämtlicher Wahlprogramme nicht ausreichen würden, auch nur die gesetzlich festgelegten Klimaziele zu erreichen, geschweige denn die Erderwärmung unter dem kritischen Wert von 1,5 Grad zu halten.

In den vorausgegangenen Triellen hatten die Kandidaten bereits versichert, dass sie die Interessen der deutschen Wirtschaft auch international und mit Waffengewalt durchsetzen werden. Aus dem Debakel in Afghanistan, das den brutalen Charakter des Besatzungskriegs der Westmächte offenbarte, zogen alle Parteien den Schluss, dass Deutschland noch weiter aufrüsten müsse. Sie überboten sich gegenseitig mit Bekenntnissen zur Stärkung der Bundeswehr und einer aggressiven Außenpolitik, die sich – in den Worten der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock – „nicht wegduckt“.

In jedem einzelnen Bereich der Politik stimmen sämtliche Bundestagsparteien in den Grundzügen überein, und in jedem einzelnen Bereich ist die Linie von einer rücksichtslosen Klassenpolitik bestimmt, die von der großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird.

Deshalb nahm das Triell diesen entrückten Charakter an. Alle Kandidaten waren bemüht, das tatsächliche Programm hinter allen möglichen Scheingefechten und Nebelkerzen zu verbergen. Auch in den Medien fand man nichts über die Pläne der Parteien, stattdessen glich die Berichterstattung einer Sportreportage: wer hat gepunktet, wer ging in die Offensive usw.

Als die große Koalition vor vier Jahren abgewählt worden war, verhandelten die Parteien vier Monate lang hinter verschlossenen Türen über die Fortsetzung der verhassten Regierungskonstellation. So machten sie die AfD zur offiziellen Oppositionsführerin und verfolgten selbst die extrem rechte Politik der hemmungslosen Bereicherung auf der einen und der Durchseuchung auf der anderen Seite.

Ähnliche Absprachen hinter dem Rücken der Bevölkerung finden nun wieder statt. Das zeigte sich im Triell, das 11 Millionen Zuschauer verfolgten, sehr deutlich. Es basierte auf der Übereinkunft, keine der Fragen anzusprechen, die Millionen Menschen bewegen. Unabhängig davon, wer die nächste Bundesregierung stellt, wird die rücksichtlose Corona-Politik fortgesetzt und werden die hunderte Milliarden, die den Reichen geschenkt wurden, durch Massentlassungen und Lohnraub wieder von den Arbeitern eingetrieben.

Arbeiter müssen ihre eigene Klassenpolitik dagegen formulieren und dem gesamten Parteienkartell entgegentreten. Dafür tritt die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) zu den Bundestagswahlen an. Wir geben der weit verbreiten Opposition gegen die rechte Politik der Bundestagsparteien eine sozialistische Perspektive und vereinen Arbeiter auf der ganzen Welt im Kampf gegen Militarismus, Massenentlassungen und die kriminelle Durchseuchungspolitik. Registriert Euch jetzt, um unseren Wahlkampf aktiv zu unterstützen!

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