Perspektive

Verteidigt die Arbeiter Sri Lankas gegen den von Rajapakse verhängten Ausnahmezustand!

Der drakonische Ausnahmezustand, den der sri-lankische Präsident Gotabhaya Rajapakse am 30. August verkündet hat, muss als Warnung für die Arbeiter nicht nur in Sri Lanka, sondern auf der ganzen Welt verstanden werden. Angesichts des Wiederaufflammens der Covid-19-Pandemie und einer wachsenden internationalen Wirtschaftskrise errichtet die Kapitalistenklasse eine Diktatur, um zu versuchen, die zunehmenden Kämpfe der Arbeiterklasse zu unterdrücken.

STF-Kommandos patrouillieren in Mahara, nördlich von Colombo, nach einem Angriff auf Gefängnisinsassen (Foto: Shehan Gunasekara)

Rajapakse verhängte den Ausnahmezustand angesichts des Verfalls der sri-lankischen Rupie, der Lebensmittelknappheit und des massiven Preisanstiegs bei wichtigen Lebensmitteln. Der Preis für ein Kilogramm Reis bzw. Zucker hat sich auf 250 bzw. 220 Rupien verdoppelt. Die Käufer stehen in langen Schlangen an, um Zucker in den staatlichen Geschäften des Cooperative Wholesale Establishment zu kaufen. Rajapakse behauptet, der Ausnahmezustand werde „die öffentliche Sicherheit und das Wohlergehen sowie die Aufrechterhaltung der für das Leben der Gemeinschaft wichtigen Versorgung und Dienstleistungen“ gewährleisten. In Wirklichkeit erlaubt der Ausnahmezustand jedoch ein außerordentlich hartes Vorgehen gegen Arbeiter und die arme Landbevölkerung.

Er räumt Rajapakse weitreichende diktatorische Befugnisse ein, um alle Maßnahmen zu ergreifen, „die ihm im Interesse der öffentlichen Sicherheit und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der Unterdrückung von Meuterei, Aufruhr oder zivilen Unruhen oder zur Aufrechterhaltung der für das Leben der Gemeinschaft wesentlichen Versorgung und Dienstleistungen notwendig oder zweckmäßig erscheinen.“ Rajapakse kann also Gesetze ändern oder aussetzen, Streiks oder andere Kämpfe ebenso wie politische Parteien verbieten und die Medien zensieren.

Schon zuvor hatte Rajapakse repressive Gesetze erlassen, wie das am 27. Mai verkündete und in der vergangenen Woche erneuerte Gesetz über den wesentlichen öffentlichen Dienst, das Streiks im gesamten öffentlichen Sektor, d.h. für fast eine Million Beschäftigte, untersagt. Außerdem hat er mehrere ehemalige und amtierende Militäroffiziere in hohe zivile Ämter berufen. Während die Schulen geschlossen sind, gelten die meisten Arbeitsplätze, insbesondere in den Exportindustrien wie der Bekleidungsindustrie, als „unverzichtbar“ und bleiben geöffnet, unter Bedingungen, unter denen die Insel mit einem durch die Delta-Variante bedingten Anstieg der Corona-Infektionen konfrontiert ist. Nach den zweifellos zu niedrig angesetzten offiziellen Zahlen gab es in Sri Lanka bereits 488.000 Infizierte und 11.000 Tote.

Diesen reaktionären Maßnahmen steht jedoch eine wachsende Flut von Arbeiterkämpfen gegenüber. Seit über zwei Monaten streiken etwa 250.000 Lehrer an öffentlichen Schulen für höhere Gehälter. Zuvor hatten Beschäftigte des Gesundheitswesens, der Post, der Eisenbahn, der Häfen, der Energieversorgung, des Tourismus und der Bekleidungsindustrie Streiks und Proteste gegen wirtschaftliche Härten und unsichere Gesundheitsbedingungen in der Pandemie durchgeführt. Unter den Ölarbeitern nehmen die Unruhen wegen der Kürzung von Überstundenbezahlung und Löhnen zu.

Rajapakse hat nun reagiert, indem er seinen Kurs in Richtung einer Präsidialdiktatur, die sich auf das Militär und rechtsgerichtete, faschistische Elemente stützt, intensiviert hat. Die herrschende Elite Sri Lankas ist besonders besorgt darüber, dass die wachsenden Kämpfe der Arbeiterklasse singhalesische, tamilische und muslimische Arbeiter zusammenführen und damit die kommunalen Spaltungen untergraben, die sie systematisch angezettelt und geschürt hat, um ihre Herrschaft zu sichern.

Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch staatliche Gewalt und Repression besteht die entscheidende Aufgabe darin, die Arbeiterklasse politisch zu mobilisieren und ihr ein Verständnis für die Situation zu vermitteln, in der sie sich befindet. Das bedeutet vor allem, zu erklären, dass die besten Verbündeten der Arbeiter in Sri Lanka die Arbeiter in anderen Ländern und auf der ganzen Welt sind. In der Tat sind die sich entwickelnden Klassenkämpfe in Sri Lanka Teil eines internationalen Aufschwungs der Arbeiterklasse.

In den USA, Europa, Indien, Australien und Neuseeland haben sich Arbeiter in verschiedenen Sektoren wie dem Gesundheits-, dem Bildungs-, dem Verkehrswesen und der Autoindustrie an Kämpfen beteiligt, darunter Streiks und Proteste für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen und gegen unsichere Gesundheitsbedingungen während der Corona-Pandemie. Diese Kräfte müssen mobilisiert werden, um ihre Kolleginnen und Kollegen in Sri Lanka im Kampf gegen die drakonischen Drohungen der Rajapakse-Regierung zu verteidigen.

In allen Ländern sehen sich die Arbeiter mit den gleichen grundlegenden Problemen konfrontiert – der gleichen Weigerung, einen wissenschaftlich fundierten Kampf zur Ausrottung der Corona-Pandemie zu führen, und der gleichen Hinwendung der herrschenden Elite zur Diktatur.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump, unterstützt von der Republikanischen Partei und Teilen des Militärs und der Polizei, baut offen eine faschistische Bewegung auf. Dies hat zu den Ereignissen vom 6. Januar geführt, als Mobs seiner faschistischen Anhänger das Kapitol stürmten und versuchten, die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden durch den Kongress zu verhindern. Obwohl der Putschversuch vom 6. Januar scheiterte, setzen die faschistischen Kräfte um Trump ihre Pläne fort. Sie stehen in Kontakt mit dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, der zu einem rechtsextremen Putsch aufruft, um seine Gegner in der Justiz und im politischen Establishment zu stürzen.

Die hindu-nationalistische Regierung der Bharatiya Janatha Party (BJP) des indischen Premierministers Narendra Modi hetzt mit ihrem Chauvinismus rechtsextreme Kräfte gegen Muslime und andere Minderheiten auf, um die Arbeiterklasse zu spalten und zu schwächen.

Die Geschichte Sri Lankas hat immer wieder gezeigt, dass die Kapitalistenklasse in Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung organisch nicht in der Lage ist, ein demokratisches Regime zu errichten. Nur die unabhängige revolutionäre Intervention der Arbeiterklasse, die die breiten unterdrückten Massen mobilisiert, kann diese Probleme durch einen Kampf für den Sozialismus lösen, der international ist. Dies wurde von Leo Trotzki, dem neben Lenin wichtigsten Führer der Russischen Oktoberrevolution 1917, in der Theorie der Permanenten Revolution dargelegt.

Sri Lanka wurde während eines Dreivierteljahrhunderts, seit es 1948 formell von Großbritannien unabhängig wurde, größtenteils unter Notstandsgesetzen regiert. Die sri-lankische Bourgeoisie verhängte den Ausnahmezustand, um jedem großen historischen Ausbruch von Widerstand seitens der Arbeiter und der armen Landbevölkerung zuvorzukommen oder ihn zu unterdrücken. Dazu gehörten der Hartal von 1953 (ein Generalstreik und die Schließung von Betrieben), die Rebellion der Landjugend von 1971 und der fast 30 Jahre währende anti-tamilische rassistische Krieg gegen die separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) von 1983 bis 2009.

Der derzeitige Ausnahmezustand wurde unter qualitativ veränderten Bedingungen verhängt, mit einer viel intensiveren wirtschaftlichen und politischen Krise des globalen Kapitalismus. In allen Ländern wird die bürgerliche Herrschaft durch die kriminelle und mörderische Politik der herrschenden Eliten gegenüber der Pandemie diskreditiert, die die Profite der Unternehmens- und Finanzoligarchie über Menschenleben stellt. Weltweit ist die Zahl der gemeldeten Corona-Fälle auf über 227 Millionen angestiegen, und die Zahl der Todesfälle liegt bei über 4,6 Millionen. Statistische Schätzungen, die von der britischen Zeitschrift Economist zitiert werden, zeigen, dass über 15 Millionen Menschen an Covid-19 gestorben sind.

Alle Fraktionen der herrschenden Klasse – Singhalesen, Tamilen und Muslime gleichermaßen – sind in diese schreckliche Politik und den Übergang zur Diktatur verwickelt.

Oppositionsparteien wie die Samagi Jana Balavegaya (SJB), die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) und die Tamil National Alliance (TNA) üben zwar vereinzelt Kritik an Rajapakses Ausnahmezustand, schweigen aber zu den Bedrohungen der demokratischen Rechte der arbeitenden Bevölkerung. Die United National Party (UNP) hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, Rajapakse zu kritisieren und unterstützt stillschweigend seine diktatorischen Maßnahmen. Alle diese Parteien haben als Koalitionspartner oder Unterstützer früherer Regierungen den Ausnahmezustand und andere repressive Gesetze sowie die Sparmaßnahmen des IWF gegen die arbeitende Bevölkerung lange Zeit gebilligt.

Die große Aufgabe besteht darin, eine internationale politische Avantgarde politisch zu bewaffnen und zu vereinigen, während die Arbeiterklasse in einen direkten politischen Kampf gegen die bürgerliche Herrschaft eintritt. Dies bedeutet insbesondere, singhalesische, tamilische und muslimische Arbeiter gegen die von der Rajapakse-Regierung verkörperte Spar- und Diktaturpolitik zu vereinen. Vor allem aber bedeutet dies einen Kampf zur Herstellung der Einheit der Arbeiter in Sri Lanka mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern in Südasien und international.

Der Aufbau einer internationalen Arbeiterallianz von Aktionskomitees, wie er vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) gefordert wird, ist ein entscheidender Schritt zum Aufbau dieser Einheit der internationalen Arbeiterklasse.

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