„Make Art, not War“ - die belgische Nationaloper stellt in der neuen Saison russische Werke mehr denn je in den Vordergrund

Die belgische Nationaloper, La Monnaie in Brüssel, hat eine Saison angekündigt, in der „ungeplant russische Werke mehr denn je im Vordergrund stehen“. Es verdient Anerkennung, dass sie offensichtlich der hysterischen Russophobie entgegentreten will, die anlässlich des Ukraine-Kriegs die europäischen und nordamerikanischen Musik- und Kunstwelt erfasst hat.

Die Brüsseler Oper mit dem klassizistischen Vorbau von 1819 (Foto: Von Pia-Magda. Wikimedia)

Zu diesen Werken gehören die Opern Pique Dame (1890) und Eugen Onegin (1879) von Pjotr Tschaikowski und Die Nase (1930) von Dmitri Schostakowitsch, sowie Stücke der russischen Komponisten Sergei Prokofjew, Michail Glinka, Reinhold Glière, Sergei Rachmaninow und Nikolai Rimski-Korsakow, die in verschiedenen Konzerten und Liederabenden aufgeführt werden.

Wie die WSWS berichtet hat, sind herausragende russische Dirigenten, Sänger und Musiker wie Waleri Gergijew, Tugan Sochijew, Anna Netrebko und Alexander Malofejew zum Opfer einer Lynchmob-Atmosphäre geworden, die von der Biden-Administration und den westlichen europäischen Regierungen geschürt wird. Zum einen ist die anti-russische Propaganda darauf ausgerichtet, die Bevölkerung zu betäuben und in den Krieg zu treiben. Zum anderen soll sie die zynische Art und Weise zu verdecken, in der der Konflikt von den USA und ihren NATO-Verbündeten bewusst provoziert und angefacht wurde.

In einer Presseerklärung erklärte Peter de Caluwe, Generaldirektor und Intendant von La Monnaie (der Name der Einrichtung leitet sich von dem Brüsseler Opernhaus ab, in dem es auftritt und das früher eine staatliche Münzprägestätte war), die Hintergründe für das Programm.

„Uns ist bewusst“, bemerkte de Caluwe, „dass dieses Programm Fragen aufwerfen und vielleicht Diskussionen oder Empörung auslösen wird. Wir haben uns dennoch entschieden mit dem geplanten Programm fortzufahren, oder besser gesagt mit einer Anhäufung russischer Werke, die aufgrund der COVID-Pandemie nicht wie ursprünglich geplant stattfinden konnten, sondern innerhalb ein und derselben Saison aufgeführt werden müssen.“

Der Generaldirektor betonte: „Obwohl diese Anhäufung nicht beabsichtigt war, wird uns damit die unerwartete Gelegenheit geboten, unsere eigentliche Mission zu bekräftigen: Menschen zu vereinen, zusammenzubringen und Brücken zwischen ihnen zu schaffen.“

Das Opernhaus betrachte er „als eine Antikriegs- und Friedensinstitution, bedingt durch unsere Lage im Herzen der europäischen Hauptstadt und durch unsere Zielsetzung, unser Programm, unseren Führungsstil und unsere Arbeitsweise. Unser Modell ist ein Modell der Harmonie, nicht des Konflikts“.

La Monnaie verurteile „die verheerende Aggression des russischen Regimes gegen die Ukraine“ und wolle „seine Solidarität mit der Bevölkerung“ zum Ausdruck bringen, „die unter den schrecklichen Folgen dieses unnötigen Krieges leidet”. Auch unterstütze das Opernhaus „die Künstler, die sich für den Frieden einsetzen und sich, jeder auf seine Weise und mit großem Mut, dieser inakzeptablen Aggression widersetzen“.

Das Opernhaus und er selbst glauben jedoch daran, „dass die russische Kultur Teil unseres gemeinsamen Erbes bleibt. Europäische Kunst, Literatur, Film und Musik werden immer mit der russischen Kultur verbunden sein, die einige der größten und inspirierendsten Werke des Kontinents hervorgebracht hat, an denen wir alle teilhaben.“

Man könne die Geschichte nicht auslöschen, betonte er weiter. „Im Gegenteil, die großen zeitlosen Kunstwerke konfrontieren uns mit uns selbst und mit der Zeit, in der wir leben. Auch mit unseren Fehlern und wie wir sie vermeiden können. Unter diesem Gesichtspunkt ist es für uns klar, dass das russische Repertoire nicht verboten werden kann, sondern weiterhin aufgeführt und präsentiert werden muss.“

De Caluwe wies darauf hin, dass sowohl Tschaikowski und Schostakowitsch „Opfer der vergangenen russischen Regime“ gewesen seien und „unter den politischen Bedingungen ihrer Zeit genug gelitten“ haben.

Die Oper repräsentiere in seinen Augen „das beste Beispiel kooperativer Arbeit“: „So viele männliche und weibliche Künstler, Techniker, Handwerker etc., aus aller Welt arbeiten Seite an Seite an einer Produktion. Nicht weniger als achtunddreißig Nationalitäten sind bei La Monnaie dauerhaft vertreten.“

In der nächsten Saison würden „russische und ukrainische Künstler und viele andere Nationalitäten zusammenarbeiten. Unsere Institutionen stehen in der Verantwortung, weiterhin Mitarbeiter und Künstler ungeachtet ihrer Nationalität einzustellen, um der Welt zu zeigen, was durch das Zusammenbringen von Menschen, Gemeinschaften, Generationen und Kulturen erreicht werden kann. Kunst ist und bleibt die Domäne der Freiheit, des Austauschs, des Verständnisses und des Humanismus. Wir sind hier, um Kunst zu schaffen, nicht um Krieg zu führen ... to make art, not war.“

Die Nase von Schostakowitsch in La Monnaie in Brüssel

In der kommenden Saison wird die Sopranistin Olga Peretyatko, Tochter eines ukrainischen Vaters und einer russischen Mutter, eines der Liederabende im La Monnaie bestreiten. Laut der Website des Opernhauses wollte sie „der Musik ihres Geburtslandes mit den schönsten Melodien und intimsten Liedern von Sergei Rachmaninow, Pjotr Iljitsch Tschaikowski und Nikolai Rimski-Korsakow huldigen“.

In dieser stark russisch geprägten Saison wird am 8. Januar 2023 Michail Glinkas Ouvertüre aus seiner Oper Ruslan und Ljudmila (1842) aufgeführt. Dies erlaubt dem Opernorchester, „bis zu den ersten russischen Schritten in die Welt der klassischen Musik zurückzureisen. Danach wird [der armenisch-amerikanische] Sergei Babayan mit dem dritten Klavierkonzert von Prokofjew, einem Wettbewerbsklassiker, zu hören sein.“

Zu Alain Altinoglu, einem französischen Dirigenten armenischer Abstammung, der seit 2016 an der belgischen Oper tätig ist, heißt es auf der Website: „Wer unseren Musikdirektor kennt, weiß nur zu gut, dass er sich in der russischen Musikgeschichte zu Hause fühlt.“

In früheren Zeiten wären de Caluwes Aussagen und die künstlerischen Entscheidungen des Opernhauses kaum aufgefallen. Heutzutage erscheinen sie geradezu mutig.

Loading