Sri Lanka: Millionen beteiligen sich an Generalstreik für den Rücktritt der Rajapaksa-Regierung

Am Donnerstag beteiligten sich Millionen von Arbeitern in ganz Sri Lanka an einem eintägigen Generalstreik für den Rücktritt von Präsident Gotabhaya Rajapaksa und seiner Regierung. Dem Streikaufruf folgten die Arbeiter fast geschlossen: die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, der staatseigenen Unternehmen und der Privatindustrie.

Ein Teil der Demonstration in Colombo während des Generalstreiks am 28. April (WSWS Media)

Beschäftigte der staatseigenen Häfen, Stromwirtschaft, Öl- und Wasserunternehmen, der Eisenbahn, des Gesundheits- und Bildungswesens sowie Verwaltungsangestellte der Bundesstaaten, Provinzregierungen und städtische Beschäftigte beteiligten sich an dem Ausstand. Nur eine Handvoll Angestellte – Mitglieder der Regierungspartei – erschienen zur Arbeit in den Häfen und bei den Ölkonzernen.

Bei den staatlichen und privaten Banken legte eine Mehrheit der Beschäftigten die Arbeit nieder, ebenso Hunderttausende von Plantagenarbeitern in den zentral gelegenen Plantagendistrikten. Gerade Plantagenarbeiter, die zu den unterdrücktesten Teilen der sri-lankischen Arbeiterklasse gehören, sind von der Wirtschaftskrise schwer getroffen worden.

Auch Arbeiter aus den zahlreichen Freihandelszonen des Landes, u.a. in Katunayake, Wathupitiwele und Koggala, nahmen teil. Die meisten Arbeiter in den Freihandelszonen sind sehr jung.

Obwohl die Gewerkschaften den Streik auf einen einzigen Tag begrenzt hatten, war er eine mächtige und bedeutsame Intervention der Arbeiterklasse in die zunehmende politische und soziale Krise in Sri Lanka.

Sri Lanka ist hochverschuldet und seine Wirtschaft wurde von der Corona-Pandemie und dem Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine noch weiter in Mitleidenschaft gezogen. Die Folgen waren starke und anhaltende Preissteigerungen und Knappheit an Lebensmitteln, Treibstoff und anderen Grundgütern.

Die landesweiten Proteste und Demonstrationen gegen die Regierung, an denen hunderttausende Menschen teilgenommen haben, und der Generalstreik am Donnerstag sind Teil eines zunehmenden weltweiten Aufschwungs von Kämpfen der Arbeiterklasse gegen die Versuche der Regierungen, ihnen Sparmaßnahmen aufzuzwingen.

Der Aufruhr entzündete sich vor allem an der galoppierenden Inflation, der Knappheit an Grundgütern wie Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff sowie an den täglichen Stromausfällen.

Anfang April hatten Arbeiter und Jugendliche auf Massendemonstrationen damit begonnen, den Rücktritt von Präsident Rajapksa und seiner Regierung zu fordern. Im Verlauf des Aprils folgten weitere Demonstrationen, darunter eine seit drei Wochen andauernde Besetzung des Parks Galle Face Green in der Innenstadt von Colombo.

Die offizielle Inflationsrate in Sri Lanka liegt bei 18,7 Prozent, für Lebensmittel bei 30,2 Prozent. Letzte Woche jedoch schätzte Professor Steve Hanke von der Johns-Hopkins-Universität die reale Inflationsrate auf ganze 119 Prozent, was die dritthöchste weltweit wäre.

Am Donnerstag protestierten die streikenden Arbeiter in allen großen Städten. Teilweise schlossen sich ihnen arme Bauern an, und in vielen Städten gab es Unterstützung von Kleinhändlern, die ihre Läden schlossen.

Beschäftigte des Gesundheitswesens demonstrieren am 28. April 2022 vor dem städtischen Krankenhaus von Kandy (WSWS Media)

In Colombo demonstrierten mehr als 5.000 Hafen-, Öl-, Bahn- und Elektrizitätswerkarbeiter, Bankangestellte sowie Lehrer vor der Fort Railway Station und zogen zum Galle Face Green.

Eine Arbeiterin aus Katunayake erklärte gegenüber Reportern der WSWS, sie und ihre Kollegen hätten sich zur Teilnahme an dem Streik entschlossen, weil ihre Gewerkschaften geschwiegen hätten: „Die Menschen in diesem Land leiden unter dem Anstieg der Preise für Grundgüter. Wir haben so viel toleriert, aber wir können mit unseren aktuellen Löhnen nicht überleben. Wir dachten, wenn Leute aus dem ganzen Land beginnen zu demonstrieren, dann können wir nicht untätig abwarten.“

Ein Lehrer, der sich den Protesten in Colombo anschloss, erklärte: „Die Lebenshaltungskosten sind unerträglich. Die Preise für Reis, Dal, Zucker, Öl und Kochgas – alles ist gestiegen. Wir können unsere Familien mit unserem Gehalt nicht mehr ernähren. Die kleine Gehaltserhöhung, die wir vor kurzem bekommen haben, hat die Inflation aufgefressen. Die soziale Ungleichheit im Land ist gestiegen, weil eine Handvoll von Großkapitalisten einen Großteil des nationalen Vermögens anhäufen.“

Obwohl am Generalstreik von Donnerstag Millionen von Arbeitern teilgenommen haben, bereitet die Rajapaksa-Regierung noch größere soziale Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung vor. Am 12. April erklärte sie ihre Zahlungsunfähigkeit für Kredite aus dem Ausland in Höhe von 52 Milliarden Dollar, und letzte Woche verhandelte eine Delegation der Regierung unter Führung von Finanzminister Ali Sabry mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vier Tage lang über ein Rettungspaket.

Der IWF fordert von Colombo Steuererhöhungen, drastische Kürzungen der Staatsausgaben und ein umfangreiches Privatisierungsprogramm. Diese Maßnahmen werden zu weiteren Erhöhungen der Preise für Grundgüter und zum brutalen Abbau von Arbeitsplätzen, Löhnen, Renten und den noch verbliebenen Sozialprogrammen führen.

Die wachsende Welle regierungsfeindlicher Proteste und Kämpfe der Arbeiterklasse haben die Rajapaksa-Regierung in eine politische Krise gestürzt. Sie hat nach dem Rückzug einiger Partner der Regierungskoalition nur noch eine unsichere und hauchdünne Mehrheit im Parlament.

Doch obwohl seine Position geschwächt ist, spielt Rajapaksa auf Zeit und bereitet sich auf einen Kampf gegen die Arbeiterklasse vor. Er weiß, dass der vom IWF diktierte Angriff auf die arbeitenden Massen nicht friedlich umgesetzt werden kann.

Am 19. April wurde in Rambukkana ein Demonstrant getötet und zwei Dutzend weitere verwundet, als die Polizei das Feuer eröffnete. Die Demonstranten forderten Treibstoff zu dem zuvor geltenden Preis. Letzte Woche ordnete Präsident Rajapaksa die Mobilisierung des Militärs in allen 25 Distrikten von Sri Lanka an, um „Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten.“

Angesichts dieser reaktionären Vorbereitungen tun die Gewerkschaften alles in ihrer Macht Stehende, um die Arbeiter politisch zu entwaffnen.

Eine Gruppierung von 100 Gewerkschaften und Unterstützerorganisationen, die den Streik am Donnerstag organisiert hatten, erklärten in einem Flugblatt: „Als Arbeiter müssen wir Druck ausüben, um eine Regierung an die Macht zu bringen, die die Erwartungen der Massen erfüllt und diese gescheiterten Herrscher absetzt.“

Aber auf wen sollen die Arbeiter „Druck ausüben“? Wer wird die nächste Regierung stellen, und wie wird sie die Erwartungen der Massen „erfüllen“? Keine dieser offensichtlichen Fragen wird beantwortet.

Tatsächlich appellieren diese Gewerkschaften an die Samagi Jana Balawegaya (SJB) und die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP), die anderen großen kapitalistischen Parteien. Sie sollen eine Übergangsregierung bilden und Wahlen organisieren, um den Widerstand der Arbeitermassen in parlamentarische Kanäle zu lenken und die kapitalistische Herrschaft zu verteidigen.

Diese Parteien und jede Übergangsregierung, die sie möglicherweise bilden werden, haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie keine Alternative zum Austeritätsdiktat des IWF anzubieten haben. Sie werden daher genauso rücksichtslos vorgehen wie das Rajapaksa-Regime.

Arbeiter protestieren am 28. April in der Freihandelszone Koggala (WSWS Media)

Mitglieder und Unterstützer der SEP organisierten am Donnerstag an vielen Orten eindrucksvolle Interventionen in den Streik und verteilten Tausende von Erklärungen, die das sozialistische Aktionsprogramm für die Arbeiterklasse erläuterten.

Die Erklärung rief zur Abschaffung der autokratischen Exekutivpräsidentschaft und der Aufhebung aller repressiven Gesetze auf. Wörtlich hieß es:

Dem Austeritätsprogramm des IWF, das die Rajapaksa-Regierung und alle Oppositionsparteien durchsetzen wollen, setzen wir ein sozialistisches Aktionsprogramm entgegen, das den grundlegenden Bedürfnissen der arbeitenden Bevölkerung Vorrang vor den Profitinteressen des Großkapitals einräumt.

* Für die demokratische Kontrolle der Arbeiter über die Produktion und Verteilung aller lebenswichtigen Güter und anderer Ressourcen, die für das Leben der Menschen unverzichtbar sind! Verstaatlicht die Banken, Großunternehmen, Plantagen und andere Schlüsselbranchen!

* Streichung aller Auslandsschulden! Nein zu den Sparauflagen des IWF und der Weltbank, die die internationalen Banker und Finanzinstitutionen vertreten!

* Enteignet die Riesenvermögen der Milliardäre und Konzerne!

* Erlass aller Schulden der armen und in der Existenz bedrohten Bauern und Kleinunternehmer! Wiedereinführung aller Subventionen, einschließlich der Düngemittelsubventionen für Landwirte!

* Garantierte Arbeitsplätze für alle mit angemessenen und sicheren Arbeitsbedingungen! Angleichung der Löhne an die Lebenshaltungskosten!

Die Erklärung rief Arbeiter auf, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen und Aktionskomitees aufzubauen, die unabhängig von allen kapitalistischen Parteien und Gewerkschaften agieren. Diese demokratisch kontrollierten Komitees werden die organisatorischen Grundlagen schaffen und die arme Landbevölkerung für den Kampf für eine Arbeiter- und Bauernregierung mobilisieren, um die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft in Angriff nehmen zu können.

In Colombo schlossen sich Mitglieder der SEP der Demonstration der Streikenden an, verteilten mehr als 2.500 Erklärungen und diskutierten über das sozialistische Programm der Partei.

Im zentralen Plantagendistrikt organisierten die Aktionskomitees der Plantagenarbeiter und Mitglieder der SEP zwei erfolgreiche Demonstrationen. In Up-Cot und anderen großen Plantagengebieten wurde die gesamte Produktion durch einen Streik lahmgelegt.

Arbeiter der Plantage Alton Estate ziehen am 28. April zu der Stadt Maskeliya (WSWS Media)

Das Alton Estate Workers Action Committee organisierte einen Protestmarsch in die Stadt Up-Cot, an dem sich etwa 200 Arbeiter und Jugendliche beteiligten. Im Raum Maskeliya beteiligten sich etwa 750 Arbeiter an einer Demonstration, die vom Glenugie Workers Action Committee und der SEP organisiert wurde.

In Chilaw sprach Kapila Fernando, der Gründer des Teachers-Students-Parents Safety Committee und SEP-Mitglied, vor Hunderten von streikenden Lehrern und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Er erklärte das Aktionsprogramm der SEP für den Kampf gegen die Rajapaksa-Regierung und die gesamte Kapitalistenklasse.

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