Sri-lankische SEP hält dritten Parteitag ab

Die Socialist Equality Party (SEP) in Sri Lanka hielt vom 14. bis 16. Mai ihren dritten Parteitag ab. Parteimitglieder aus der ganzen Insel nahmen an dieser wichtigen Veranstaltung teil, die aufgrund der anhaltenden Covid-19-Pandemie online abgehalten wurde.

Der Parteitag der SEP in Sri Lanka fand unter außergewöhnlichen politischen Bedingungen statt: Inmitten einer immensen globalen Krise des Kapitalismus, verschärft durch die Pandemie, den Stellvertreterkrieg von USA und Nato gegen Russland und den internationalen Aufschwung des Klassenkampfes.

Protestteilnehmer in Colombo (Sri Lanka) fordern den Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa, 4. April 2022 (AP Photo/Eranga Jayawardena)

Die Regierung von Präsident Gotabaya Rajapaksa und die bürgerliche Herrschaft Sri Lankas insgesamt sind in eine nie dagewesene wirtschaftliche, politische und soziale Krise gestürzt. Sie sind konfrontiert mit wochenlangen Massenprotesten und Streiks von Arbeitern, Jugendlichen und Landarbeitern, die den Rücktritt von Rajapaksa fordern.

David North, Chefredakteur der internationalen Redaktion der WSWS und Vorsitzender der SEP in den USA, sprach auf dem Parteitag und überbrachte die Grüße des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) und der SEP in den USA. Die anderen Sektionen des IKVI übermittelten dem Parteitag ebenfalls Grußbotschaften, die verlesen wurden.

North wies auf die „ganz außerordentlichen Umstände“ hin, unter denen der Parteitag stattfand, und sagte: „Unserer Ansicht nach befindet ihr euch in Sri Lanka in einer politischen Krise von noch nie dagewesenem Ausmaß. Die Krise in Sri Lanka entfaltet sich dabei selbst im Rahmen der größten globalen Krise des Weltkapitalismus seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.“

Er fuhr fort: „Die grundlegende Herausforderung, vor der dieser Parteitag steht, besteht darin, die Haltung der sri-lankischen Sektion des IK zu den Ereignissen und natürlich zu der sich entwickelnden revolutionären Krise in Sri Lanka selbst klar zu definieren. In einem anderen Sinne hat der Parteitag, den ihr gerade abhaltet, viele Ähnlichkeiten mit dem Parteitag der bolschewistischen Partei im April 1917, dem ersten Parteitag, der nach Lenins Rückkehr nach Russland inmitten einer revolutionären Krise stattfand. Unter Bedingungen eines globalen Krieges bestand die Herausforderung für die [bolschewistische] Partei darin, eine politische Orientierung, ein politisches Programm und eine Perspektive zu definieren, die der Arbeiterklasse die notwendige Führung bot.“

North wies darauf hin, dass Lenins Kampf auf diesem Parteitag der bolschewistischen Partei darin bestand, die Partei auf der Grundlage der Theorie der permanenten Revolution neu auszurichten und die Partei so auf den Weg der Revolution zu bringen, d.h. an die Macht zu bringen.

North erklärte: „Wenn wir die Politik der Partei in Sri Lanka unter den Bedingungen einer solchen außergewöhnlichen Krise bestimmen, gehen wir zunächst von dem Verständnis aus, dass es umso notwendiger ist, diese Krise in ihren internationalen Kontext zu stellen... Unser Ausgangspunkt ist niemals der nationale, sondern der internationale Rahmen... Nur auf dieser Grundlage, nur im internationalen Kontext, in dem sich die Krise in Sri Lanka entfaltet, ist es möglich, die notwendige revolutionäre Orientierung für die Arbeiterklasse zu ermitteln.“

Nach ausführlicher Diskussion verabschiedete der Parteitag einstimmig die Resolution zur Hauptperspektive „Die Pandemie, die Weltkrise des Kapitalismus, das Wiederaufleben des Klassenkampfes und die Aufgaben der Socialist Equality Party (Sri Lanka)“ und eine Dringlichkeitsresolution: „Der Massenaufstand gegen die Rajapaksa-Regierung und die Aufgaben der Socialist Equality Party“.

In der Hauptresolution bekennt sich die SEP dazu, „energisch für die wissenschaftliche Strategie zur Eliminierung der Covid-19-Pandemie und für das Programm gegen imperialistische Kriegsvorbereitungen zu kämpfen und die vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) ins Leben gerufene Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) aufzubauen“.

Die Resolution bekräftigt den Vergleich zwischen der Pandemie und dem Ersten Weltkrieg, den das IKVI gezogen hatte. Anschließend erklärt sie, wie die herrschenden Klassen der kriegführenden imperialistischen Mächte den Krieg trotz seiner Schrecken fortgesetzt hatten, da jede Verhandlungslösung ihre geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen untergraben würde. Erst das Eingreifen der russischen Arbeiterklasse unter der Führung der bolschewistischen Partei, die die Macht ergriff und die sozialistische Umgestaltung der Welt einleitete, brachte den Krieg zu einem Ende.

Das Dokument fährt fort: „Die Arbeiterklasse ist heute aufgrund der Globalisierung der Produktion so internationalisiert wie nie zuvor und kämpft – sowohl in den imperialistischen Ländern als auch in den Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung wie Indien und Sri Lanka – in einer weit fortgeschrittenen Systemkrise des Kapitalismus. Sie steht vor der gleichen Aufgabe, den Kapitalismus zu stürzen und den Weg der sozialistischen Transformation der Welt zu beschreiten.“

Die Resolution zeigt die beiden grundlegenden Paradigmen auf, die von den Regierungen auf der ganzen Welt als Reaktion auf die Pandemie angenommen wurden: Die Politik der „Herdenimmunität“, die besagt, dass sich das Virus nach unkontrollierter Ausbreitung schließlich selbst erschöpft – und die „Mitigation“ der pandemischen Auswirkungen durch Impfungen und Masken, die in Wirklichkeit eine Abwandlung der „Herdenimmunität“ ist. Beide Herangehensweisen haben die Ausbreitung des Virus nicht aufhalten können und stattdessen zu einer weltweiten Explosion von Covid-19 sowie der Herausbildung gefährlicher neuer Varianten geführt.

„Im Gegensatz zu den Strategien der Herdenimmunität und der Mitigation unterstützt das IKVI die wissenschaftliche Strategie der Beseitigung der Pandemie. Sie basiert auf Strategien, die von führenden Epidemiologen, Virologen und anderen Wissenschaftlern entwickelt wurden, und beinhaltet den universellen, koordinierten Einsatz aller Waffen aus dem Arsenal der Pandemiemaßnahmen gegen Covid-19“, heißt es in der Resolution.

In dem Dokument wird erklärt, dass die großen imperialistischen Mächte, allen voran die USA, während der tödlichen Pandemie ihre reaktionären geopolitischen Interessen aggressiv verfolgt haben und damit die Gefahr eines Weltkriegs heraufbeschwören. „Die Gefahr eines dritten Weltkriegs, die globale Pandemie und die soziale Katastrophe können nur durch die Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse abgewendet werden, d.h. durch den Aufbau einer sozialistischen Bewegung der internationalen Arbeiterklasse entlang der Linien, die das IKVI in seiner Erklärung Sozialismus und der Kampf gegen Krieg vom 18. Februar 2016 vertreten hat.“

Die Resolution vermerkt weiter, dass sich im vergangenen Dezember „die Auflösung der Sowjetunion durch die herrschende stalinistische Bürokratie zum 30. Mal gejährt hat. Dieses Ereignis hatte weitreichende Auswirkungen auf die Arbeiterklasse, die jetzt auf internationaler Ebene zu entscheidenden Kämpfen gegen den Kapitalismus antritt. Es enthält umfassende Lehren, ohne die sie ihre historische Aufgabe der sozialistischen Revolution nicht erfüllen kann.“

Das Dokument erklärt, dass im Gegensatz zu allen Vertretern sowohl des Imperialismus als auch des Stalinismus nur das IKVI in der Lage gewesen sei, die Auflösung der Sowjetunion vorherzusagen, da es sich auf Leo Trotzkis Analyse der konterrevolutionären Rolle der stalinistischen Bürokratie stützte. Trotzki hatte gewarnt, dass die Bürokratie die Sowjetunion auflösen und den Kapitalismus wieder einführen würde, wenn die sowjetische Arbeiterklasse die Moskauer Bürokratie nicht in einer politischen Revolution stürzen und ihre Macht als Teil der sozialistischen Weltrevolution wiederherstellen würde.

Die Resolution befasst sich ausführlich mit der immensen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Krise, mit der sich die bürgerliche Herrschaft in Südasien konfrontiert sieht. Sie ist Teil der globalen Krise des Kapitalismus und wurde immens verschärft durch die Covid-19-Pandemie und die reaktionäre Politik der Regierungen in dieser Region. Dies umfasse ihre kriminelle Reaktion auf die Pandemie, harte Sparmaßnahmen, ihre Teilnahme am imperialistischen Kriegskurs und ihre Hinwendung zu diktatorischen Herrschaftsformen, die allesamt den Klassenkampf in der Region als Teil des weltweiten Aufschwungs der Arbeiterklasse befeuert haben.

Das Dokument zieht folgende politische Schlussfolgerung: „Die durch die Pandemie verschärfte Krise hat ein weiteres Mal die historische Untauglichkeit der Staaten bewiesen, die 1947-1948 in Südasien im Rahmen der so genannten Unabhängigkeit geschaffen wurden. Dieses Staatensystem wurde im Rahmen der Nachkriegsabkomme zwischen den imperialistischen Mächten und der stalinistischen Sowjetbürokratie mit dem Einverständnis der nationalen Bourgeoisien geschaffen... Sri Lanka wurde als eigener Staat gegründet. Der einzige Ausweg für die vielen Millionen Arbeiter und Armen in Südasien ist der Sturz dieser reaktionären Staaten und der Herrschaft der Bourgeoisie sowie die Gründung einer Union der Sozialistischen Republiken Südasiens als Teil einer sozialistischen Weltföderation.“

Die Resolution unterzieht die Krise der sri-lankischen Regierung von Präsident Gotabaya Rajapaksa und der bürgerlichen Herrschaft insgesamt, den Übergang zu einer autokratischen Herrschaft und die Entwicklung des Klassenkampfes einer eingehenden Analyse und stellte sie in einen internationalen Kontext.

Im abschließenden Abschnitt über „Die Aufgaben der Socialist Equality Party“ erarbeitet das Dokument ein unabhängiges revolutionäres Programm für die Arbeiterklasse in Sri Lanka und Südasien, das auf der trotzkistischen Theorie der permanenten Revolution beruht. Diese Perspektive „sieht vor, dass die nationale Bourgeoisie in Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung wie Indien und Sri Lanka die demokratischen Aufgaben und sozialen Fragen der Massen nicht angehen kann... Nur die vereinte Arbeiterklasse kann die verarmte Landbevölkerung und die unterdrückten Massen anführen und diese historischen Aufgaben angehen, indem sie die Diktatur des Proletariats als Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution errichtet.“

In der Dringlichkeitsresolution heißt es: „Die gegenwärtige außerordentliche politische Situation in Sri Lanka kann nur richtig verstanden werden, wenn man sie in den Kontext der immensen Krise des globalen Kapitalismus stellt, die durch die Covid-19-Pandemie und den gegen Russland geführten Stellvertreterkrieg von USA und Nato noch verschärft wird. Eine korrekte politische Ausrichtung der Partei auf die wachsende Massenbewegung der Arbeiter, Jugendlichen und ländlichen Werktätigen in Sri Lanka kann nur durch einen solchen internationalen Ansatz entwickelt werden.“

Die Resolution erläutert die Bedeutung des Massenaufstandes gegen die Rajapaksa-Regierung, in dem die Arbeiterklasse eine zentrale Rolle zu spielen begonnen hat. Sie arbeitet für die Arbeiterklasse ein unabhängiges revolutionäres Programm aus, um für eine Arbeiter- und Bauernregierung zu kämpfen, die sozialistischer Politik verpflichtet ist, als Teil des breiteren Kampfes für den Sozialismus in Südasien und international.

In seinen Bemerkungen zum Abschluss der Parteitagsdiskussionen stellte der scheidende Generalsekretär Wije Dias fest, dass die beiden auf dem Parteitag diskutierten Resolutionen, die Berichte und alle Grußworte aus den Sektionen des IKVI – einschließlich derjenigen von David North – die Perspektive des internationalen Sozialismus hervorgehoben hatten, auf die sich die SEP gründet.

Zur politischen Lage in Sri Lanka sagte Dias: „Die Ernennung von Ranil Wickremesinghe zum neuen Premierminister – der dominierenden Rolle im Parlament – ist ein historischer Vorgang, der überraschend kommt. Jetzt wird die politische Gefahr deutlich, die darin liegt, eine Person zum Premierminister zu ernennen, die bei den Parlamentswahlen keine Stimme erhalten hat und nur über die nationale Liste ins Parlament einziehen konnte.“

Dias wies auf eine Reihe von Zusammenkünften hin, die Wickremesinghe mit den Botschaftern der USA und anderer Großmächte in Colombo abgehalten hatte. Er erklärte, bei diesen Gesprächen sei es nicht um die Forderung nach finanzieller Unterstützung durch diese Länder gegangen, um den schweren Mangel an lebenswichtigen Gütern wie Treibstoff zu beheben, wie öffentlich behauptet wurde – sondern um die Frage, wie Sri Lanka in die von den USA geführte militärstrategische Offensive gegen Russland und China eingebunden werden könne. Unter Berufung auf die von Wikileaks veröffentlichten diplomatischen Dokumente der USA wies Dias darauf hin, dass die USA Wickremesinghe schon vor langer Zeit als den wichtigsten Agenten in Sri Lanka erkannt hätten, der ihren Interessen diene.

Dias erklärte, dass die anderen Parteien des bürgerlichen politischen Establishments, einschließlich der oppositionellen Samagi Jana Balawegaya (SJB) und Janatha Vimukthi Peramuna (JVP), sich hinter Wickremesinghe stellten. Er betonte die Notwendigkeit des politischen und theoretischen Kampfes der Partei gegen verschiedene pseudolinke Gruppen, die darauf hinarbeiten, die Arbeiterklasse politisch den bürgerlichen Parteien unterzuordnen.

Dias skizzierte die Forderungen und den Kampf der SEP für Aktionskomitees der Arbeiter. Diese müssten von den Gewerkschaften unabhängig sein und in jeder Fabrik, an jedem Arbeitsplatz, auf jeder Plantage und in allen Bezirken aufgebaut werden. Weiter schilderte er ihr Verhältnis zum Kampf der Partei für die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse, um eine Arbeiter- und Bauernregierung aufzubauen, die einer sozialistischen Politik verpflichtet ist. Dieser Kampf sei Bestandteil des Kampfes für Sozialismus in Südasien und auf der ganzen Welt.

Die Parteitagsdelegierten wählten ein neues Zentralkomitee. Die Mitglieder des neuen Zentralkomitees wählten den scheidenden Generalsekretär Wije Dias zum Parteivorsitzenden, den scheidenden stellvertretenden Sekretär Deepal Jayasekera zum Generalsekretär, Saman Gunadasa zum neuen stellvertretenden Sekretär, K. Ratnayake zum Herausgeber der sri-lankischen Ausgabe der WSWS, Wasantha Rupasinghe zum stellvertretenden Herausgeber und Vilani Peiris zur Schatzmeisterin.

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